Julia Collection Band 26
mehrmals.
„Keine Angst, Kane, ich habe ihr versichert, dass es zwischen uns nur eine streng berufliche Beziehung gibt.“
„Sie haben keine Zeit, um mit Marsha zu tratschen“, sagte er schroff. „Viel wichtiger ist die Liste, die ich Ihnen gegeben habe. Hoffentlich haben Sie schon alles vorbereitet.“
6. KAPITEL
Diesmal führte keine Piste durch den Busch. Charity entdeckte zumindest keine. Das Lenkrad ruckte in Kanes Händen hin und her, während sich der Geländewagen einen Weg durchs Unterholz bahnte und Granitfelsen, roten Ameisenhügeln und Eukalyptusbäumen auswich. Charity war tief beeindruckt von Kanes Fahrkünsten und seiner Kenntnis des Terrains.
Wie lange dauerte es wohl, um diese wilde, nahezu unberührte Landschaft zu verstehen? Ein ganzes Leben? Insgeheim freute es sie, dass ihr bereits Kleinigkeiten auffielen, die sie anfangs übersehen hatte.
Malerei war ihre geheime Leidenschaft. Zwar hatte sie keine Zeit gehabt, um herauszufinden, ob sie tatsächlich Talent besaß oder die Malerei nur liebte, aber sie betrachtete die Welt gern mit den Augen einer Künstlerin.
Interessanterweise unterschieden sich die Eukalyptusbäume voneinander. Einige hatten glatte rosa Stämme, andere dagegen raue und rötlich-braune oder dunkelgraue. Auch die Blätter waren nicht gleich. Manche waren rund und silbrig, andere dagegen schmal mit rosa Spitzen oder graugrün.
In den Flussläufen wuchsen gewaltige Eukalyptusbäume mit majestätischen silbrigweißen Stämmen und zarten Blättern.
Auch die Erde wechselte die Farbe und war nur selten schlicht braun. Die Skala reichte von Sandigweiß oder Grau über Gelb bis zu Rosa und Dunkelrot.
Nach ungefähr zwanzig Minuten Fahrt erreichten sie eine Hügelkuppe. Vor ihnen erstreckte sich eine offene rötlich schimmernde Ebene. Am Horizont zog sich eine braungrüne Bergkette hin, so weit das Auge reichte.
„Wir fahren zu den Bergen“, erklärte Kane. „Das ist die Seaview Range. Sie gehört zum Great Divide, dem Gebirge, das Binnenland und Küstenebene voneinander trennt.“
„Ist Tim in den Bergen?“, fragte Charity aufgeregt, weil sie ihren Bruder noch heute sehen würde.
„Geduld, Chaz“, antwortete Kane nach einer Weile. „Wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werde ich Sie informieren.“
Geduld? Charity ertrug diese Geheimnistuerei nicht länger. „Warum erzählen Sie mir jetzt nichts?“
„Vielleicht ist das eine unnötige Vorsichtsmaßnahme, aber ich finde immer noch, dass Sie so wenig wie möglich wissen sollten.“
„Und das soll mich vielleicht beruhigen?“, fragte sie ungläubig.
„Vertrauen Sie mir nur noch eine kleine Weile.“
Sie wandte sich gereizt an ihn. „In einem Film würde ich Ihnen jetzt eine Pistole an den Kopf halten, Kane McKinnon, und die Information mit Gewalt aus Ihnen herausholen.“
Zu ihrer Überraschung lachte er. „Sie hören sich wie meine Schwester an. Annie stellt sich ihr Leben auch immer bedeutungsvoller und dramatischer vor, als es ist.“
„Das kann ich sehr gut verstehen. Schließlich sitzt sie mit Ihnen und Reid hier draußen fest.“ Damit wollte sie Kane keinesfalls verletzen, doch er hörte schlagartig auf zu lächeln. „Ich meine“, fuhr sie hastig fort, um noch etwas zu retten, „es ist für Annie sicher schwierig, dass keine anderen Frauen in der Nähe sind. Bestimmt sehnt sie sich danach, mit ihresgleichen zu reden.“
„Dazu findet sie ausreichend Gelegenheit im Internet“, entgegnete er. „Aber ich weiß, was Sie meinen. Annie vermisst unsere Mum“, fügte er sanft hinzu.
„Ich muss gestehen“, räumte Charity ein, „dass ich mich schon gefragt habe, wo Ihre Eltern sind.“
„Unser Vater ist vor sechs Jahren gestorben. Mum blieb danach noch ein Jahr auf der Southern Cross, war aber so deprimiert, dass wir sie gedrängt haben, ihre Schwester in Schottland zu besuchen.“
„Hat ihr Schottland gefallen?“
„Sehr sogar. Ursprünglich wollte sie nur einige Wochen bleiben, aber dann wurden Monate daraus. Schließlich war sie dort so viel glücklicher, dass sie am Ende geblieben ist.“
„Kein Wunder, dass Annie sie vermisst. Schottland ist schließlich weit weg.“
„Ja. Annie und Mum halten natürlich den Kontakt aufrecht und geben ein Vermögen fürs Telefonieren aus.“
Charity ließ den Blick über die staubige Ebene gleiten. Überall ragten Ameisenhügel auf. Es sah aus, als hätte ein irrer Töpfer seltsame, spitz zulaufende Skulpturen geschaffen.
Charity war
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