Julia Collection Band 27
Was erwartete er jetzt?
Moment, dachte sie. War es wichtig, was er von diesem Anruf erwartete? Sie musste daran denken, wie sie ihren verletzten Stolz wieder aufrichten konnte und wie sie ihr Kind vor dem Egoismus seines Vaters beschützen konnte. Ja, dies war die Gelegenheit, Keith wissen zu lassen, wie sehr sie ihn hasste, aber würde sie sich danach wirklich besser fühlen? Wahrscheinlich nicht. Eins würde ihr jedoch helfen.
Sie hielt den Hörer wieder ans Ohr und sagte ganz ruhig: „Tut mir leid, meine Sauce ist übergekocht.“
„Du kochst um diese Uhrzeit noch Sauce?“
„Eine köstliche braune Sauce, ja. Sie gehört zu einem späten Abendessen mit einem … Freund. Oh, entschuldige mich noch eine Sekunde, Keith.“ Diesmal legte sie den Hörer aufs Bett, stand auf und ging durchs Zimmer. Dabei murmelte sie: „Nimm dir noch von dem Wein. Das Essen ist fast fertig, und wenn du möchtest, kannst du gern die Musik ein wenig lauter drehen.“ Sie drückte auf die Fernbedienung, damit Keith die Musik auch wirklich hören konnte.
Dann ging sie zurück zum Bett und nahm den Telefonhörer. „Tut mir leid. Was hattest du gesagt?“
„Ich habe gar nichts gesagt.“ Keith versuchte die Ruhe zu bewahren, doch das, was er durchs Telefon hörte, war verdammt beunruhigend. Offensichtlich verwöhnte Andrea einen Mann mit Wein, einem späten Abendessen und extrem sinnlicher Musik. Ihn hatte sie nie zu einem Abendessen eingeladen, und so ein Abendessen zu zweit sprach von einer gewissen Intimität. „Ich habe es versucht, bin aber nicht weit gekommen“, fügte er hinzu und klang dabei wie ein trotziges kleines Kind.
Sein Tonfall war Balsam für Andreas angeschlagenes Selbstbewusstsein. „Ich kann mich nur bei dir entschuldigen“, sagte sie betont gelassen. Aus ihrem Tonfall würde er nicht auf ihren wirklichen Gemütszustand schließen können. Dies war viel besser, viel befriedigender. „Du hattest doch sicher einen Grund für deinen Anruf.“
„Was ist mit deiner köstlichen braunen Sauce?“, fragte er sarkastisch.
„Alles unter Kontrolle. Also, warum rufst du an?“
„Weil ich der irrigen Meinung war, dass du vielleicht ein paar Tage in Mexiko genießen würdest.“
Andrea riss erstaunt die Augen auf, aber sie musste ihr kleines Spiel weiterspielen. „Wann willst du fahren?“
„Wann ich fahren will? Ich bin hier!“, rief er. Andrea musste die Hand auf den Mund legen, um das Lachen zu unterdrücken. „Ich bin seit zwei Wochen hier! Hast du nicht bemerkt, dass ich nicht in der Stadt bin?“
„Na ja, … eigentlich nein. Du bist wirklich schon seit zwei Wochen weg? Himmel, wie die Zeit vergeht!“
„Willst du mich veräppeln?“
„Warum sollte ich?“
„Ich habe keine Ahnung. Wie auch immer, würdest du gern übers Wochenende herkommen? Ich habe ein hübsches Haus am Golf. Es ist herrlich ruhig und idyllisch hier, und man kann wunderbar ausspannen.“
„Es klingt verlockend, aber ich habe schon reichlich Pläne fürs Wochenende, und ich kann meine Freunde nicht enttäuschen, schon gar nicht so kurzfristig.“
„Aber es macht dir nichts aus, mich zu enttäuschen.“
„Warum sollte ich dich enttäuschen? Du hast dich doch offensichtlich die ganze Zeit auch ohne mich wohl gefühlt. Ich bin sicher, das Wochenende wird genauso vergnüglich für dich. Keith, ich muss Schluss machen. Es war nett, mit dir zu plaudern.“
„Warte! Leg noch nicht auf! Andrea, bitte, komm her. Du könntest einen Flug nehmen, und ich würde dich dann am Flughafen abholen.“ Er hielt inne und räusperte sich. „Ich denke, wir müssen miteinander reden. Ich habe viel nachgedacht, aber das Problem dabei ist, dass die Antworten ziemlich einseitig sind, wenn man allein ist.“
Andrea dachte an die vielen Stunden und Tage, die sie grübelnd verbracht hatte, und konnte ihm nur zustimmen. „Das ist wahr“, sagte sie noch immer tonlos, obwohl sie nahe daran war, in Tränen auszubrechen. „Aber wenn man allein lebt, und ich möchte es auch nicht anders haben, dann ist es manchmal so. Es tut mir leid, Keith, ich kann an diesem Wochenende nicht. Jetzt muss ich mich verabschieden. Schlaf schön.“ Sie legte auf.
Doch statt sich darüber zu freuen, dass sie Keith mit seinen eigenen Waffen geschlagen hatte, vergrub sie das Gesicht in den Kissen und weinte wie ein kleines Kind.
In Mexiko starrte Keith grimmig aufs Wasser und dachte über den Anruf nach. Er hatte nicht gewusst, dass Andrea sich mit anderen Männern
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