Julia Collection Band 62
vollkommen erstarrt, ihre Augen groß, der Mund offen. Weder Jill noch Gray hatten den geringsten Zweifel, dass sie alles gehört hatte.
Wie hätte sie es auch verhindern sollen?
Ich habe praktisch geschrien, realisierte Jill.
Aus dem Augenwinkel sah sie Pete, wie er barfuß mit Sam im Bach spielte. Wenigstens sie waren außer Hörweite.
Gray stöhnte, als er den Gesichtsausdruck seiner Mutter sah. „Es ist nicht wichtig, Mom, okay?“
„Nicht ‚wichtig‘?“
„Es ist nicht so, wie du denkst.“
„Du und Jill seid verheiratet! Sie ist deine Frau!“
„Nicht wirklich.“
„Sie hat es gerade eben erst gesagt, Gray!“
„Nun, ja, technisch betrachtet …“, begann Jill.
„Tatsache ist, dass wir auf dem Papier verheiratet sind“, unterbrach Gray sie. Er klang wie ein Rechtsanwalt, doch das änderte sich bald. „Mom, schau uns nicht so an! Da war diese Show in Las Vegas. Dieser Cinderella-Marathon-Wettbewerb. Du erinnerst dich daran, dass wir ihn ein paarmal im Fernsehen gesehen haben?“
„Du hast da mitgemacht?“
„Ich habe ein paar schmierige Typen ausgebootet. Ich hatte keine Ahnung, worum es ging. Ich dachte nicht, dass es eine echte Hochzeit wäre. Das habe ich erst danach herausgefunden. Jill erreichte mich nicht, um die Scheidung zu arrangieren. Du weißt doch noch, dass wir Probleme hatten, den Telefonanschluss in das alte Haus zu bekommen. Deshalb kam sie her. Um die Scheidung in die Wege zu leiten.“
„Ich wusste es! Ich wollte dich schon vor Tagen fragen. Ich wusste, da geht etwas vor sich. Dass ihr beiden euch mehr bedeutet, als …“
„Nichts geht vor sich, Mom!“
„Deiner Definition nach.“
„Nach jeder Definition! Wir werden uns so schnell wie möglich scheiden lassen. Da sind wir uns vollkommen einig.“
„Also gut …“ Louise schaute immer noch misstrauisch, und wenn sie den Kuss miterlebt hätte, wäre sie jetzt wohl nicht still gewesen.
Gray ignorierte das.
„Wir haben uns nur deshalb gestritten, weil Jill auf die blödsinnige Idee gekommen ist, sie würde es mir … uns schulden, sich kaputtzuarbeiten, während sie hier ist, was sehr süß von ihr ist.“
„Das ist es nicht. Ich bin niemals süß!“ Jills Augen sprühten Funken. „Aber ich bin so erzogen worden, meine Schulden zu bezahlen, und das werde ich auch tun!“
„Das muss sie nicht.“
„Ich habe recht, oder?“
Sie wandten sich nun beide an Louise, standen nebeneinander vor ihr und verlangten schreiend wie kleine Kinder ihr Urteil.
Louise musste unkontrolliert lachen. „Habt ihr zwei eigentlich eine Idee, wie verrückt das ist? Und wie ihr klingt?“
Gray und Jill warfen sich verlegene Blicke zu, in die sich immer noch Wut und Verlangen mischten.
„Ja, wie Kinder“, murmelte Gray.
„Das hier hat nichts mit mir zu tun“, fuhr Louise fort. „Jill, ich habe einem Gast noch nie mehr als ein Abtrockenhandtuch in die Hand gedrückt, aber ich respektiere dein Pflichtgefühl. Wenn du in die Arbeit auf der Ranch einbezogen werden möchtest, während du hier bist, dann tu das. Doch glaube bitte nicht, dass du in unserer Schuld stehst, egal, ob du nun ‚technisch‘ oder ‚temporär‘ oder in welcher Art auch immer Grays Frau bist.“
„Danke.“
Jill wusste, dass ihre Wangen glühten. Alle drei schwiegen einen Moment – ein unangenehmer Waffenstillstand.
„Kann ich nur etwas wissen? Warum möchtest du so dringend eine Scheidung?“ Louise warf die Frage in den Raum, gerade als Jills Spannung eben abebbte. Jetzt kam sie mit einem Mal wieder.
„Ich möchte frei sein, um einen anderen Mann zu heiraten.“ Es klang zu plump, geschäftsmäßig und hartherzig. Sie musste sich daran erinnern, dass sie das wirklich wollte.
Louise nickte langsam. Gray starrte in den Himmel, und Jill schluckte schwer. Diesmal brach niemand das Schweigen.
7. KAPITEL
„Louise, die Ärztin meint, ich sollte noch eine weitere Woche warten“, erklärte Jill widerstrebend drei Tage später der älteren Frau, als sie gerade das Frühstücksgeschirr wegräumten. Gray musste heute besonders früh aufgestanden sein, denn sie hatte ihn noch nicht gesehen.
Gestern Abend hatte Sam wieder Fieber gehabt, und sie machte sich ernsthafte Sorgen und hatte Gray dazu bewegt, mit ihr noch einmal nach Blue Rock zum Arzt zu fahren. Nur eine Erkältung, hatte Dr. Blankenship sie beruhigt, keine Komplikation der Windpocken. Hinzu kam noch eine Ohrinfektion, was Sinn machte, denn Sam hatte darüber geklagt, dass ihm die
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