Julia Collection Band 55 (German Edition)
Das Bier hatte die vier etwas enthemmt.
„Sandkuchen oder einen Schlag aufs Auge“, antwortete sie genervt.
„Oh, wie patzig.“
Der Manager kam herüber. Er schien sie die ganze Zeit zu beobachten. „Gibt es ein Problem?“
„Die Herren wollten etwas zum Dessert, das nicht auf der Karte steht“, antwortete Cheri leichthin.
Sam war verärgert. „Was können wir Ihnen bringen?“, fragte er die Männer. „Sandkuchen? Zitronentorte?“
„Nichts“, antwortete einer von ihnen und holte sein Portemonnaie heraus. „Wir gehen woanders hin, wo wir freundlicher bedient werden.“
Wütend räumte Cheri den Tisch ab und brachte das Geschirr in die Küche. Auf dem Weg zurück traf sie Sam.
„Was hast du zu ihnen gesagt?“, wollte er wissen.
„Ich sagte, sie können Sandkuchen bekommen oder einen Schlag aufs Auge. Sie dachten wohl, ich würde auch auf der Karte stehen.“
„Du kannst doch mit solchen Kerlen auch höflich umgehen.“
„Sie waren mir gegenüber unhöflich. Vielleicht bin ich es einfach leid, mich mit solchen Typen herumärgern zu müssen.“
„Hast du denn keinen Humor?“
Wieso werfen Männer einer Frau, die es nicht mag, beleidigt zu werden, immer vor, sie hätte keinen Humor? Was soll daran komisch sein, wenn man wie ein lebendes Pin-up-Girl behandelt wird?“
„Als Nächstes hältst du mir noch einen Vortrag über sexuelle Belästigung. Ich muss ein Restaurant leiten. Wenn du nicht mit Männern umgehen kannst, die ein paar Bier zu viel getrunken haben, solltest du dir vielleicht einen anderen Beruf aussuchen. Verstehst du?“
„Ja.“
Neue Gäste – ein Pärchen – waren hereingekommen, und Cheri setzte sich in Bewegung. Dabei fiel ihr auf, dass die Eingangstür offen stand. Sie wollte sie schließen, als ihr eine Bewegung im Schnee auffiel.
Es war eine kleine Katze. Sie lungerte seit einigen Wochen vor Tucci’s herum, wohl in der Hoffnung auf etwas Essbares. Cheri und eine andere Kellnerin hatten das kleine Tier seither im Hinterhof gefüttert. Als die Katze sie sah, rannte sie an ihr vorbei ins Restaurant. Cheri eilte ihr nach, denn nach dem Gesetz waren Tiere in Gaststätten nicht erlaubt.
Sie schnappte sich die Katze, presste sie an sich und wollte in die Küche eilen. Unglücklicherweise traf sie dort auf Sam, der die Katze angewidert anstarrte. „Ich habe dir doch gesagt, dass du die Katze nicht mehr hereinlassen sollst! Was hat sie hier zu suchen?“
„Sie ist hereingerannt, bevor ich sie aufhalten konnte. Sie hat wohl Hunger.“
„Cheri“, begann Sam, „ich weiß ja, dass du seit drei Jahren hier arbeitest, aber du kannst die Regeln nicht auslegen, wie es dir gerade passt. Du kannst dich nicht zu den Gästen setzen, und du sollst sie auch nicht beleidigen. Und du sollst keine hungrige Katze hier durchfüttern. Wenn das so weitergeht, muss ich dich rausschmeißen.“
Cheri schossen die Tränen in die Augen, und sie stürzte an Sam vorbei in die Küche. Sie setzte die Katze an der Hintertür ab und gab ihr etwas zu fressen. Sie fühlte großes Mitleid mit dem kleinen Tier. Sie hatten im Moment vieles gemeinsam. Sie waren allein und wussten nicht, wem sie vertrauen konnten.
Das Angebot von Jasper Derring erschien ihr immer verlockender. Sie würde darüber nachdenken. Oh ja! Schließlich riss sie sich zusammen und ging wieder an ihre Arbeit.
Kurze Zeit später waren Jaspers und Beas Pizzen fertig, und Cheri brachte sie an ihren Tisch.
Bea musterte Cheri eindringlich. „Ist alles in Ordnung bei Ihnen?“
„Ach ja, es ist nur einer dieser Tage, an denen alles schiefgeht. Ehrlich gesagt, erscheint mir Ihr Angebot immer interessanter.“
Jasper strahlte.
„Aber ich werde trotzdem erst einmal in Ruhe darüber nachdenken, so wie Sie es mir geraten haben“, fügte Cheri schnell hinzu.
Jasper lächelte ihr zu. „Aber natürlich. Ich freue mich einfach, dass Sie es überhaupt in Erwägung ziehen. Ich weiß doch selbst, wie merkwürdig mein Angebot klingen muss.“
„Kann ich Sie etwas fragen? Wieso haben Sie ausgerechnet mich ausgewählt? Ich habe nicht die Bildung Ihres Sohnes. Ich bin nur eine Kellnerin und eine leichtgläubige noch dazu.“
Jasper blickte sie voller Ernst an. „Meine Liebe, Sie sind gut- und nicht leichtgläubig. Außerdem sind Sie aufmerksam und rücksichtsvoll. Sie haben uns immer ausgezeichnet bedient, ohne zu wissen, wer wir sind. Sie sind ehrlich und aufrichtig und werden sich auch weiterentwickeln, wenn Sie erst einmal Ihr
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