Julia Collection Band 51
Mal, zeigte dann mit dem Daumen nach oben und ließ sich gekonnt rückwärts über die Reling ins Wasser fallen.
Nick sah ihr fasziniert zu und folgte ihr dann. Im Wasser überkam ihn sofort wieder dieses wunderbare Gefühl: das kühle, samtene Wasser auf der Haut, das laute Dröhnen des Druckventils beim Atmen, der salzige Geschmack des Meeres auf den Lippen. Mit zwei Schwimmstößen war er an Rachels Seite und sah sie fragend an. Sie lächelte mit den Augen und legte Zeigefinger und Daumen zu einem Kreis zusammen, um ihm zu signalisieren, dass alles in Ordnung sei. Sie regulierte noch einmal ihr Druckventil, damit sie in tiefere Wasser hinabsteigen konnten. Nick tat das Gleiche und fasste dann ihre Hand.
Er sah nach unten. Das Wasser war so klar, dass ihm kurz schwindlig wurde. Es war, als stünde er auf dem Dach eines achtstöckigen Hauses im Freien und sähe hinunter.
Rachels Finger drückten seine Hand, und aufgeregt zeigte sie auf ein Korallenriff, die tief unter ihnen wuchs. Gleich darauf deutete sie auf einen Schwarm von blau-gelben Engelfischen, die majestätisch vorbeischwammen. Nick betrachtete immer noch den Fischschwarm, als Rachel erneut an seiner Hand zog, um ihn auf einen riesigen Schwarm von silbernen Fischen aufmerksam zu machen, die in den Sonnenstrahlen, die sich den Weg bis ins Wasser bahnten, wie ein riesiger metallener Schild wirkten.
Als Rachel gleich darauf wieder an seiner Hand zog und auf eine große durchsichtige Qualle zeigte, musste er grinsen, trotz des Mundstücks, das zwischen seinen Zähnen klemmte. Er hatte viele Tauchgänge mitgemacht. Tauchgänge, die sehr viel anspruchsvoller und aufregender gewesen waren als dieser hier. Er war tiefer getaucht, war in Höhlen hinabgetaucht, war in Gewässern getaucht, die so trüb waren, dass man kaum die Hand vor den Augen hatte sehen können. Aber keiner dieser Tauchgänge hatte ihm so viel Spaß bereitet wie dieser hier. Mit Rachel an seiner Seite.
Jetzt sah sie Nick an, und ihre Augen glänzten wie die Augen eines Kindes unter dem Weihnachtsbaum. Bei diesem Blick ergriff das gleiche Gefühl auch von Nick Besitz, dieses ungläubige Erstaunen ob der Schönheit des Lebens.
Rachel hielt fest seine Hand, als sie jetzt nah am Meeresboden schwammen. Der Druck ihrer Finger sagte mehr, als jedes Wort hätte sagen können. Sie waren zusammen in einer anderen Welt, ihrer ganz eigenen Welt, die alles andere als das Hier und Jetzt ausschloss.
Wenn er es genau bedachte, kam es jener Welt sehr nahe, die sie umhüllte, wenn sie sich küssten.
Der Vergleich überraschte ihn, und nur mit Mühe verdrängte er den Gedanken und richtete seine Aufmerksamkeit auf die wunderbare Meeresflora, die den Meeresboden hier besiedelt hatte. Sie schwammen an langen Farnwedeln vorbei, die sanft über ihre Haut strichen, Seetang wiegte sich im sanften Strom, farbenfroh schillernde Fische in den bizarrsten Formen suchten nach Plankton in den Korallenbänken.
Hand in Hand schwammen sie durch diese Wunderwelt, und Nick spürte einen nie gekannten Frieden in sich – und ein anderes, unbekanntes Gefühl, das er nur als Glück bezeichnen konnte.
Und dann, ganz plötzlich, stimmte etwas nicht.
Er atmete ein, aber er spürte keine Luft in seinen Lungen. Er drehte an seinem Druckventil, versuchte erneut zu atmen, aber nichts passierte.
Um Himmels willen! Er schwamm fünfundzwanzig Meter unter dem Meeresspiegel, zusammen mit einer Anfängerin, und er hatte keine Luft zum Atmen!
Er wollte Rachel signalisieren, dass sie mit der in solchen Fällen üblichen „Partner-Atmung“, aufsteigen sollten, doch dann hielt er sich zurück. Er durfte sie nicht in Panik versetzen. Dann wäre auch sie in Gefahr.
Er sah zu den anderen Tauchern aus der Gruppe hinüber. Sie waren gut zwanzig Meter entfernt, und sie schwammen in die entgegengesetzte Richtung. Bevor er sie erreichen konnte, würde er wahrscheinlich ohnmächtig werden. Schon brannten seine Lungen vor Sauerstoffmangel.
Er wandte den Kopf und sah zu Rachel. Irgendetwas in seinem Blick und seiner Haltung hatte sie alarmiert, denn im nächsten Moment nahm sie ihr Mundstück und hielt es ihm hin.
Er sah ihren Blick. Ihre Augen wirkten ruhig und zuversichtlich, und sie nickte auffordernd. Er nahm das Mundstück, hielt es sich an die Lippen und – atmete. Seine Lungen jubilierten. Sauerstoff! Er nahm noch einen Atemzug, dann reichte er Rachel das Mundstück zurück.
Sie nahm einen Atemzug, dann hielt sie es ihm wieder hin.
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