Julia Collection Band 26
auch gar nicht erwartet, nachdem wir uns auf eine rein berufliche Beziehung geeinigt hatten.“
Oje, hoffentlich hörte er aus ihrer Stimme kein Bedauern heraus und erriet, dass sie Fantasien gehabt hatte, die absolut nichts mit dem Beruf zu tun hatten.
Sie wurde allerdings rasch abgelenkt, weil der Motor zu stottern begann. Kane fluchte, und plötzlich leuchteten am Armaturenbrett rote Lämpchen auf. Er bremste scharf. Der Motor stotterte noch einmal und starb ab.
„Was ist passiert?“
„Der Öldruck ist weg“, erklärte er. „Und der Motor ist überhitzt.“
Sie erschrak über sein besorgtes Gesicht. „Können Sie das reparieren?“
Wortlos sprang er aus dem Wagen und hob die Motorhaube an. Charity hörte wieder einen Fluch, dann roch sie heißes Metall. Das erinnerte sie sofort an ihre Schulzeit, in der sie mit dem Bus an der Eisenhütte am Rand von Hollydean vorbeigefahren war.
Rasch stieg sie aus und ging zu Kane. Der Motor knackte und knisterte, und die Hitze war so gewaltig, dass Charity zurückweichen musste.
„Der Motor ist total überhitzt“, sagte Kane. „Das verstehe ich nicht.“
„Wie konnte das passieren?“
„Wir haben das ganze Öl verloren.“ Er schüttelte den Kopf. „Ich sehe mir das mal von unten an.“
Seine Ratlosigkeit beunruhigte sie. Er war offenbar ein Experte für Fahrten im Busch und wie sein Bruder Reid ein erfahrener Mechaniker. Vic hatte ihr erzählt, dass die beiden sämtliche Fahrzeuge und Pumpen auf der Southern Cross in hervorragendem Zustand hielten.
Kurz darauf kam Kane wieder unter dem Wagen hervor und klopfte den roten Staub von der Kleidung und aus dem Haar. „Der Verschluss an der Ölwanne ist weg und mit ihm das ganze Öl.“
„Sie haben doch Ersatzöl dabei, oder?“
„Natürlich, aber dafür ist es schon zu spät. Die Verschlussschraube hat sich irgendwie gelöst, dadurch haben wir das Öl auf einen Schlag verloren, und der Motor hat sich überhitzt.“
„Können Sie ihn wieder starten?“
„Nein.“ Er wischte sich mit dem staubigen Ärmel übers Gesicht. „Der Motor ist im Eimer. Vornehmer kann ich das nicht ausdrücken. Wir müssen die verdammte Karre auf die Southern Cross schleppen lassen und dort den Motor vollständig überholen.“ Wütend trat er gegen einen Reifen. „Ich habe noch nie gehört, dass die Verschlussschraube einer Ölwanne herausgefallen ist, nicht mal auf den schlechtesten Pisten.“
„Die letzte Flussdurchquerung war reichlich hart.“
„Dadurch könnte sich die Schraube ein wenig gelockert haben, aber dann hätten wir das Öl langsam verloren, und das hätte sich bei der Druckanzeige bemerkbar gemacht. Ich hätte sofort nach der Ursache gesucht, das Leck gefunden, abgedichtet und Öl nachgefüllt. Alles wäre in Ordnung gewesen. So aber hatte ich nicht die geringste Chance. Wie konnte das bloß passieren?“
„Glauben Sie …?“
Er sah sie scharf an. „Dass es Sabotage war?“
„Ich denke dabei an die Windmühlenpumpe.“
„Ja, ich weiß. Daran habe ich auch schon gedacht, und ich fürchte, Sie haben recht. Ich glaube, jemand hat die Schraube so manipuliert, dass zunächst kein Öl austreten konnte, sie aber später herausgefallen ist.“
Er drehte sich um und ließ den Blick über die weite rote Ebene gleiten. Dabei beschattete er die Augen mit beiden Händen und musterte die Gegend sorgfältig.
Charity bekam eine Gänsehaut. „Wonach suchen Sie?“
„Wenn uns jemand das angetan hat“, erwiderte er grimmig, „könnte er uns gefolgt sein.“
„Und uns beobachten?“, fragte sie ängstlich.
Kane kam zu ihr, legte ihr den Arm um die Schultern und drückte sie aufmunternd an sich. „Keine Sorge, Chaz, wir kommen schon klar.“
Als er den Arm wieder sinken ließ, wünschte sie sich, Kane hätte sie nicht losgelassen. Sie hatte Angst und sehnte sich nach seiner beruhigenden Nähe.
„Können wir jemanden verständigen? Sie haben doch bestimmt ein Funkgerät oder ein Telefon.“
„Leider nicht. Die Reichweite des Handys ist hier draußen überschritten, und ich habe Reid unser Satellitentelefon überlassen, weil er drüben in Lacey ganz auf sich allein gestellt ist.“
Kein Fahrzeug und keine Möglichkeit, Hilfe zu holen? Es gelang ihr nicht, ruhig und klar zu denken. „Was sollen wir denn machen? Wir sitzen fest!“
„Wir werden zu Tims Versteck gehen.“
Sie blickte zu den fernen Bergen hinüber. Bis dorthin war es noch ein verzweifelt langer Weg, und falls ihnen jemand folgte …
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