Julia Collection Band 61 (German Edition)
räusperte sich. „Nein, auf keinen Fall. Ich möchte sicher sein, dass es euch beiden gut geht. Ich …“
„Und ich bin altmodisch genug, dass ich meinem Kind einen Vater geben möchte“, unterbrach sie ihn. „Wann willst du es tun?“
„Was tun?“
„Heiraten.“
Nick war vollkommen durcheinander. Als er an ihre Tür geklopft hatte, hatte er eine solche Lösung noch nicht einmal erwogen. Und jetzt sollte er schon das Hochzeitsdatum festlegen. „So schnell wie möglich, glaube ich. Wo möchtest du denn heiraten? Hier oder in Boston?“
„Hier. Ich schäme mich vor meiner Mutter, und ich möchte nicht, dass irgendeiner aus meiner Familie vor der Eheschließung etwas von meiner Schwangerschaft erfährt. Es ist für alle Teile einfacher so.“
In Nicks Ohren klang es, als planten sie einen schmutzigen Deal, der möglichst geheim gehalten werden musste. Ihm war das plötzlich alles zu nüchtern. Andererseits war er es gewesen, der von einer Art geschäftsmäßiger Vereinbarung gesprochen hatte.
Er streckte die Hand nach ihr aus, aber Annie wandte ihm den Rücken zu. „Du solltest jetzt gehen“, sagte sie. „Über die Einzelheiten können wir uns später unterhalten.“
Nick war unsicher. Sehnte sie sich nicht doch nach einer Umarmung? Vielleicht hatte sie auch erwartet, dass sie das Eheversprechen mit einem Kuss besiegelten, so wie es in ihren Romanen immer geschah. Er hatte Angst, sie zu berühren, denn er wusste nicht, ob er seine Gefühle kontrollieren könnte, wenn sie in seinen Armen in Tränen ausbräche.
„Ich werde im Rathaus anrufen und einen Termin ausmachen“, sagte er. „Es wird alles gut, Annie. Das verspreche ich dir.“
Annie schaffte es, Haltung zu bewahren, bis Nick sich entfernt hatte, dann hastete sie die Stufen zum Strand hinunter, während ihr die Tränen über die Wangen liefen.
Sie hatte zwar nicht gewusst, welche Richtung das Gespräch nehmen würde, als er in der Morgendämmerung vor ihrer Tür aufgetaucht war, aber mit einem Heiratsantrag hatte sie ganz sicher nicht gerechnet. Wenn überhaupt, so hatte sie sich vorgestellt, dass er sie und das Kind finanziell unterstützen würde, allerdings nur, wenn sie keine weiteren Forderungen stellte und möglichst weit entfernt lebte.
Als er ihr dann anbot, sie zu heiraten, schien das plötzlich die beste Lösung zu sein. Sie hielten beide viel von einem intakten Familienleben und waren beide der Meinung, dass Kinder Vater und Mutter brauchten.
Bei ihrem Gespräch in der Sturmnacht über Christinas Wunsch nach einem Kind war eindeutig zu merken gewesen, dass auch Nick sich Kinder wünschte.
Aber wollte er auch eine neue Frau? Wollte er wirklich mit ihr als seiner Ehefrau leben?
Annie trat dicht an das Wasser und betrachtete den Himmel, der sich am Horizont golden färbte. Die atemberaubende Schönheit der Natur machte ihr das Herz nur noch schwerer.
Immer noch liefen ihr die Tränen über die Wangen, und sie fragte sich, warum das Leben so kompliziert sein musste. Warum hatten Nick und sie sich nicht einfach ineinander verliebt und dann geheiratet? Danach erst hätte ein Kind kommen sollen, und alles hätte seine Ordnung gehabt – wie im Märchen. Wütend wischte sie sich die Tränen ab.
Wach auf, Annie. Du bist doch kein Kind mehr. Das Leben ist kein Märchen. Und niemand hat dir versprochen, dass ausgerechnet dein Leben wie im Märchen ablaufen wird, rief sie sich zur Ordnung.
Sie hatte seinen Heiratsantrag angenommen, weil sie Angst davor hatte, ein uneheliches Kind zur Welt zu bringen. Wenn sie Nick heiratete, tat sie in den Augen der Gesellschaft das Richtige und konnte ihrer Familie erhobenen Hauptes gegenübertreten. Vielleicht würden sie letzten Endes gar keine schlechte Ehe führen.
Auch wenn er manchmal unleidlich war, sie respektierte Nick und hatte volles Vertrauen zu ihm. Er würde für sie und ihr Kind sorgen, auch wenn er sie, wie er mehr als klargemacht hatte, nicht liebte.
Er war ein Ehrenmann, man konnte sich auf ihn verlassen, und er war vermögend.
Anstatt Trost bei diesen Gedanken zu finden, wurde Annie erneut von einem Weinkrampf geschüttelt. Sie war dabei, einen Mann zu heiraten, der sie überhaupt nicht liebte, der sich nicht erlaubte, sie zu lieben. Und sie liebte ihn doch bereits.
Es könnte auch alles ganz anders kommen. Da Nick sie nicht liebte, konnte es durchaus sein, dass er vom Andenken an seine erste Frau und ihren unerfüllten Wünschen gequält wurde. Vielleicht würde er sich
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