Julia Collection Band 28
von Virgin Mist hält, ist das unbezahlbar“, stellte er fest. „Wir müssen Gretchen möglichst gut behandeln und unseren Charme spielen lassen.“
Genau das fürchtete Lissa. Sullivan würde seinen Charme spielen lassen, und da seine Arbeit bei Valencia Vineyards bald endete, wartete Gretchen sicher schon mit offenen Armen.
Sullivan bemühte sich, an die Arbeit zu denken. Dabei wollte er Lissa möglichst bald sagen, dass ihre Affäre beendet war. Nächste Woche wäre es ohnedies so weit gewesen, und es war besser, schon jetzt Schluss zu machen. Die Dinge hatten sich nicht so locker entwickelt, wie er es sich erhofft hatte. Höchste Zeit, sich zurückzuziehen.
Allerdings schuldete er ihr mehr als einen lockeren Abgang aus ihrem Leben. Was er ihr genau schuldete, wusste er allerdings nicht. Da ein Gespräch bei einem Glas Wein auf der Terrasse sicher besser war als eine Diskussion an dem alten Schreibtisch in dem stickigen Büro, beschloss er zu warten.
Andererseits, warum sollte er Lissa schonen? Sie selbst hatte doch vorgeschlagen, nur eine Affäre auf Zeit zu beginnen. Und sie interessierte sich offensichtlich für Martinelli. Es war also durchaus möglich, dass es sie kaltließ, wenn sie sich schon jetzt trennten.
Möglicherweise hatte sie gestern Nachmittag nicht das Gleiche empfunden wie er. Durch die Sorge um Barney hatte sie vielleicht nicht diese starke Intimität verspürt und daher auch keine Angst vor einer zu tiefen Verstrickung.
„Stimmt etwas nicht?“, fragte sie, als er zum fünften oder sechsten Mal aus dem Fenster blickte, seit es ein Uhr geschlagen hatte.
„Nein.“ Er war unruhig und nervös und wartete auf Unterstützung von außen. Wo blieb bloß diese Reporterin? Sie konnte davon ablenken, was zwischen ihm und Lissa geschehen war – wobei Sullivan nicht genau sagen konnte, was das nun wirklich war.
„Hältst du nach Gretchen Ausschau?“, fragte Lissa, und in ihrer Stimme schwang Eifersucht mit.
„Sie verspätet sich.“
„Aber wir sind doch nicht unter Zeitdruck, oder?“
„Ich muss später noch arbeiten und meinen nächsten Klienten vorbereiten“, entgegnete er und musterte sie. Lissa runzelte die Stirn. War sie nun enttäuscht oder nicht? Seit wann gelang es ihm nicht, die Miene einer Frau zu deuten?
Um Viertel nach eins tauchte endlich ein weißer Van mit einer seitlich aufgemalten Weintraube auf. Gretchen Thomas stieg aus. Eine enge Jeans schmiegte sich um die Hüften und die langen Beine, und ein anliegendes rosa T-Shirt unterstrich ihre üppigen Reize. Diese Frau war für seinen Geschmack viel zu stolz auf ihre Figur, was allerdings nicht bedeutete, dass er sie nicht gern betrachtete.
Er warf einen Blick zu Lissa, die mit verschränkten Armen am Schreibtisch lehnte und ein ernstes Gesicht machte. War sie zornig, verletzt oder lediglich desinteressiert? Auch das wusste er nicht. Himmel, wann war sein Leben eigentlich so kompliziert geworden?
Er ging an die Tür und bat Gretchen zusammen mit einem pummeligen Fotografen herein, der offensichtlich für die aufreizende Reporterin schwärmte. Du armer Kerl, dachte Sullivan. Die ist wirklich nichts für dich.
„Freut mich, Sie wiederzusehen, Sullivan.“ Gretchen drückte ihm auffällig lange die Hand.
„Freut mich auch.“ Für Sullivan galt unverändert, dass er Geschäft und Vergnügen nicht vermischte, doch das würde Gretchen bestimmt nicht aufhalten.
„Hallo.“ Gretchen lächelte Lissa zu, bemerkte sicher deren Verwandlung, verlor darüber aber kein Wort. „Das ist mein Fotograf Roger Donaldson.“
Während die Männer einander die Hände reichten, holte Gretchen aus einer schwarzen Leinentasche einen kleinen Recorder sowie Stift und Notizblock. Lissa setzte sich an den Schreibtisch, und die Reporterin wählte einen Stuhl davor.
Gretchen stellte gezielte Fragen und notierte die Antworten. Sullivan musste ihr zugestehen, dass sie ihr Handwerk offenbar beherrschte. Es war anzunehmen, dass der Artikel gut ausfallen und Valencia Vineyards in günstigem Licht zeigen würde.
„Könnten Sie mir das Weingut noch ein bisschen zeigen?“, fragte Gretchen schließlich.
Lissa warf einen Blick auf ihre Armbanduhr. „Gern, aber ich habe in einer halben Stunde leider einen Termin.“
„Es macht ja wohl kaum etwas, wenn du dich verspätest“, bemerkte Sullivan. „Du müsstest Barney nur abholen, bevor der Tierarzt zumacht.“
Lissa nickte nachdenklich und führte Gretchen und Roger ins Freie. Sullivan folgte
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