Julia Exklusiv 0227
hatte.
„Laufen Sie vor etwas davon, Miss Dunstan?“ Er lächelte sie unbekümmert und etwas unverschämt an. Dann blickte er auf die Visitenkarte in seiner Hand. „Oder darf ich Sie Kate nennen?“
„Wenn Sie wollen.“ Sie sah demonstrativ auf die Uhr. „Obwohl ich nicht weiß, warum, denn wir werden uns wahrscheinlich sowieso nicht wiedersehen – es sei denn, Sie wollen irgendwann einmal eine Party von uns organisieren lassen. Selbst wenn Davina und Andrew sich versöhnen, werden sie uns nicht noch einmal beauftragen, eine Feier auszurichten.“
„Ich bin und bleibe Optimist – in jeder Hinsicht“, erwiderte er lächelnd. „Glauben Sie mir … Mrs Lassiter“, er sprach den Namen so langsam aus, dass es beinah spöttisch klang, „wenn ich mich entschließe, eine Party zu veranstalten, werden Sie es als Erste erfahren.“
Kate hatte plötzlich das Gefühl, ihr eigenes höfliches Lächeln würde auf den Lippen gefrieren und ihre Gesichtszüge zu einer Clownsmaske erstarren.
„Auf Wiedersehen, Mr Henderson“, verabschiedete sie sich ruhig und verschwand, ohne sich ein einziges Mal umzusehen.
In der Damentoilette, wo sie glücklicherweise ganz allein war, lehnte Kate sich sekundenlang an die Wand. Ärgerlich bemerkte sie, wie schnell ihr Atem ging. Hoffentlich habe ich mir einen einigermaßen guten Abgang verschafft, überlegte sie. Aber wahrscheinlich hatte Peter Henderson doch mitbekommen, was mit ihr los war.
Sie strich das Haar zurück, eigentlich eine unnötige Geste, dann erneuerte sie den Lippenstift, obwohl auch das nicht nötig war. Und schließlich wusch sie sich die Hände, was ihr wie eine symbolische Handlung vorkam. Plötzlich musste sie über sich lachen.
Gib es ruhig zu, du bist wirklich in Versuchung geraten, sagte sie belustigt, aber auch etwas schuldbewusst zu ihrem Spiegelbild. Ryan erwartete sie erst am nächsten Tag zurück, und Peter Henderson hatte sie ja nur zum Dinner eingeladen. Es hätte niemand erfahren, wenn sie die Einladung angenommen hätte, und es hätte auch niemandem geschadet. Ihre Ehe war völlig in Ordnung – oder vielleicht doch nicht?
Sie stellte sich Ryan so lebhaft vor, dass sie das Gefühl hatte, er würde neben ihr stehen, groß, athletisch und mit seinem markanten Gesicht, das sehr attraktiv wirkte. So intensiv war die Vorstellung, dass Kate sogar glaubte, den herben, männlichen Duft seines Aftershaves wahrzunehmen. Irgendwie kam ihr die Situation subtil sexy vor, und es überlief sie heiß und kalt.
Ryan trug verwaschene Jeans, die seine langen Beine und die schmalen Hüften betonten. Die obersten Knöpfe seines Hemds hatte er geöffnet und die Ärmel hochgekrempelt, sodass man seine muskulösen Arme bewundern konnte. Es war seine normale Freizeitkleidung, in der er so ganz anders aussah als in den eleganten Anzügen, die er in der ersten Zeit immer getragen hatte. Aber Ryan hatte sich nicht nur äußerlich verändert, was Kate mehr beunruhigte als alles andere.
Eine Strähne seines mittelbraunen Haars fiel ihm wie immer unordentlich in die Stirn, und mit seinen braunen Augen blickte er Kate forschend an. Sie vermisste das belustigte Lächeln, das so oft seine Lippen umspielte.
Ich werde von einem kühlen, erotisch-attraktiven Fremden, mit der Betonung auf kühl, beobachtet, dachte sie. Oder bildete sie es sich nur ein, weil sie Schuldgefühle hatte? Mit einem Achselzucken schob sie den Gedanken beiseite. Wie würde Ryan reagieren, wenn er jemals erführe, dass sie einen Moment lang versucht gewesen war, Peter Hendersons Einladung anzunehmen?
Kate schloss die Augen und verscheuchte Ryans Bild wieder. „Es ist Zeit, dass ich nach Hause fahre“, sagte sie laut zu sich.
Von dem öffentlichen Telefon im Foyer rief sie Ryan an. Offenbar arbeitete er und wollte nicht gestört werden, denn der Anrufbeantworter schaltete sich ein.
„Hallo, Liebling. Die Hochzeit findet nicht statt, deshalb mache ich mich jetzt auf den Heimweg. Lass uns doch heute zum Dinner ausgehen. Vielleicht kannst du uns einen Tisch bei Chez Berthe reservieren“, sprach sie auf das Band.
Dann erkundigte sie sich an der Rezeption, ob noch Probleme aufgetaucht seien.
„Es ist soweit alles in Ordnung“, versicherte ihr die junge Frau. „Nur schade, dass die Braut es sich anders überlegt hat. So etwas haben wir hier noch nicht erlebt.“
„Hoffentlich macht das Beispiel nicht Schule“, erwiderte Kate und wollte gehen.
„Einen Moment noch, Miss Dunstan“, hielt die
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