Julia Collection Band 63
ohnehin auf rosa Wolken, da sie alle hofften, bei dieser Gelegenheit der großen Liebe ihres Lebens zu begegnen und vielleicht sogar zu heiraten. Lisette erzählte ihnen nur, dass sie aus Paris komme und dass dies die romantischste Stadt der Welt sei. Die Stadt der Liebe eben.
„Aber Bliss kommt noch vor Paris“, antworteten stets die Damen im Chor, bevor sie sich verabschiedeten und sich dem kalten Novemberwind aussetzten, der zu dieser Jahreszeit in Montana wehte.
Mona stand wartend an der Kellertür. „Sie müssen schon mit mir nach unten kommen. Das Ding ist ziemlich groß.“
„Also gut, es ist für heute sowieso bald Zeit, Schluss zu machen. Es ist schon nach fünfzehn Uhr.“ Sie sperrte die Eingangstür ab und hängte das Schild „geschlossen“ ins Fenster. Ihr Arbeitstag begann früh. Schon um vier Uhr morgens stand sie manchmal in der Backstube. Nur weil sie direkt über der Bäckerei wohnte, konnte sie diese ungewöhnlichen Zeiten überhaupt verkraften. Täglich gegen vierzehn Uhr kam ein Teenager und schaute nach ihren Töchtern. Währenddessen konnte Lisette in Ruhe ihre Arbeit für den nächsten Morgen vorbereiten. Sie war dankbar, dass alles so reibungslos lief. Und die freundliche, immer gut aufgelegte leicht rundliche Mona war ihr eine unersetzliche Hilfe.
Wenig später wusste sie, warum Mona den Big Cake nicht allein tragen konnte.
„Miss Ella, ich möchte nicht …“
„Setz dich hierher, Calder“, befahl die energische alte Dame, und ihm blieb nichts anderes übrig, als der Aufforderung zu folgen, wenn er nicht ganz und gar unhöflich sein wollte. Vorsichtig ließ er sich auf dem altersschwachen Sofa nieder und hoffte nur, dass es nicht unter ihm zusammenbrach, denn die Einrichtung stammte noch aus der Viktorianischen Zeit. Die mit rotem Plüsch bezogenen Sessel und Sofas, die bestickten Schondeckchen, der Nippes sowie die schweren Samtvorhänge würden heute hervorragend in ein Bordell passen, dachte er nicht ohne Zynismus und drehte nervös seinen Stetson in den Händen.
„Madam, ich habe gehört, dass Sie mich sprechen wollten“, begann er.
„Du warst jetzt sehr lange verreist, Calder.“ Ella hatte sich auch hingesetzt, ihm direkt gegenüber, und schaute ihn etwas missbilligend an. Louisa kam und stellte ihm eine Tasse Tee hin.
„Ich habe einen Schuss Whisky hineingetan“, raunte sie ihm zu. „Du siehst aus, als könntest du ihn brauchen.“
Die Frau ahnte ja nicht, wie recht sie hatte. Calder nahm einen großen Schluck des heißen Getränks, bevor Ella wieder seine Aufmerksamkeit forderte.
„Du hast sicher inzwischen gehört, dass Owen Chase geheiratet hat.“
„Ja, Madam.“ Calder Brown überspielte sein Entsetzen und tat so, als wäre das die beste Neuigkeit, die er seit Langem erfahren hatte. „Und er soll sehr glücklich sein.“
„Ja, das stimmt. Übrigens hat er seine Frau hier bei uns zum ersten Mal gesehen. Hier“, wiederholte sie noch einmal und musterte ihn dabei, als wollte sie sich vergewissern, dass er die verschlüsselte Botschaft auch verstanden habe. „In diesem Zimmer, auf diesem Sofa hat er mit seiner jetzigen Frau gesessen.“
„Ja, was soll ich dazu sagen?“ Sehnsüchtig blickte er sich nach der Whiskyflasche um, aber Louisa, die sich mittlerweile an seine Seite gesetzt hatte, machte keine Anstalten, seiner stummen Bitte nachzukommen.
„Wir hatten zwar ernsthafte Bedenken bei den beiden. Aber nach einer Woche waren sie sich einig, und am Dienstag haben sie geheiratet. Wir beide waren sogar die Trauzeugen.“
„Das muss ja aufsehenerregend gewesen sein“, murmelte Calder ziemlich frustriert. Sein Freund musste den Verstand verloren haben, oder aber die Bliss-Ladys hatten ihn einer Gehirnwäsche unterzogen. Dabei hatte er Owen immer für einen klar denkenden und zielbewussten Menschen gehalten.
„Ja, Cal, da hast du recht, und …“
Allmählich reichte es ihm. „Ich danke Ihnen für den Tee“, fiel er Miss Ella ins Wort und machte Anstalten aufzustehen, aber Miss Louisa legte ihre Hand auf seinen Arm.
„Calder, jetzt bist du an der Reihe.“
„Wie bitte?“ Am besten war, er stellte sich so dumm, dass die Schwestern die Lust daran verlieren würden, für ihn eine Frau zu suchen. Denn wer wollte schon einen Idioten heiraten?
„Ja, Cal, du stehst jetzt ganz oben auf unserer Liste, daher müssen wir unbedingt wissen, welche Frau du dir so vorstellst.“
Anscheinend war es ihm recht gut gelungen, ziemlich dumm
Weitere Kostenlose Bücher