Julia Collection Band 26
glauben, Annie“, erwiderte er. „Plato sagte, seine Weisheit bestehe darin, zu wissen, wie wenig er wisse über die Dinge, die am wichtigsten sind.“
Eine leichte Brise wehte vom Fluss zu ihnen herüber und fächelte Annie ein paar Haarsträhnen ins Gesicht. Als sie sie zurückstrich, merkte sie, dass Theo sie stirnrunzelnd betrachtete. Sein Blick war auf ihren Arm gerichtet, der voller blauer Flecken war.
„Die sind vom Schlafen auf Mels Couch“, erklärte sie ihm. „Die ist so schmal, dass ich einmal fast heruntergefallen wäre. Gestern habe ich mir den Ellbogen am Kaffeetisch gestoßen. Wahrscheinlich werde ich am Ende der Woche noch mehr blaue Flecken haben.“
„Das klingt ja nicht gerade nach Bequemlichkeit.“
„Stimmt. Wenn ich gewusst hätte, wie eng es ist, hätte ich meinen Schlafsack mitgebracht und auf dem Boden geschlafen. Andererseits habe ich Mel nicht vorgewarnt, dass ich komme, und es war wirklich sehr nett von ihr, mich aufzunehmen.“
Theo sah sehr nachdenklich aus, als er seinen Kaffee trank.
Annie blickte auf die Uhr. „Wie viel Zeit haben Sie noch? Müssen Sie zurück ins Büro?“
„Ja. Aber da ich keine Vorlesungen mehr halten muss, kann ich mit meiner Zeit etwas flexibler umgehen. Trotzdem muss ich leider bald gehen.“
„Basil wird sicher schon unruhig sein.“
„Entweder das, oder er wird tief und fest schlafen. Giovanni füttert ihn immer mit den Resten seines Filetsteaks.“
Nachdem sie die Rechnung bezahlt hatten, holten sie Basil ab und schlenderten die Promenade entlang.
„Was haben Sie denn für den Rest der Woche vor?“
Verdammt! Annie wäre es lieber gewesen, er hätte sie das nicht gefragt.
„Du machst was?“ Mel ließ das Küchenmesser fallen, mit dem sie gerade Pilze geschnitten hatte, und sah Annie entgeistert an.
Auch Victoria, die am Tisch saß und Karotten schälte, konnte es nicht fassen.
Annie versuchte, sie zu beruhigen. „Nicht, dass ich eure Gastfreundschaft nicht zu schätzen weiß. Ihr habt mich auf der Couch schlafen lassen und mir beim Shoppen geholfen. Dafür bin ich euch sehr dankbar, vor allem auch für eure Unterstützung, was das Treffen mit Damien angeht.“
„Ich kann einfach nicht glauben, dass du bei Dr. Grainger einziehst“, sagte Mel fassungslos.
„Warum willst du bei einem spießigen alten Philosophen einziehen, der noch dazu der Onkel dieses Mistkerls ist?“, fragte Victoria.
„Gerade weil Theo Damiens Onkel ist, hat er mir Damiens Zimmer angeboten“, erklärte Annie. „Er fühlt sich moralisch dazu verpflichtet.“
„Bist du nicht ein bisschen naiv?“, meinte Victoria mit hochgezogenen Augenbrauen.
Annie stöhnte. Wie konnte sie ihnen ihre Entscheidung erklären, ohne die schmale Couch und die blauen Flecken zu erwähnen?
„Ich versichere euch, die ganze Geschichte ist rein platonisch“, sagte sie.
„Hör sie dir an“, wandte Mel sich an Victoria. „Kaum frühstückt sie mit einem Philosophen, wirft sie auch schon mit Wörtern wie platonisch um sich.“
„Also bitte, das reicht jetzt!“
Annie hatte eigentlich nicht schreien wollen, aber es wirkte. Mel und Victoria wurden plötzlich ganz ruhig und verschränkten gleichzeitig die Arme vor der Brust.
Annie holte tief Luft. „Das Arrangement hat einiges für sich. Nummer eins: Ihr bekommt eure Couch zurück. Nummer zwei: Damien hat mir übel mitgespielt, und ich finde es gut, wenn ich dafür zum Ausgleich sein Zimmer benutzen kann. Nummer drei: Theos Haus liegt ganz in der Nähe der Galerien und Theater. Eine bessere Lage gibt es gar nicht, von dort aus kann ich am Tag alles bequem zu Fuß erreichen.“
„Und was passiert bei Nacht?“, fragte Victoria anzüglich.
„Theo wird sich schon nicht auf mich stürzen, wenn ihr das meint. Er ist ein richtiger Gentleman.“
„Aber er sieht auch verdammt gut aus“, warf Mel ein. „Hast du schon einmal an die Möglichkeit gedacht, dass du dich in ihn verlieben könntest und wieder verletzt wirst?“
„Wie der Neffe, so der Onkel“, bestätigte Victoria.
Plötzlich war es ganz still im Zimmer. Annie wich den Blicken ihrer Freundinnen aus. Sie wusste, dass Mel mit ihrer Vermutung gar nicht so falsch lag. Es konnte sogar sein, dass sie sich bereits in Theo verliebt hatte. Es war unwahrscheinlich, dass er sich für sie interessierte, daher war das Ganze in der Tat ein Risiko.
Und trotzdem … ihr Instinkt riet ihr dazu, seine Einladung anzunehmen. Zum einen wusste sie jetzt, dass der Mann, in den
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