Julia Exklusiv 0227
den Kopf und sah Randolfo an, der sie mit ausdrucksloser Miene beobachtete.
„Du kennst den Nachtrag, oder?“, fragte sie.
„Natürlich. Wie gesagt, ich war dabei, als er es diktiert hat.“
„Weshalb hast du es zugelassen?“ Sie schüttelte fassungslos den Kopf. „Du bist genauso verrückt wie er.“
„Nein. Ich habe nur den Wunsch eines einsamen alten Mannes respektiert.“
„Hier steht, ich müsste dich heiraten und ein Jahr in Chile leben, wenn ich etwas erben wolle.“ Julia war entsetzt über die Anmaßung ihres Vaters.
„Wäre das so schlimm?“, fragte Randolfo sanft und leicht spöttisch.
Er hatte Carlos gewähren lassen, um ihn glücklich zu machen und ihm nicht zu widersprechen. Der Arzt hatte Randolfo versichert, der ältere Mann könne noch viele Jahre leben. Außerdem hatte er Julia über die Krankheit ihres Vaters informiert und geglaubt, sie würde kommen, und Vater und Tochter würden sich versöhnen. Dann hätte Carlos sowieso ein neues Testament gemacht.
Aber Randolfo hatte sich getäuscht. Carlos war plötzlich gestorben. Und Randolfo hatte seine Meinung über Julia geändert. Zunächst war er der Meinung gewesen, sie verdiene es, zu erben. Doch offenbar war sie wirklich nur eine hartherzige und geldgierige Frau.
Sekundenlang blickte sie ihn mit ihren grünen Augen schweigend und hilflos an. Sie war nahe daran, seine Frage mit Nein zu beantworten, denn ihr kribbelte auf einmal die Haut, sosehr war sie sich Randolfos faszinierender Ausstrahlung bewusst. Ich muss mich zusammennehmen, mahnte sie sich, als sie merkte, in welche Richtung ihre Gedanken wanderten.
„Ich kann dich nicht heiraten und auch nicht ein Jahr lang hier bleiben, weil ich in England Verpflichtungen habe“, erklärte sie.
Randolfo musste lachen. Was für eine absurde Situation. Er hatte nie die Absicht gehabt, Julia zu heiraten, und schon überlegt, wie er sich einigermaßen geschickt aus der Affäre ziehen könnte. Dass Julia ihm zuvorgekommen war, störte ihn dennoch plötzlich sehr. „Du hast einen Freund, oder?“
„Nein, natürlich nicht. Ich muss mich um meine Mutter und das Geschäft kümmern. Es ist unmöglich, hier zu bleiben.“
„Nichts ist unmöglich.“ Er stand auf und ging langsam um den Schreibtisch herum. Dann setzte er sich vor Julia auf die Schreibtischkante. „Man muss es nur wollen.“
Seine Nähe irritierte sie. Sie versteifte sich und rückte etwas zur Seite, damit er sie nicht mit den Beinen berührte. „Das gilt sicher für dich. Aber für gewöhnliche Sterbliche gelten andere Regeln.“ Als es in seinen Augen belustigt aufblitzte, sprang Julia ärgerlich auf. Dieser verdammte Kerl! Er machte es schon wieder, er hielt das alles für einen großen Spaß. „Vielleicht ist es für dich sehr lustig, für mich jedoch nicht“, fuhr sie ihn an.
„Reg dich nicht auf.“ Randolfo hielt sie an den Handgelenken fest. Ich muss mir rasch etwas einfallen lassen, überlegte er. Sie wollte etwas von ihm. Es wäre interessant, herauszufinden, wie weit sie gehen würde, um ihr Ziel zu erreichen. „Nimm es nicht so schrecklich ernst. Mir ist klar, wie absurd die Bedingungen deines Vaters sind. Ich suche genauso wenig einen Ehepartner wie du.“
Sie hatte das Gefühl, ihre Haut würde da, wo er sie berührte, brennen. Seltsamerweise war sie leicht enttäuscht über seine Bemerkung. Warum eigentlich? Ich will Randolfo wirklich nicht heiraten, bekräftigte sie insgeheim und sah ihn an. Sein durchdringender Blick machte sie ganz nervös.
„Es ist mir rätselhaft, warum du keine Einwände erhoben hast“, stellte sie fest und schüttelte den Kopf. „Du hättest doch nichts davon, wenn du mich heiraten würdest.“
„Kannst du dir vorstellen, dass ich aus reiner Menschenfreundlichkeit oder Nächstenliebe gehandelt habe? Ich wollte Carlos glücklich machen. Und weil ich glaubte, er würde noch lange leben, und davon ausging, dass du nach meinem Anruf nach Chile kommen und dich mit deinem Vater versöhnen würdest, habe ich ihn gewähren lassen. Ich war mir sicher, der Zusatz würde sowieso nicht zum Tragen kommen.“
„Oh.“ Er ist wirklich arrogant genug, das zu glauben, dachte Julia. „Was machen wir jetzt?“
„Keine Sorge, mir fällt immer etwas ein, wenn es gilt, Probleme zu lösen“, antwortete er mit der für ihn typischen Arroganz, über die Julia sich schon die ganze Zeit ärgerte.
„Ah ja? Soll ich damit zufrieden sein, dass Ester alles erbt und ich nichts bekomme?“,
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