Julia Collection Band 62
aufräumen, sollen wir einen Kaffee trinken und dabei reden?“
„Sicher. Über die Scheidung?“
„Und auch über die Heirat. Lass uns unsere Geschichte abgleichen. Wie viel willst du meiner Mutter erzählen?“
„Das ist deine Entscheidung, Gray.“
„Ich würde es gerne einfach halten.“ Er füllte zwei Blechtassen mit Kaffee aus einer Thermoskanne und reichte ihr eine. „Lass uns sagen, du hättest in Las Vegas Probleme mit einem Vertrag, bei dem ich Zeuge war, gehabt, und jetzt gibt es ein paar legale Papiere, die ich unterschreiben muss, damit du aus der Situation herauskommst. Das … ist doch noch nicht einmal gelogen.“
Sie lachte. „Nein, nicht wirklich.“
„Also gut, ich gebe es zu.“ Er spreizte unschuldig seine von der Arbeit aufgerauten Hände und grinste sie an. „Es ist mir peinlich, meiner Mutter zu erzählen, dass ich mit einer Frau verheiratet bin, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, und das nur, weil sie mir leidtat.“
„Du wusstest nicht, dass es eine legale Hochzeit sein würde.“
„Unter den Umständen hätte ich es wahrscheinlich trotzdem gemacht.“
Sie hob zweifelnd die Augenbrauen. Sie glaubte ihm nicht ganz.
„Wie auch immer, ich bin dir dankbar. Ich werde nie vergessen, was für eine Erleichterung es bedeutete, diesen anderen Kerlen zu entkommen, als niemand außer dir bereit war, mehr als fünfhundert Dollar zu bieten.“
„Woher wusstest du, dass ich nicht genauso ein Mistkerl bin?“
Auf diese Frage hin verstummte sie, und ihre jadegrünen Augen wurden groß. „Ich …“, sie stoppte, lachte ihr hübsches, goldenes Lachen und fuhr fort, „Himmel, darüber habe ich gar nicht nachgedacht. Ich wusste es einfach.“
Sie schaute ihn an und zögerte. Gray begegnete ihrem Blick fest, aber unsicher. Er hatte keine Ahnung, was sie von dem hielt, was sie sah.
Er war ein einfacher Mann, groß, stark, doch ohne besondere Weltläufigkeit. Er trug sechseinhalb Tage die Woche Arbeitskleidung, und er hatte raue Hände wie zwei frisch gefällte Baumstämme. Ihn umgab keinerlei Glamour. Er konnte keinesfalls der Typ Mann sein, an den sie gewohnt war – so, wie dieser Kerl in Pennsylvania, der sie heiraten wollte.
„Ich schätze, weil du einfach nur ruhig dagesessen hast“, meinte sie schließlich.
„Ja, ich war nur für ein Bier hergekommen“, stimmte er zu, während ihn die Erinnerungen überkamen …
Er hatte die Reise nach Las Vegas aus Verzweiflung gemacht. Er wollte seinen älteren Halbbruder Mitch besuchen, der der einzige Mensch war, von dem er sich vorstellen konnte, dass er ihm Geld lieh, um mit der neu gekauften Ranch wieder auf die Beine zu kommen. Thurell Creek, seit dreißig Jahren im Besitz von Wylie Stannard, der das Ganze von Ron Thurells Vater in einer Wette gewonnen hatte, war heruntergekommen und vernachlässigt.
Wenn er etwas Kapital in dieses Land stecken könnte, wenn das Wetter mitspielte, wenn er nicht zu viele Kälber verlor, dann würde er Vieh zum Verkauf haben und finanziell vielleicht wieder auf die Beine kommen.
Warum hatte Dad im vergangenen Dezember plötzlich Thurell Creek kaufen müssen? Hatte er übersehen, wie sehr das ihren Geldfluss belasten würde? Hatte er einen Plan gehabt, wie er das Ganze bewältigen wollte?
Neun Monate später hatte Gray auf diese Fragen immer noch keine Antwort.
Denn tragischerweise war Frank McCall noch am selben Tag gestorben. Er und Wylie Stannard und der Rechtsanwalt Haydon Garrett hatten gerade den Kaufvertrag unterzeichnet. Auf dem Rückweg zur Ranch hatte Frank dann am Steuer seines Wagens einen tödlichen Herzinfarkt erlitten. Er hatte niemals über seine Absichten reden können.
Aber wenn Dad glaubte, dass wir es schaffen könnten, dann sollten wir auch dazu in der Lage sein. Gray hatte so in Las Vegas gedacht, und er tat es auch heute noch. Ist es mein Fehler? War er ein so viel besserer Rancher als ich? Wir hatten einen harten Winter. Wir haben mehr Vieh verloren, als wir gefürchtet hatten. Wir mussten den Generator ersetzen, und dann war da noch das Feuer in den Futtersilos. Doch Dad war derjenige, der mir beigebracht hat, dass man solche Unwägbarkeiten einkalkulieren muss. Warum hat er geglaubt, dass wir uns so übernehmen können?
Er hatte Mitch nichts von alledem gesagt, als er seine verzweifelte Bitte hervorbrachte. Es hätte das Ergebnis auch ohnehin nicht verändert. Mitch hatte sich geweigert zu helfen.
Was hätte Gray an diesem Punkt anderes tun können, als seine
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