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Julia Collection Band 23

Julia Collection Band 23

Titel: Julia Collection Band 23 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McAllister
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erleichterte, ihn anzusehen. Nur, ihn zu betrachten steigerte das Verlangen, näher zu gehen, die Hand auszustrecken, ihn zu berühren.
    Unwillkürlich stöhnte sie, und er riss die Augen auf. „Was ist?“
    „N…nichts“, erwiderte sie tonlos. „Gar nichts.“
    Sie wandte sich um und ergriff ein paar Hände voll Tonerde, die sie auf dem Papierkegel verteilte. Dann begann sie, die formlose Masse zu kneten und zu glätten, bis man nach einer Weile die Umrisse eines Körpers erkennen konnte.
    Hm, nicht schlecht. Es war ein Anfang.
    Jetzt die Beine. Nicht die ganzen Beine, nur ein Teil der Schenkel, so wie sie es in einem der Bücher über Bildhauerei gelesen hatte. Anfänger, so erklärte der Autor in seinen Erläuterungen, sollten sich auf das Wesentliche beschränken. Dazu gehörte, außer Kopf und Schultern, vor allem der Körper mit dem oberen Teil der Beine. Sie sah auf ihr Modell und konzentrierte sich entschlossen auf das „Wesentliche“. Und bei dem, was sie vor Augen hatte, wurde ihr der Mund trocken.
    Sie hatte in ihrem Leben nur selten nackte Männer gesehen, aber man brauchte nicht Michelangelo zu sein, um zu erkennen, dass Lachlan wie ein griechischer Gott gebaut war: breitschultrig und schmalhüftig, mit langen harten Muskeln. Seine Haut war glatt und sonnengebräunt. Bis auf das Gesäß, was sie ein wenig überraschte. Anscheinend war er kein Anhänger der Freikörperkultur.
    Warum verschwende ich meine Zeit mit solchen Gedanken. Mach dich an die Arbeit, denk an dein Werk!
    Aber da lag das Problem. Um der Skulptur Leben und Ausdruckskraft zu verleihen, musste sie an ihn denken. Und sie musste ihn ansehen. Eins war ohne das andere nicht möglich. Es war wie die sprichwörtliche Katze, die sich in den Schwanz biss.
    Ihr Blick verweilte auf ihm, und ohne sich dessen bewusst zu sein, strich sie mit den Händen über den Ton. Fast instinktiv formte sie die Schultern, den Rücken, das Gesäß.
    Sein Körper war einmalig, nicht nur in seinen Proportionen, sondern auch in den Bewegungen. Im Fernsehen hatte sie ihn Fußball spielen sehen, kraftvoll und geschmeidig wie ein Raubtier. All das versuchte sie jetzt in einem leblosen Klumpen Erde zum Ausdruck zu bringen.
    Sie zitterte, doch nach und nach wurde sie ruhiger. Sie vergaß ihre Ängste, die Gesten wurden sicherer. Und während sie knetete und glättete und modellierte, wichen das Fieber und der innere Aufruhr.
    Ja, dachte sie, so muss es sein. Von den Augen in die Hände. Alles schien zu fließen. Wie unglaublich, nicht nur den Körper, sondern auch das Wesen des Mannes vor ihr mit den Händen zum Leben erwecken zu können. Nie zuvor hatte sie etwas Derartiges empfunden.
    Ton war Erde – Erde, die atmete. Sie besaß Leben und Kraft. Und zum ersten Mal verstand Fiona die Bedeutung, die dieser Materie in der Entstehungsgeschichte der Menschheit zuteil wurde. Man sagte, dass der Mensch aus Erde geschaffen sei. Jetzt glaubte sie es.
    Zeit ist ein relativer Begriff. Für Fiona verging sie wie im Flug; für Lachlan, der regungslos an einer Stelle verharren musste, bewegte sie sich mit der Langsamkeit eines Gletschers.
    Er hatte seine liebe Not, um zu verbergen, wie sehr ihn diese bezaubernde Frau erregte. Zähneknirschend starrte er aus dem Fenster, machte sich kalte Gedanken und konjugierte im Geist jedes unregelmäßige deutsche Verb, das ihm einfiel.
    Ungeduldig verlagerte er das Gewicht von einem Bein aufs andere. Selbst die bequemste Position wurde nach einer Weile unbequem. Wie lange sollte er noch so herumstehen und sich von ihr beäugen lassen? Hatte sie sich immer noch nicht satt gesehen?
    Er riskierte einen Blick in ihre Richtung, und was er sah, überraschte ihn.
    Sie arbeitete mit einer Konzentration, die ihn, ob es ihm gefiel oder nicht, tief beeindruckte. Sie starrte ihn an, aber nicht mit dem selbstzufriedenen Ausdruck, den er erwartet hatte. Es war, als sehe sie ihn gar nicht; die Tatsache, dass er nackt war, schien sie nicht zu berühren. Den Kopf ein wenig zur Seite gelegt, betrachtete sie ihn mit gekrauster Stirn, während sie mit den Händen unablässig an dem Ding vor ihr herumstrich.
    Er warf einen Blick auf die Figur. Viel versprechend sah sie nicht aus, und mit den zwei Metallstäben, die aus dem Rücken hervorstachen, erinnerte sie an eine dieser seltsamen Skulpturen, die man in Museen für moderne Kunst bewundern konnte. Wollte sie einen Picasso aus ihm machen?
    Was immer ihr vorschwebte, sie ging ganz in ihrer Tätigkeit auf. Im

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