Julia Collection Band 26
Sie wirklich, ich würde über eintausend Kilometer fahren, um sie zu sehen, wenn sie mir nicht sehr viel bedeuten würde?“
Plötzlich kam ein Hund auf ihn zu, der ihn stürmisch begrüßte.
„Ist das Lavender?“, fragte Theo Reid.
„Annie hat Ihnen von Lavender erzählt?“
„Natürlich. Wie kann man Annie kennen, ohne alles über Lavender zu erfahren?“
„Wahrscheinlich haben Sie recht.“ Reid wirkte verblüfft. „Hey, Lavender“, rief er, „Platz!“
Aber die Colliehündin sprang noch immer sichtlich vergnügt um Theo herum.
„Was ist nur in sie gefahren?“, fragte Reid irritiert. „Man sollte meinen, Sie beide wären gute alte Freunde.“
Jetzt lief Lavender auf den Wagen zu. Basil versuchte gerade aufgeregt, sich durch die Scheibe zu zwängen.
„Lass das“, rief Theo ihm zu, „du machst sonst noch das Auto kaputt.“ Er ging auf den Wagen zu und öffnete die Fahrertür. Basil sprang heraus, und im nächsten Moment geschah etwas Überraschendes.
Kaum hatten die beiden Hunde sich gefunden, hörte das Bellen schlagartig auf. Lavender beschnüffelte das gelbe Stück Stoff an Basils Halsband, und Theo erkannte den Grund für die ganze Aufregung.
„Das ist ein Stück von Annies Haarband“, erklärte er.
Reid sah ihn verblüfft an. Doch während er noch den Hunden zusah, die sich interessiert beschnüffelten, begannen sich seine Züge zu entspannen, und er lächelte.
„Vielleicht sollten Sie doch besser hereinkommen“, sagte er zu Theo. „Dann können Sie mir erzählen, warum Sie gekommen sind.“
Jessie McKinnon schob ihrer Tochter einen Teller hin. „Nimm doch noch einen Muffin, Annie.“
„Nein, danke, ich bin schon satt.“
Seufzend beugte Jessie sich vor. „Es geht dir nicht gut, stimmt’s, Liebling?“
„Doch, natürlich, Mum, mir geht’s prima!“
Jessie hatte plötzlich Tränen in den Augen. „Ich fürchte, ich war euch in den letzten Jahren keine gute Mutter. Ich habe das Gefühl, als hätte ich euch im Stich gelassen.“
„Nein, Mum.“ Obwohl sie sich in den letzten sechs Jahren oft einsam gefühlt hatte, wusste Annie, dass dies nicht der Moment für schonungslose Offenheit war. Vermutlich gab es wichtigere Gründe für die Abwesenheit ihrer Mutter, als sie oder ihre Brüder ahnten.
„Ich beobachte dich jetzt schon die ganze Zeit über, und du wirst immer dünner. Flora ist das auch aufgefallen. Du kannst mir doch nicht sagen, dass es nichts gibt, was dich quält.“
„Nein, Mum.“
„Geht es um einen Mann, Liebling?“
Annie nickte und konnte nur mit Mühe die Tränen zurückhalten.
„Liebst du ihn?“
Wieder nickte sie.
„Aber er liebt dich nicht?“
Sie riss die Augen auf. „Oh nein, Mum, das siehst du ganz falsch.“ Ihre Blicke trafen sich. Dunkle Schatten stahlen sich in die Küche, und in dem schwachen Licht schienen Jessie McKinnons blaue Augen ein tiefes Geheimnis zu bergen. Es war, als würde sie sagen: Du kannst mir vertrauen, Annie. Auch ich habe gelitten, ich weiß, was Kummer ist …
Vielleicht war es dieses Mitgefühl, oder vielleicht war einfach nur der richtige Moment gekommen. Denn plötzlich wusste Annie, dass sie sich nicht länger zurückhalten konnte. Sie musste ihrer Mutter von Theo erzählen, bevor sie unter der Anspannung zusammenbrach.
Als sie mit ihrer Geschichte fertig war, war es fast dunkel.
Jessie hörte ruhig zu, ohne Annie zu unterbrechen. Dann stand sie auf und umarmte ihre Tochter schweigend. Annie schmiegte sich an sie und genoss ihre mütterliche Wärme, die sie so lange vermisst hatte.
„Mein armes, tapferes Mädchen“, sagte Jessie bewegt.
Sie verzichtete zunächst auf einen Kommentar, knipste das Licht an, kümmerte sich um das Essen im Backofen und zog die Vorhänge zu.
„Wie wäre es mit einem Sherry?“, fragte sie dann.
Annie nickte nervös. Sie hatte das Gefühl, als würde ihre Mutter diesen Drink brauchen.
Kaum saßen sie mit den Gläsern vor sich am Tisch, fragte Annie: „Ich habe doch das Richtige getan, findest du nicht auch, Mum? Ich musste Theo verlassen, denkst du nicht?“
Sie hielt den Atem an und wartete, dass Jessie ihr zustimmte.
Aber die Antwort ihrer Mutter ließ auf sich warten. Sie blickte unverwandt auf ihr Glas.
„Mum?“
Schließlich sah Jessie hoch und nahm die Hand ihrer Tochter. „Du warst sehr mutig. Und ich bin stolz auf dich. Du hast das getan, was du deiner Meinung nach tun musstest.“
„Aber?“, flüsterte Annie. „Es gibt immer ein Aber, oder? Ich
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