Julia Collection Band 62
forderte Sam sie auf. „Es macht Spaß.“
Also folgte sie Gray, während sie noch auf einem Stück Kuchen herumkaute.
Himmel, bewegte der Mann sich gut! Schnell und sicher, obwohl das Terrain so felsig und er selbst so groß war. Jill musste sich abmühen, um mit ihm mithalten zu können, bis er das bemerkte und auf sie wartete.
Sie wollte nicht zu sehr über seine Wirkung auf sie nachdenken. Überhaupt, vielleicht lag es weniger an ihm als an diesem Land, das ihre Sinne heute so belebte. Die Frische der Luft und das Strahlen der Sonne machten sie schwindlig, dazu noch der Geruch von Wasser, Staub und Gras, das Zwitschern von Vögeln und der Wind, der durch die Blätter pfiff.
Es konnte nicht nur Gray sein. Oder war er so sehr ein Teil dieser Landschaft, dass sie die beiden Gefühle nicht voneinander trennen konnte?
„Warum hat Wylie Stannard die Ranch so herunterkommen lassen?“, fragte sie, weil sie eine Ablenkung brauchte.
„Er hat sich die letzten Jahre nicht mehr selbst darum gekümmert. Er wurde zu alt, und seine beiden Söhne sind zurück in den Osten gegangen. Sie hatten kein Interesse an der Ranch. Dann ist Wylie vor einiger Zeit zu dem Älteren der beiden gezogen und hat die Ranch verpachtet. Ich wünschte, er hätte sie an Dad verkauft, bevor wir das ganze Geld in das neue Haus gesteckt hatten. Wir hätten dann das Kapital gehabt, das wir brauchen. Und wir hätten auch nicht so viel Arbeit und Zeit hineinstecken müssen. Dennoch …“ Gray runzelte die Stirn, nahm mit einer frustrierten Bewegung den Hut vom Kopf, zerknautschte ihn in seinen Händen und setzte ihn dann wieder auf. „Es hat keinen Sinn, so zu denken.“
„Aber ihr habt doch erst vor wenigen Wochen Vieh verkauft, richtig? Wo ist denn das Geld hingegangen?“
„Das meiste haben wir für das Darlehen fürs nächste Jahr zurückgelegt und um die täglichen Kosten zu bestreiten“, erklärte Gray in seiner üblich sorgfältigen Art.
„Okay“, murmelte Jill. Seine Antwort tat ihr gut. Er sprach, als wenn es sehr wichtig wäre, dass sie verstand. Und das Gefühl, wie sehr ihn das alles schmerzen musste, war für sie wie ein Schlag in die Magengrube, sodass sich ihre Hände instinktiv auf diesen Teil ihres Körpers pressten.
„Da sind die Biester ja“, rief Gray. „Da drüben in diesem Pinienhain. Es wird nicht einfach werden, sie da rauszubekommen und in die andere Richtung zu treiben.“
Damit sollte er recht behalten.
Sie mühten sich ganze zwanzig Minuten, um die Kühe über das unwegsame Gelände zu manövrieren, nur um dann festzustellen, dass sich die Tiere in die komplett falsche Richtung bewegten. Jill war außer Atem und verschwitzt. Piniennadeln steckten in ihrem Shirt, über ihre Wange zog sich ein Kratzer, und in ihrem Kopf schwirrten mehr Flüche herum als jemals zuvor.
Gray war da weniger gehemmt. Die meisten seiner abgemilderten Schimpfworte mussten ihm im Stegreif eingefallen sein, doch sie waren ziemlich effektiv. Jill wusste, dass er sich der Originalversion bedient hätte, wenn sie nicht in Hörweite gewesen wäre. Diesbezüglich entpuppte er sich als echter Gentleman, und sie mochte das. Zu sehr.
Jill sank erschöpft auf ein Bett aus zimtfarbenen Piniennadeln und holte einmal tief Luft.
„Gray, ich hasse das zu sagen, aber deine fünfzigjährige Mutter und mein vierjähriger Sohn waren hierbei wesentlich besser als wir.“
„Meinst du?“
„Das haben wir doch gerade bewiesen, oder?“
Mit einem Stöhnen und einem Lachen rollte sie sich auf den Rücken und schaute durch die Zweige der Bäume auf den strahlend blauen Himmel. Die Pinien schaukelten im Wind, und die Nadeln, die ihr jetzt im Haar hingen, bildeten ein duftendes Kissen.
„Ich bevorzuge, es so zu betrachten, dass der Unterschied bei den Kühen liegt“, erklärte er feierlich.
Er ließ sich neben ihr nieder, fast genauso atemlos wie sie. Für einen längeren Augenblick lagen sie Seite an Seite und genossen die Ruhe des Waldes. Die Ärmel seines Hemds berührten ihren nackten Oberarm, gerade unterhalb ihres hellblauen T-Shirts.
„Das sind Jährlinge“, brach er die Stille. „Sie sind noch viel munterer und unberechenbarer als ältere Tiere.“
„Ich glaube nicht, dass ich auch nur noch einen Schritt tun kann.“
„Das wirst du müssen, Jill“, meinte er unbarmherzig.
Er war schon wieder aufgesprungen, griff nach ihrer Hand und zog sie auf die Füße. Sie bewegte sich verkrampft und schwankte gegen ihn. Eine Sekunde später
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