Julia Collection Band 62
der Säuglingsschwester begrüßt, die gerade Schicht hatte. Es war nicht Terri, sondern eine andere, wunderbare Frau namens Barbara. „Ich hatte schon befürchtet, wir würden Sie heute nicht mehr hier sehen.“
„Befürchtet? Warum? Was ist passiert?“ Die panischen Fragen sprudelten innerhalb einer Sekunde aus ihr heraus.
„Hey, beruhigen Sie sich, Mädchen! Es geht ihr gut. Genau genommen, entwickelt sie sich prächtig. Ihre Mutter hat sie heute eine halbe Stunde auf dem Arm gehalten. Sie ist erst vor Kurzem gegangen.“
„Ich schätze, Sie haben zu viel zu tun, um die ganze Prozedur noch mal durchzuführen, richtig?“, murmelte Suzanne enttäuscht. Sie hatte das schon am Tag zuvor verpasst, als sie sich in Gegenwart ihrer Mutter einfach nicht entspannen konnte.
„Honey, nein, das sind ja die guten Neuigkeiten, die ich für Sie habe“, antwortete Barbara. „Und deshalb habe ich auch gehofft, dass Sie noch kommen. Wissen Sie, dass die Kleine in den letzten zehn Tagen hundertzehn Gramm dazugewonnen hat? Außerdem hat seit gestern ihre Atmung nur dreimal ausgesetzt.“
„Das ist ja großartig!“
„Dr. Lewis hat sie heute Nachmittag noch einmal untersucht und dabei festgestellt, dass ihr Fall so gut aussieht, dass er es ohne Nahrungsschlauch versuchen wollte. Sie hat seitdem zwei Flaschen von mir genommen, und ihr Saugreflex funktioniert ganz prima, und sie behält auch das meiste bei sich. Ich denke, er wird sie Montag oder Dienstag entlassen.“
„Oh mein Gott, sie hängt nicht mehr an den Schläuchen! Und ich habe das verpasst!“ Suzanne fühlte sich ganz zittrig.
„Aber Honey, das heißt, Sie können sie ohne die ganze Apparatur auf den Arm nehmen. Dr. Lewis sagt, sie kommt für kurze Perioden ohne Sauerstoffmaske und Alarmgerät aus. Sie muss sich jetzt sowieso daran gewöhnen. Wir können sie wie ein ganz normales Baby in eine Decke wickeln, und Sie können sie im Arm halten.“
„Kann … kann ich das wirklich?“, stammelte Suzanne überwältigt.
Mit etwas mehr als dreieinhalb Pfund war Alice immer noch unglaublich klein, und dabei hatte sie so sehr gekämpft, um ihr Geburtsgewicht zu verdoppeln und diese Größe zu erreichen. Das schwarze Haar, mit dem die meisten zu früh geborenen Babys zur Welt kamen, verschwand allmählich. In dem sanften Licht der Station glaubte Suzanne zu erkennen, dass sich stattdessen ein weicher Flaum goldener Härchen gebildet hatte.
„Ich weiß einfach, dass du eine Schönheit werden wirst“, flüsterte sie.
Meine Schönheit.
Nicht Moms kleiner Goldesel. Nicht Aragovias politisches Unterpfand. Und auch nicht Stephens verhätschelte Prinzessin.
Meine Schönheit. Mein Baby.
Sie küsste Alices kleines Köpfchen. Doch die Freude, die sie empfand, konnte sie nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Sicherheit und Hoffnung, die sie seit ihrer gestrigen Hochzeit gespürt hatte, nichts waren als eine Illusion. Eine Illusion, die Stephen vor einer Stunde in tausend Stücke gerissen hatte.
7. KAPITEL
„Könnte ich bitte die Frühgeborenen-Station haben“, sagte Stephen in den Hörer.
„Ich stelle Sie durch …“
Das Telefon läutete zweimal, dann meldete sich eine Frauenstimme.
„Hier spricht Stephen Serkin-Rimsky.“
„Ja, bitte?“
„Meine Cousine, Alice Rimsky, ist eine Patientin.“ Er fuhr sich ungeduldig mit den Fingern durchs Haar. „Ich wollte nur sichergehen, dass Suzanne vor einer Weile bei Ihnen eingetroffen ist.“
„Ja, sie ist hier. Sie hat das Baby gerade im Arm. Möchten Sie, dass sie ans Telefon kommt?“
„Nein, nein, vielen Dank. Ich wollte mich nur davon überzeugen, dass sie heil angekommen ist.“ Er hatte sich Sorgen gemacht, weil sie um diese Uhrzeit allein in der U-Bahn unterwegs gewesen war.
Nachdem er den Hörer aufgelegt hatte, fühlte er sich leer und einsam, und er hatte keine Idee, wie sein nächster Schachzug aussehen sollte.
„Schachzug?“, murmelte er laut. „Warum handle ich immer so strategisch? Wenn ich das nicht tun würde, hätte sie dann anders reagiert? Wie hätte ich diese ganze Situation anders regeln können?“
Es gab keine Möglichkeit. Selbst wenn er von Anfang an absolut aufrichtig gewesen wäre, sodass Suzanne ihm nicht hätte vorwerfen können, dass er sie benutzt, belogen und ihre Gefühle manipuliert hatte, was hätte es geändert? Nichts! Abgesehen von dem Umstand, dass sie wahrscheinlich niemals so weit gekommen wären. Sie hätte erst gar nicht eingewilligt, ihn zu heiraten, und
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