Julia Collection Band 28
er spürte, wie unendlich gut es tat, jemanden zu treffen, der ihn verstand. „Danke. Ich … tut mir leid wegen Ihres Sohnes.“
Eamon nickte und presste kurz die Lippen aufeinander. „So ist das Leben. Man weiß nie, was es für einen noch bereithält.“
„Das ist leider nur allzu wahr.“
Erins Vater kam zu ihnen, und Erin stellte ihn Sam vor. Danach wurde Sam von einer Schwägerin zur nächsten weitergereicht, und ehe er es sich versah, saß er auf einem Liegestuhl inmitten dieser großen liebevollen irischen Familie und fühlte sich willkommen wie nie zuvor.
Auch daran konnte er sich gewöhnen, wenn er nicht vorsichtig war.
11. KAPITEL
Als Sam und Erin am Abend die Familie O’Grady verließen, fühlte Sam sich unbeschreiblich wohl. Und er fühlte sich mehr denn je mit Erin verbunden. Sie waren bis halb acht geblieben und hatten sich unterhalten. Jessica war jetzt so müde, dass sie auf der Heimfahrt in Erins Wagen sofort einschlief.
Sobald sie beide Wagen in der Garage abgestellt hatten, holte Sam die Kleine aus dem Kindersitz, trug sie ins Haus und warf dabei einen Blick zu Erin. „Möchten Sie mir noch Gesellschaft leisten, sobald sie im Bett liegt? Wir könnten in der Küche eine Tasse Kaffee …“
„… oder Tee.“
„… oder Tee trinken“, sagte er lächelnd. „Oder sind Sie müde?“
„Gar nicht“, beteuerte Erin. „Sehr gern.“
Sie brachten Jessica gemeinsam ins Bett, ohne dass die Kleine aufwachte. Dann standen sie sekundenlang neben ihr und betrachteten das engelsgleiche Gesicht.
„Sie ist fast schon zu alt für dieses Bettchen“, stellte Sam bedauernd fest. „Irgendwie macht mich das traurig.“
„Ja, wenn sie doch immer so klein blieben.“ Erin legte ihm die Hand auf den Arm. „Aber Jess wird ein tolles Kind und ein cooles junges Mädchen werden. Ich freue mich schon darauf, wenn sie größer wird.“
Sam gefiel das. Es hörte sich an, als wollte Erin lange bei ihnen bleiben. Lange, sehr lange! „Gehen wir in die Küche?“, schlug er vor.
Sie deutete amüsiert zur Tür. „Alter vor Schönheit.“
„Stimmt leider“, räumte er ein.
Sobald Tee und Kaffee fertig waren, setzten sie sich an den Tisch. Erin nippte an ihrem Tee, Sam an seinem Kaffee. Es war erstaunlich, wie gut sie zusammen schweigen konnten.
„Vielen Dank für den heutigen Tag“, sagte er nach einer Weile. „Ich mag Ihre Familie sehr.“
„Ich auch. Übrigens haben Sie die Prüfung durch die Schrecklichen Fünf mit Glanz und Gloria bestanden.“
„Das war schon wieder eine Prüfung? Wie viele gibt es denn?“, fragte er erstaunt.
„Das hört bei meinen Brüdern nie auf, aber Sie haben genau das Richtige getan und gesagt.“
„Ich habe niemandem etwas vorgemacht“, beteuerte Sam.
„Das weiß ich“, erwiderte sie sanft. „Genau das spricht für Sie. Sie passen einfach dazu.“
Wie bitte? Bisher hatte er nirgendwo ‚dazugepasst‘. Es war das erste Mal, dass er so etwas hörte. Und er musste zugeben, dass es ihm gefiel. „Freut mich jedenfalls, dass Ihre Brüder damit einverstanden sind, dass Sie Jessicas Kindermädchen sind. Ich würde Sie nicht festhalten, wäre Ihre Familie nicht mit mir einverstanden.“
Erin betrachtete ihn über ihre Tasse hinweg. „Sam … wie ist Ihre Familie?“
Die Frage kam genau zum rechten Zeitpunkt. Denn Sam hatte heute die Erfahrung gemacht, dass er durchaus ein Mensch war, der akzeptiert werden konnte. Den man gernhaben konnte. Und diese neue Erfahrung hatte seinen Widerstand, über die Vergangenheit zu sprechen, restlos beseitigt. Auf einmal wollte er nichts mehr vor Erin verbergen. „Ich habe keine Familie“, gestand er.
„Wie meinen Sie das?“, fragte sie erstaunt.
„Ich bin seit meiner Geburt Waise.“
„Oh“, hauchte sie.
„Ja. Ich bin bei verschiedenen Pflegefamilien aufgewachsen.“ Sam wappnete sich gegen ihr Mitleid, das im Nachhinein den herrlichen Tag zerstören würde.
„Also, das erklärt eine Menge“, sagte sie jedoch nur.
„Was denn?“
„Ich habe mich schon gefragt, wieso es von Ihnen keine Kinderfotos und keine Familienbilder gibt. Das ist alles.“
„Nun, jetzt kennen Sie den Grund“, meinte er erleichtert. „Ich habe bisher nur mit wenigen Menschen darüber gesprochen.“
„Keine Sorge, ich werde keine Anzeige in die Zeitung setzen“, scherzte sie und brachte ihn damit zum Lächeln. „Wie war es bei den Pflegefamilien?“
Zu seiner grenzenlosen Erleichterung zeigte sie nicht die Spur von Mitleid,
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