Julia Collection Band 63
Calder wollte nicht hier hocken und telefonieren, er wollte seine Chance nutzen und vielleicht heute sein Glück machen. Vielleicht eine der schönen Frauen gewinnen. Denn die interessierten ihn weitaus mehr als die rollende Kugel beim Blackjack. Während er es sich dann auf seinem Bett bequem machte, hörte er zu, was sein Freund Gabe ihm zu berichteten hatte.
„Owen hat gestern geheiratet. Erst vor acht Tagen hatte Ella Bliss ihn und seine jetzige Frau zusammengeführt. Sie haben sich bei den Zwillingsschwestern zum Tee getroffen, und es hat zwischen den beiden sofort gefunkt. Jetzt bist du an der Reihe, also sei auf der Hut. Du wirst auch bald eine Einladung zum Tee bekommen.“
Calder Brown war der wohlhabendste Junggeselle in Bliss; aus gutem Grund war er bisher immer vor dem alljährlich stattfindenden Heiratsmarkt geflohen, denn es gab nur zwei Dinge, die er mehr fürchtete als die wohlmeinenden älteren Ladys, deren Lebensaufgabe es war, passende Partner miteinander bekannt zu machen, und die dafür eigens den Hearts Club gegründet hatten: das waren Giftschlangen und Ozeanflüge. Allein der Gedanke, bei den Bliss-Zwillingen auf dem altersschwachen Sofa zu sitzen und sich ihre Ratschläge anzuhören, bereitete ihm auf der Stelle heftige Kopfschmerzen. Am liebsten würde er sofort Las Vegas verlassen, das nächste Flugzeug nehmen und irgendwohin fliegen, nur nicht nach Hause.
„Cal?“
„Ja, ich bin noch dran.“ Wenn Gabe nur die geringste Ahnung hätte, was für eine Horrorvorstellung es für ihn war, Ella ausgeliefert zu sein, würde er vor Lachen von dem teuren Pferd fallen, das er ihm beim letzten Pokerspiel abgeluchst hatte. Wenn er ein echter Freund wäre, ließe er ihn in Ruhe. Aber er dachte gar nicht daran.
„Das Problem ist, dass deine Freunde hier eine deiner berühmt-berüchtigten Partys erwarten.“
„Dazu ist es ja wohl ein bisschen spät. Owen wird inzwischen auf Hochzeitsreise sein.“
„Noch nicht. Sie verreisen erst Weihnachten. Dann fliegen sie zu den Eltern der Braut. Momentan richten sie sich hier häuslich ein.“
„Wer ist die Braut?“ Calder versuchte Zeit zu gewinnen.
„Du kennst sie nicht. Aber sie sind wie füreinander bestimmt. Sie ist eine Reporterin aus New York und …“
„Unser berühmtes Kleeblatt war also wieder einmal erfolgreich“, unterbrach Calder ihn ungehalten.
„Ja, und du wirst der Nächste sein, wart’s ab.“ Gabe konnte nur mühsam ein Lachen unterdrücken.
„Keine Chance. Übrigens, ich bin immer noch im Urlaub.“
„Du bist doch jetzt schon einen ganzen Monat weg.“
„Ich bin sogar genau sechs Wochen und zwei Tage weg.“
„Was auch immer. Aber warum willst du bei der Junggesellenparty deines guten Freundes nicht dabei sein?“
„Warum? Vielleicht weil ihr Schlawiner mich zum Gastgeber auserkoren habt?“
„Natürlich, denn du organisierst die besten Partys in der Stadt.“
Das überhörte Calder lieber. „Ich kann es nicht fassen, dass Owen geheiratet hat“, murmelte er. „Ich hoffe, sie sieht wenigstens gut aus.“
„Ja doch, du wirst überrascht sein. Außerdem hat sie einen sehr guten Draht zu den Kindern. Darüber ist er ganz besonders glücklich.“
„Du bist aber auch alleinerziehender Vater und suchst nicht nach einer Frau.“
„Ich habe das einmal gemacht, und das reicht.“
Diese Antwort kannte Calder bereits, Gabe sagte das jedes Mal, wenn man ihn darauf ansprach. Deshalb hütete er sich, mehr dazu zu sagen, und fragte stattdessen: „Wie viel Uhr ist es jetzt bei euch?“
„Zehn Uhr morgens.“
„Also gut, ich nehme den nächsten Flug. Würdest du Grandpa Mac anrufen und ihm Bescheid sagen?“
„Klar doch, mach ich. Und was soll ich Owen ausrichten?“
„Er soll sich den Freitagabend freihalten. Ich hoffe doch, dass er sich für ein paar Stunden von seiner neuen Frau loseisen kann.“
„Geht alles in Ordnung, ich werde die Buschtrommel schlagen.“
„Also, Kumpel, bis dann!“, beendete Calder das Gespräch und goss sich einen doppelten Whisky ein. Aber nach dem ersten Schluck besann er sich anders, setzte das Glas wieder ab und bestellte sich eine große Kanne Kaffee und dazu ein gutes Frühstück. Er musste einen klaren Kopf haben, wenn er nach Hause kam. Hatte sein Vater ihn nicht schon als kleinen Jungen vor dem tüchtigen Zwillingspaar gewarnt?
Mona legte den Hörer auf und wandte sich an ihre Chefin, Lisette Lemieux Hart. Die junge Frau, eine Französin, hatte die Konditorei von Monas
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