Julia Collection Band 61 (German Edition)
Frank. Du kennst sie eben nicht. Ich weiß, was für ein Mensch sie ist. Sie könnte mich nie hintergehen.“
„Okay, meinetwegen. Aber lass mich wenigstens einen Ehevertrag vorbereiten, Ty, den sie unterschreiben muss. Wir müssen ein bisschen praktisch denken.“
Tyson hätte seinem Anwalt vor Ärger am liebsten den Hals umgedreht. „Wenn du so etwas noch mal sagst, ist es mit unserer Freundschaft aus“, erwiderte er aufgebracht. „Das darf Merri nie zu Ohren kommen. Sie liebt mich, und ich vertraue ihr vollkommen. Dieses Vertrauen würdest du zerstören, wenn du andeutetest, ich brauche einen Vertrag, um mich abzusichern. Ich will kein Wort mehr davon hören.“
Frank zuckte mit den Schultern. Er wusste, wann er seinen Mund halten musste, und für seinen Geschmack hatte er schon viel zu viel gesagt. Er nickte Tyson kurz zu und ging zum Haupteingang, wo die Reporter warteten.
Tyson lehnte sich gegen die Wand, schloss die Augen und ließ sein Gesicht von der Sonne bescheinen. Er atmete ein paarmal tief durch, um sich zu beruhigen. Eigentlich hätte er Frank nicht so anfahren sollen, denn er hatte nur das getan, was er für seine Pflicht hielt.
Niemand kannte seine Merri so gut wie er. Tyson fühlte sich ihr total verbunden und konnte sich nicht vorstellen, dass sie einander jemals enttäuschten.
Als er den Geruch von Zigarettenrauch spürte, öffnete er die Augen und sah sich um. Nur wenige Schritte entfernt standen zwei Fotografen und rauchten. Es war ihnen offenbar gleichgültig, ob der Rauch jemanden belästigte.
Tyson runzelte verärgert die Stirn. Leider brauchte er diese Leute für die geplante Werbeaktion. Andernfalls hätte er ihnen deutlich gemacht, dass etwas mehr Rücksichtnahme angebracht wäre.
„Du spinnst wohl“, sagte jetzt einer der Fotografen zu dem anderen. „Was würde jemand wie sie in einem Kaff wie diesem hier machen? Bis hierhin ist die Zivilisation noch nicht vorgedrungen. Die haben hier ja nicht mal einen McDonald’s.“
„Glaub mir, ich weiß, wovon ich spreche“, beteuerte der Erste. „Ich habe mir die Mühe gemacht, alle Fotos von ihr zusammenzustellen, und habe versucht herauszukriegen, wohin sie so plötzlich verschwunden ist. Sie ist es ganz bestimmt. Um was wollen wir wetten?“
„So, so.“ Der andere ließ die Zigarettenkippe fallen und trat sie aus. „Das wäre ja ein Knüller. Sieht so aus, als ob dieser Auftrag doch nicht so langweilig wird, wie ich befürchtet habe.“
„Das kannst du glauben. Die Redaktionen werden ordentlich was auf den Tisch legen für ein Bild von ihr. Vielleicht gibt sie uns sogar ein Interview. Dann sind wir gemachte Leute.“
„Sag bloß niemandem etwas davon.“ Die beiden sahen sich misstrauisch um. „Wir müssen die Ersten sein.“
Tyson hatte plötzlich sehr genau hingehört. Von wem hatten sie gesprochen? Er kannte alle Berühmtheiten in dieser Gegend von Texas genau. Es war niemand hier, an dem die einschlägigen Klatschblätter interessiert sein könnten, von ihm vielleicht abgesehen.
„Stell dir vor, wir kriegen die berühmt-berüchtigte Merrill Davis-Ross vor die Kamera und werden dadurch reich! Das klingt wirklich super. Zur Abwechslung haben wir wohl endlich mal etwas richtig gemacht.“ Der Reporter grinste.
Merrill Davis-Ross. Merri Davis?
Die Erkenntnis traf Tyson wie ein Schlag in die Magengrube. Er hatte das Gefühl, als täte sich die Erde unter ihm auf und verschlänge ihn. Das konnte doch nicht wahr sein! Und dennoch, passte nicht alles wie bei einem Puzzle zusammen?
Kein Wunder, dass Merri in diesem Partykleid wie ein Model ausgesehen hatte. Kein Wunder, dass sie ihm in den letzten Tagen so bekannt vorgekommen war, und zwar nicht, weil sie ihm vom Schicksal vorherbestimmt war und sein Herz sie erkannt hatte, nein. Sie kam ihm bekannt vor, weil sie ein internationales Model war, die ungekrönte Königin der Regenbogenpresse, deren Foto er auf den ersten Seiten all dieser Zeitschriften im Supermarkt gesehen hatte. Und sie war eine verdammte Lügnerin.
Tyson hatte plötzlich das Bedürfnis, etwas zu zerschlagen. Wie war es nur möglich, dass er wieder auf eine Frau hereingefallen war?
Ohne ein Wort ging er um die Fotografen herum zum Hintereingang, wo die Kinder mit ihren Müttern auf ihren Auftritt warteten. Dieses Mal würde er sich nicht einfach schweigend zurückziehen und die nächsten Jahre mit dem Schmerz der tiefen Enttäuschung leben, den ihm eine Frau zugefügt hatte. Auf keinen Fall.
Miss
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