Julia Collection Band 27
bei Keith?
Plötzlich spürte sie, wie Keith sein Bein an ihres presste. Hastig zog sie es fort und griff unter die Tischdecke, um ihn in den Oberschenkel zu kneifen. Gleichzeitig schenkte sie ihm ein gespieltes Lächeln und flüsterte: „Mach das noch einmal, und ich werde dich wegen sexueller Belästigung verklagen.“
„Ich habe dich doch nur versehentlich berührt. Du bist diejenige mit den wandernden Händen. Wer hat denn hier wen in den Oberschenkel gekniffen?“
„Wer hat wen in der Limousine geküsst, du degenerierter Don Juan?“
„Oh, oh, der Clubfotograf hat gerade ein Bild von dir geschossen. Schade, dass du so böse und rachsüchtig ausgesehen hast.“
„Du lügst. Ich weiß, wie ich beherrscht wirken kann, auch wenn ich noch so wütend bin.“
„Hast du das während deiner Ehe gelernt?“
Andrea schnappte nach Luft. „Was fällt dir ein? Meine Ehe war wundervoll!“
„Ja“, meinte Keith gedehnt. „Meine auch. Deshalb bin ich geschieden.“
„Du weißt ganz genau, dass mein Mann gestorben ist. Wir hätten uns niemals scheiden lassen.“
Keith bedauerte seine taktlose Bemerkung sofort. Offenbar machte Andrea ihn nervöser, als er erwartet hätte. „Es tut mir leid. Ich hätte so etwas nicht sagen dürfen.“
„Nein, das hättest du wirklich nicht!“ Andrea wandte sich ab. Eine Sekunde später schaute sie ihn noch einmal ärgerlich an. „Und ich bin kein Snob. Du bist unglaublich unhöflich, doch das warst du ja schon immer.“
Keith seufzte dramatisch. „Ich frage mich, wie du es damals mit mir so lange aushalten konntest.“
Andrea entschied, dass es jetzt zu weit ging. Sie konnten von Glück sagen, dass bis jetzt noch niemand von ihrer Unterhaltung Notiz genommen hatte. Das würde Stoff für noch mehr Tratsch liefern, und sie fürchtete, dass sowieso schon alle über sie sprachen. Am besten, sie ignorierte Keith, so gut es ging.
Die Teller wurden abgeräumt, um Platz für den nächsten Gang zu schaffen, und als Andrea aufsah, bemerkte sie Laura Edwards, eine Kellnerin, die sonst im „Royal Diner“ arbeitete. Laura war keine Freundin, doch Andrea kannte sie von ihren Besuchen im „Diner“, das kein Gourmetrestaurant war, in dem man jedoch die besten Burger der Stadt bekam.
Etwas an Laura ließ Andrea stutzig werden. Die Frau sah blass, erschöpft und gehetzt aus. Oder war der Ausdruck „verfolgt“ vielleicht treffender? Nachdem sie die Kellnerin einen Moment lang beobachtet hatte, erkannte Andrea, dass Laura genauso aussah wie die ängstlichen Frauen, die ins Frauenhaus kamen, um ihren gewalttätigen Männern zu entfliehen.
Andrea schob ihren Stuhl zurück. „Entschuldigen Sie mich bitte“, murmelte sie und ging auf die Toiletten zu. Wie geplant stieß sie dabei mit Laura zusammen, die auf dem Weg in die Küche war.
„Laura“, sagte sie. „Ich würde gern kurz mit Ihnen sprechen. Wäre das möglich?“
„Oh, Mrs. O’Rourke“, erwiderte Laura. „Sicher, aber nur ganz kurz. Wir sind sehr beschäftigt. Ich muss erst mal das Tablett abladen.“
„Natürlich. Kommen Sie doch zur Damentoilette.“
Laura nickte und verschwand in Richtung Küche.
Andrea frischte gerade ihren Lippenstift auf, als die Tür aufschwang und Laura hereinkam.
Andrea wandte sich zu ihr um. „Danke, Laura. Ich habe an Ihrem Gesichtsausdruck bemerkt, dass etwas mit Ihnen nicht stimmt. Sie wissen sicher, dass ich im ‚New Hope Center‘ für misshandelte Frauen arbeite. Sie können mit mir reden, Laura. Ich behandle alles, was Sie mir sagen, streng vertraulich.“
Laura schien sehr überrascht. „Das … das ist es nicht, Mrs. O’Rourke.“
„Nennen Sie mich Andrea. Ich weiß, wie schwer es ist, über solche Probleme zu sprechen. Aber wenn Ihr Partner Sie misshandelt, dann müssen Sie sich aus dieser Beziehung befreien. Wir können Ihnen helfen.“
Laura wich ihrem Blick aus, und Andrea seufzte innerlich. Zu viele misshandelte Frauen trauten sich einfach nicht, über ihre Qualen zu sprechen, bis sie es wirklich nicht mehr ertragen konnten.
Andrea konnte keine Verletzungen an Laura ausmachen, aber einige Männer schlugen ihre Frauen bewusst nur an solchen Stellen, wo die Kleidung die Spuren verdeckte. Und die emotionalen Narben waren ohnehin nicht sichtbar.
Andrea griff in ihre Handtasche und gab Laura eine Visitenkarte. „Sie können mich jederzeit anrufen, wenn Sie jemanden zum Reden brauchen.“
„Danke“, sagte Laura und steckte die Karte in die Tasche. „Ich muss
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