Julia Collection Band 28
doch auch, oder?“
Erst nach einer Weile nickte er widerstrebend.
„Sam, in ihrem Alter lernt Jessica erst, mit Gefühlen umzugehen. Dabei richtet sie sich vollständig nach Ihnen. Sie imitiert sie.“
„Und was soll das heißen?“
„Wenn Sie möchten, dass Jessica aus dem Schneckenhaus kommt, müssen auch Sie das Ihre ein wenig verlassen.“
„Ich habe mich in kein Schneckenhaus zurückgezogen“, wehrte er scharf ab.
Erin hasste jede Art von Konfrontation und schlug einen besonders sanften Ton an. „Ich will mich nicht aufdrängen, Sam, aber mir müssen zusammenarbeiten. Sie sind für die Kleine der wichtigste Mensch. Ich bin nur hier, um zu helfen. Darum muss ich wissen, wie Jessica und Sie mit dieser Tragödie umgehen.“
„Ich weiß“, lenkte er sichtlich widerwillig ein. „Gut, was wollen Sie wissen?“
„Wie verhält sich Jessica, wenn Sie über ihre Mutter sprechen?“
„Ich spreche nicht über ihre Mutter.“
„Nie?“, fragte Erin ungläubig.
Sam wurde verlegen. „Ich möchte Jessie nicht aufregen. Ich will ihr helfen, über die … die Angelegenheit hinwegzukommen.“
Die Angelegenheit … Er wehrte sich dermaßen gegen den eigenen Schmerz, dass er die richtigen Worte nicht aussprechen konnte. Erin trank einen Schluck Kaffee, um Zeit zu gewinnen. Vielleicht sollte sie das Problem von einer anderen Seite anpacken. „Was ist mit Familienfotos und Erinnerungsstücken, zum Beispiel den Sachen von Jessicas Mutter?“
„Ich habe alle Bilder von Jenny weggeräumt, ausgenommen dieses eine, das ich eingerahmt habe. Das gilt auch für die Sachen, die nicht bei dem Brand verloren gingen. Ich wollte Jessie nicht …“
„… aufregen.“
„Erin“, entgegnete er ungeduldig, „nach allem, was sie durchgemacht hat, muss ich für sie stark sein.“
„Das verstehe ich, und ich urteile auch nicht über Sie. Ich versuche nur zu erfahren, was bisher geschehen ist. Weint sie wegen des Brandes oder des Verlusts der Mutter?“
Er überlegte nicht lange. „Nein. Manchmal wirkt sie verschlossen und in sich gekehrt. Dann lasse ich sie in Ruhe. Womöglich denkt sie dabei gar nicht an Jenny. Wer weiß schon, was wirklich in ihr vorgeht?“
Du weißt es sicher nicht, wenn du sie nicht fragst …
„Was empfindet denn eine Zweijährige bei einer solchen … Angelegenheit?“, fragte er unsicher.
„Das ist von Kind zu Kind verschieden. Jeder Mensch geht mit Verlust anders um, auch kleine Kinder.“ Erin stärkte sich für die nächste Frage mit einem Schluck Kaffee. „Wie verhalten Sie sich, wenn Sie das Vorgefallene besonders bedrückt?“
Erneut wich er ihrem Blick aus. „Ich … ich verlasse das Zimmer und ziehe mich für einige Zeit zurück, bis ich wieder klar denken kann.“
„Sie gehen einfach weg?“
Er zuckte mit den Schultern. „Es ist doch nicht richtig, ein kleines Kind damit zu belasten. Jessica braucht nicht zusätzlich auch noch einen schwachen Vater.“
„Mm.“
Es gefiel ihm sichtlich nicht, dass sie nicht ausführlicher antwortete. „Wir lenken uns ab und versuchen, nicht daran zu denken“, erklärte er.
Erin sah ihn stumm an.
„Was ist? Mache ich etwas falsch? Großartig!“
„Nicht falsch“, widersprach sie. „Aber wir könnten gemeinsam etwas unternehmen, damit es für Jessica besser wird. Dafür müssen wir allerdings bei Ihnen anfangen.“
„Hier geht es nicht um mich“, wiederholte er gereizt.
„Doch, Sam. Ihre Frau ist gestorben.“
„Jessicas Mutter ist gestorben.“
„Jessicas Mutter, die Ihre Frau war.“
„Ich verstehe nicht, wohin uns das führen soll“, wehrte er unwillig ab.
Erin beschloss, ihn nicht weiter zu bedrängen. „Wenn Sie irgendwann bereit sind, schildern Sie mir bitte die Einzelheiten des Brandes. Das wird mir helfen.“
„In Ordnung“, räumte er ein. „Aber ich möchte, dass Sie sich auf meine Tochter konzentrieren. Sie sind ihr Kindermädchen, nicht meins. Mir geht es gut. Blendend sogar.“
„Verstehe.“
Er griff zu Essensbehälter und Thermoskanne. Erin holte tief Atem. In dieser kleinen Familie wartete jede Menge Arbeit auf sie, vor allem mit Papa Bär.
Sams Verhalten erinnerte sie daran, wie ihr Bruder Eamon sich nach dem Tod des kleinen Bryce verhalten hatte. Väter waren oft der Meinung, für alle ein Fels in der Brandung sein zu müssen. Dabei vergaßen sie, was für ein Beispiel sie gerade den Kindern gaben, denen sie helfen wollten.
„Zweifeln Sie nicht daran, Sam, dass ich mich in erster Linie
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