Julia Exklusiv 0227
Seine Miene wirkte verschlossen, und Kate konnte sich nicht vorstellen, was er bezweckte.
Weshalb braucht er noch mehr Freiraum, wir haben uns doch schon meilenweit voneinander entfernt? überlegte sie verzweifelt. Am liebsten hätte sie ihn gefragt, ob er allein fahren würde. Doch dazu hatte sie keinen Mut.
„Hast du deshalb so ein gutes Essen gekocht?“, fragte sie stattdessen betont lebhaft. „Um mich freundlich zu stimmen, ehe du mir unangenehme Wahrheiten an den Kopf wirfst?“
Wieder zuckte Ryan die Schultern. „Vielleicht mache ich mir Sorgen, weil du plötzlich so wenig Appetit hast.“
„Ach, das ist kein Grund zur Beunruhigung. Ryan … du erwähnst es doch Louise gegenüber nicht? Ich meine die Sache mit dem verheirateten Freund. Es wäre ihr sicher nicht recht, dass ich es dir erzählt habe.“
„Nein, ich sage nichts“, versprach er. „Bleib sitzen, ich hole den Kaffee.“
„Was für ein guter Service!“ Sie zauberte ein Lächeln auf die Lippen.
„Du solltest öfter wegfahren.“
„Vielleicht tue ich es auch“, antwortete er geheimnisvoll und verzog das Gesicht.
Kate sah hinter ihm her, wie er in die Küche ging. Das Herz war ihr schwer, und sie hatte das Gefühl, der Boden würde ihr unter den Füßen weggezogen.
Hatte Ryan sie gerade gewarnt? Wollte er ihr zu verstehen geben, dass ihre Ehe wirklich gescheitert war? Und dass es in seinem Leben eine andere Frau gab, die er liebte und mit der er zusammen sein wollte?
Sie atmete tief ein, um sich zu beruhigen. Was immer Ryan gemeint haben mochte, eines schien klar zu sein: Er hatte offenbar vor, zunächst einmal so weiterzuleben wie bisher.
Und das werde ich auch tun und wichtige Entscheidungen erst treffen, wenn die Zeit dafür gekommen ist, nahm sie sich vor. Dann stand sie auf und ging zum Telefon.
„Louise?“, fragte sie munter. „Wir kommen gern am Samstag zum Dinner. Wir freuen uns.“
Kate bürstete sich das lange Haar, bis es glänzte. Für die Dinnerparty hatte sie sich ganz besonders sorgfältig zurechtgemacht. Am Nachmittag war sie in einem Kosmetiksalon gewesen und hatte sich verschönern und mit duftenden Ölen massieren lassen.
Das hilft gegen Stress, sagte sie sich. Bestimmt war ihr in der letzten Zeit nur deshalb so oft übel, weil sie viel zu angespannt und nervös war. Auch an diesem Wochenende fühlte sie sich nicht ganz wohl. So konnte es einfach nicht weitergehen. Ich muss in jeder Hinsicht topfit sein, wenn ich Ryan überzeugen will, dass wir unsere Ehe retten müssen, dachte sie.
Nach der Konfrontation mit Penny Barnes hatte Kate versucht, sich einzureden, ihr Verdacht und ihre Ängste seien unbegründet und die Behauptung in dem anonymen Brief sei reine Erfindung einer neidischen, missgünstigen Person.
Oberflächlich betrachtet lebten sie und Ryan genauso weiter wie bisher. Sie wohnten unter einem Dach, schliefen im selben Bett und frühstückten zusammen. Abends beim Essen, das Kate jetzt immer selbst zubereitete, unterhielten sie sich über das, was sie tagsüber erlebt hatten.
Obwohl Ryan stets freundlich war und sich besorgt über ihre immer wiederkehrenden Anfälle von Übelkeit zeigte, war Kate sich bewusst, dass es keine Intimität mehr zwischen ihnen gab. Innerlich war er sehr weit weg von ihr. Über Gefühle wurde nicht mehr geredet, und ihr Lachen klang unecht.
Früher sind wir aufeinander zugegangen, aber jetzt schleichen wir wie auf Zehenspitzen umeinander herum und vermeiden es, bestimmte Themen anzuschneiden, überlegte sie.
Geht es etwa allen Ehepaaren so? fragte Kate sich schmerzerfüllt. Machte jeder die Erfahrung, dass die Begeisterung, mit der man sich einmal in die Arme gefallen war, verrauschte und die Beziehung sich abkühlte?
Sie war sich gar nicht sicher, ob sie völlig unbeschwert reagieren könnte, wenn Ryan sie eines Tages wieder an sich ziehen würde. Immerhin musste sie damit rechnen, dass ihr plötzlich übel wurde und sie zur Toilette rennen musste, während sie sich liebten. Und das war so ungefähr das Schlimmste, was sie sich vorstellen konnte.
Andererseits wollte Kate auch nicht einfach nur deshalb neben ihm im selben Bett schlafen, weil sie es gewöhnt war. Wenn wirklich alles nur noch Gewohnheit wäre, ließe sich der Riss zwischen ihnen nicht mehr kitten.
Aber sie begehrte Ryan immer noch. Sie wagte es jedoch nicht, es ihm zu zeigen, weil sie Angst hatte, er würde sie wieder zurückweisen.
Sie bereute jetzt, dass sie den anonymen Brief zerrissen und
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