Julia Collection Band 23
den Rücken.
Sie drehte das Wasser an und stellte sich unter die Dusche. Warum hatte sie es bloß getan?
Weil sie nicht wusste, was sie sonst noch tun konnte, und die Gewissheit, dass die Dinge nicht so liefen, wie sie sollten, immer stärker wurde.
Begonnen hatte es vor zwei Jahren, als Lachlan und Fiona sich fast getrennt hätten. Jeder konnte sehen, dass die beiden füreinander geschaffen waren, und dennoch hätte ihr Bruder aus falschem Stolz um ein Haar alles ruiniert.
Ein Jahr später machte Hugh den gleichen Fehler mit Sydney. Sie verließ ihn, und er brauchte Monate, um sie wiederzufinden. Er konnte von Glück reden, dass sie ihn genug liebte, um zu ihm zurückzukommen.
Gott sei Dank hatten sowohl Lachlan als auch Hugh ihren Fehler noch rechtzeitig eingesehen, um eine Katastrophe zu verhindern. Bei anderen war das nicht der Fall gewesen.
Hughs erste Liebe Carin und ihr Mann Nathan waren so ein Beispiel. Sie brauchten Jahre, um ihre Probleme zu lösen und zu heiraten.
All das zeigte nur, wie leicht man auf der Suche nach dem wahren Glück die falsche Richtung einschlagen konnte. Erst Lachlan, dann Hugh … Molly wollte nicht, dass Carson und ihr das Gleiche passierte. Als dann Duncan in ihr Leben trat, wurde der Verdacht, dass sie etwas unternehmen musste, zur Gewissheit.
Duncan war ein Traum und mit Abstand das schönste männliche Wesen, das ihr in ihrem Leben begegnet war. Er hatte Augen so blau wie das Meer, ein Grübchen auf der linken Wange und ein Lächeln, dem keine Frau widerstehen konnte.
Dabei war er erst vier Monate alt.
Ein Blick auf Lachlans und Fionas Sohn hatte genügt, um Mollys Mutterinstinkt in höchste Alarmbereitschaft zu versetzen.
Sie verbrachte jede freie Minute im Haus ihres Bruders, um mit Duncan zu spielen. Sie volontierte als Babysitter, wann immer sich eine Gelegenheit erbot. Sie kaufte Plüschtiere und andere Spielsachen im Dutzend. Und sie erwischte sich sogar dabei, wie sie bei der Arbeit Wiegenlieder vor sich hin summte.
Dass sie so auf ihren Neffen versessen war, überraschte sie. Sie hatte Kinder schon immer gemocht und mehrere Jahre als Lehrerin an einer Schule unterrichtet, bevor sie den Beruf wechselte und Mechanikerin wurde. Aber ihre Liebe zu Duncan hatte mit „Kinder mögen“ nichts zu tun.
Er war ihr Neffe. Er hatte die Augen seines Vaters und die Nase seiner Großmutter. In der Sonne schimmerte sein Haar fast ebenso rot wie das seiner Mutter oder seiner Tante Molly. Jedes Mal, wenn sie Duncan auf den Knien schaukelte, dachte sie voll Sehnsucht an die Kinder, die sie und Carson einmal haben würden, und sie wusste, dass sie nicht länger warten wollte.
Der Zeitpunkt war richtig. Carson war Millionär, und sie hatte einen Beruf, der ihr gefiel. Die Verlobung hatte ihren Zweck erfüllt, jetzt wollte sie mehr.
Auf Carson traf das anscheinend nicht zu.
Bei seinem letzten Besuch hatte sie ihn mit Duncan auf dem Arm am Flughafen abgeholt, überzeugt, dass er nach einem Blick auf das Baby sofort verstehen würde.
Aber Carson sah sie nur erstaunt an. „Wer ist das?“, fragte er, und ohne ihr Zeit zum Antworten zu lassen, fügte er hinzu: „Warum hast du mir nicht gesagt, dass du jemand anderen gefunden hast?“
Molly blieb vor Überraschung der Mund offen stehen. Ihr Verlobter glaubte, Duncan sei ihr Baby!
„Das ist mein Neffe, Carson, Lachlans und Fionas Sohn! Wie kannst du so etwas von mir denken? Ich bin deine Verlobte.“
Er grinste ein wenig beschämt. „Tut mir leid, Molly. Ich dachte … Aber dann ist ja alles in Ordnung.“ Er legte den Arm um ihre Schultern. „Was machst du dann mit ihm?“
„Ich passe auf ihn auf, weil Fiona an einer Skulptur arbeitet.“
„Ach so. Schade, ich dachte, wir könnten fischen gehen.“
Nein, Carsons Reaktion war nicht, was Molly erhofft hatte. Er verbrachte die meiste Zeit auf Tom Wilsons Privatinsel südlich von Pelican Cay, auf der Tom ein Luxushotel für gestresste Manager – The Lodge – gebaut hatte. Ihr Verlobter hatte kaum Zeit für sie, und aus dem geplanten Gespräch über die Zukunft und einen eventuellen Heiratstermin war nichts geworden.
„Wenn ich das nächste Mal komme, holen wir es nach“, versicherte Carson.
Das ist in zehn Tagen, dachte Molly jetzt, während sie unter der Dusche stand und sich den Rücken schrubbte. Diesmal würden sie sich Zeit nehmen – und nicht nur zum Reden. Vorausgesetzt, sie überlebte Joaquin Santiagos Nachhilfestunden, ohne vor Scham im Erdboden zu
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