Julia Collection Band 62
sich, also bin ich hineingegangen, um nach ihm zu sehen … na ja, ein Blick auf sein Gesicht hat genügt, um zu erkennen, was das Problem ist.“
„Tatsächlich?“
„Honey, er hat die Windpocken!“
4. KAPITEL
Jill und Gray fuhren einige Stunden später mit Sam zum Arzt nach Blue Rock. Es war ihnen gelungen, einen kurzfristigen Termin um elf Uhr zu bekommen.
Zu diesem Zeitpunkt war der Kleine schon so mit Pusteln übersät, dass Jill den Eindruck hatte, wenn sie ihn unverwandt anschaute, könnte sie die jeweils neuen gleich mitzählen. Sein Fieber war wieder auf über neununddreißig Grad gestiegen, er hatte Kopfschmerzen und fühlte sich unendlich schlapp. Er hatte weder Appetit noch Energie, und sie musste mit Engelszungen auf ihn einreden, um ihn in die Badewanne zu kriegen. Allerdings hatte sie die Angelegenheit zu Anfang selbst mit Skepsis betrachtet. Louise hatte die Beine einer ihrer alten Jogginghosen abgeschnitten und mit Haferflocken gefüllt.
„Quetsche sie ins Wasser“, wies sie Jill an. „Es sieht wie Milch aus, macht das Wasser weicher und lindert den Juckreiz.“
Es fühlte sich an, wie im Matsch zu spielen. Nach einer Weile war das Wasser cremig weiß. Jill sagte: „Ich habe noch nie davon gehört. Funktioniert das wirklich?“
„Und ob“, entgegnete Louise, die vom Türrahmen aus alles beobachtete. „Meine Jungen hatten beide die Windpocken in diesem Alter, und ihnen ist nicht eine einzige Narbe geblieben.“
„Ich schätze, meine Mutter wusste nichts von diesem Trick, denn ich habe einige“, meinte Jill.
„Aber nur an Stellen, an denen man sie nicht sieht“, äußerte Gray, der gerade hinter seiner Mutter auftauchte. Dann nahm sein Gesicht einen entsetzten Ausdruck an, als alle drei hörten, wonach diese Worte klangen. „Ich meine nicht, dass ich … Du hast keine Narbe im Gesicht, wollte ich sagen. Deine Haut ist … Eigentlich wollte ich nur Bescheid geben, dass ich fertig bin und wir in die Stadt fahren können, Jill.“
„Sicher. Ähm …“ Sie war noch erschrockener als er. Sie nickte energisch, stand auf, wandte sich um und stoppte wieder. „Sam ist …“
„Kein Grund zur Eile. Ich trinke noch eine Tasse Kaffee. Wir haben noch etwa eine halbe Stunde, bis wir wirklich losmüssen.“
„Okay.“
„Ich nehme deinen Wagen, Mom. Kommst du auch mit?“
„Nein, aber ich habe eine ganze Liste, was du mir besorgen kannst.“
Jill entspannte sich etwas bei diesen Worten. Wenigstens schien die Fahrt so nicht nur wegen Sam gemacht zu werden.
Es war jetzt zehn Uhr, vier Stunden seit Grays üppigem Morgengrauen-Frühstück, und er hatte seitdem ununterbrochen draußen gearbeitet. Sie hatte keine Ahnung, was er genau gemacht hatte. Mehrere Motorengeräusche und der Klang von Hämmern und Kettensägen waren zu hören gewesen.
Während Louise in die Küche ging, trat Gray an das Becken, um sich die Hände zu waschen. Wieder einmal brachte er das Flair von rauem, hartem Leben und Freiheit mit sich. Dieselbe Mischung, auf die sie schon gestern reagiert hatte.
Es war sexy . Es gab keine andere Möglichkeit, es zu beschreiben. Das Wissen, dass er körperlich gearbeitet hatte, war einfach verdammt sexy. Sie hatte so etwas zuvor noch nie erlebt.
Er spritzte sich Wasser ins Gesicht und trocknete sich grob mit einem Handtuch ab, dann begegnete er im Spiegel ihrem Blick und erstarrte. Die Anziehungskraft zwischen ihnen flackerte ohne Vorwarnung und absolut ungehemmt erneut auf.
„Ich gehe nach unten“, murmelte er rau, während er sich vom Spiegel abwandte. „Wir treffen uns dann im Hof.“
„Sicher.“ Sie nickte und musste nach seinem Abgang noch weitere fünf Minuten bewegungslos an ihrem Fleck verharren, ehe ihr Herz wieder normal schlug.
Die Elektrizität zwischen ihnen bestimmte ihre Gefühle auf dem Weg nach Blue Rock. Sam döste im Rücksitz vor sich hin, und sie wusste, dass sie ihn am besten in Ruhe ließ.
Gray bremste scharf, da ein Vogel mitten auf der Fahrbahn gelandet war. Er fluchte unterdrückt.
„Sind wir zu spät dran?“, fragte Jill.
„Nein.“
Er wollte nur ganz offensichtlich die Fahrt an sich nicht machen.
„Es ist mir furchtbar unangenehm, dass wir deine Zeit in Anspruch nehmen müssen, Gray.“
„Darum geht es nicht. Ich … ich habe nur gerade an meinen Dad gedacht.“
„Das tust du oft, richtig?“
„Die ganze Zeit, wie es scheint. Aber das reicht nicht. Es gibt Stunden, in denen ich so beschäftigt bin, dass ich gar nicht an ihn
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