Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)
Anblick des hohen Glasbaus mit dem Logo der Harlow-Hotels doch den Atem.
Auch die moderne und luxuriös ausgestattete Empfangshalle beeindruckte sie, genau wie die Ehrerbietung, mit der die drei Angestellten am Empfang Ross grüßten.
In die Chefetage kam man nur mit einem eigens dafür bereitgestellten Fahrstuhl, der in einer kleineren Halle hielt, die mit dickem Teppich ausgelegt war. Hier war alles in Beige und Lachsrot gehalten. An den Wänden hingen Originale berühmter zeitgenössischer Maler.
Noch schöner als alle Bilder aber war die Frau, die am Schreibtisch saß. Kaum älter als Gina und mit glänzendem kastanienfarbenem Haar, wirkte sie ungemein elegant und weiblich. Als sie aufstand, kam ihre gute Figur in dem schwarzen Rock und der weißen Bluse hervorragend zur Geltung.
„Mit Ihnen habe ich heute nicht mehr gerechnet“, rief sie.
„Ich werde auch nicht lange bleiben“, sagte Ross. „Ich muss nur ein paar Kleinigkeiten erledigen.“
Nachdem er Gina seine Sekretärin vorgestellt hatte, führte er sie in sein Büro. Es war riesig mit einem Blick auf die Berge von Santa Monica. In der Mitte des Raums thronte ein Schreibtisch aus schwarzem Mahagoni. Im rechten Winkel dazu stand etwas entfernt ein passender Konferenztisch.
„Bitte setzen Sie sich doch“, sagte er und deutete auf eine Sitzecke mit großen bequemen Ledersesseln. „Es dauert nicht lange.“
„Alles mit einem Klick zur Hand“, sagte sie, als Ross seinen Computer anstellte. „Ich frage mich, wie die Menschen früher ohne diese Hilfe ausgekommen sind.“
„Da mussten sie sich noch mehr als heute auf eine gute Sekretärin verlassen. Penny ist unersetzlich.“
„Und sehr hübsch.“
„Stimmt.“ Dabei sah er nicht einmal auf. „Außerdem glücklich verheiratet. Falls Sie vorhatten zu fragen, ob ich …“
In diesem Moment klingelte sein Handy. „Harlow …“
Plötzlich wurde Ross’ Gesicht zu einer steinernen Maske. „Wir kommen sofort.“
Da war Gina auch schon aufgesprungen und bei ihm. „Was ist passiert?“
„Oliver. Er hatte eine Herzattacke.“
Auf dem Weg in die Klinik mussten sie sich durch den belebten Stadtverkehr kämpfen. Immer noch schockiert, kam Gina alles wie ein schlechter Traum vor. Natürlich, sie hatte mit ihrem Großvater bisher nur wenig Zeit verbracht, aber schlagartig wurde ihr bewusst, dass sie vielleicht gerade den einzigen Verwandten verlor, den sie noch hatte.
Auch wenn Ross die ganze Fahrt über schwieg, sprach sein versteinertes Gesicht Bände. Ohne Frage hing er sehr an dem Mann, der ihn als Sohn angenommen hatte.
Im Eiltempo liefen sie auf die Herzstation. Dort saß Elinor im Wartezimmer. Neben ihr stand eine Krankenschwester. Als sie den Kopf hob, ahnte Gina schon, was sie sagen würde. „Er ist tot.“
3. KAPITEL
Zur Beerdigung ihres Großvaters war die halbe Stadt gekommen – zumindest schien es Gina so. Blass, aber gefasst, nahm sie an der Trauerfeier teil und schüttelte anschließend unzählige Hände und nahm Beileidsbekundungen entgegen.
In stillschweigendem Einvernehmen war es für sie und die Harlows selbstverständlich gewesen, dass sie ihre Abreise verschob. Nach ihren Eltern hatte sie auch Barbara angerufen und ihr ohne große Erklärungen die Wahrheit gesagt.
Jetzt war das Haus immer noch voll mit geladenen und ungeladenen Trauergästen. Überall wurde gegessen, getrunken und über den Verstorbenen gesprochen. Über die Menge suchte Ross Ginas Blick und lächelte ihr mitfühlend zu. In den vergangenen Tagen war er für alle der Fels in der Brandung gewesen. Er hatte die Bestattung organisiert und alle seinem Adoptivvater nahe stehenden Menschen persönlich benachrichtigt. Nur seine Schwester hatte er lange nicht erreichen können. An ihrer Stelle hatte Gina die Aufgaben einer Tochter wahrgenommen und vor allem Elinor getröstet. Die Witwe ihres Großvaters brauchte momentan mehr denn je das Gespräch mit einer Vertrauten. Aber bisher hatte Roxanne es Gina wenig gedankt.
Gerade unterhielt sie sich angeregt mit Sam Walker. Von Trauer war ihr nichts anzumerken. Von ihrem Platz aus bewunderte Gina Roxannes gertenschlanke Figur in dem schwarzen Kostüm und das dunkle Haar, das so herrlich gegen das weiße Seidenshirt abstach. Zweifellos war Roxanne eine schöne Frau, auch wenn Gina der harte Zug um den Mund von Ross’ Schwester nicht gefiel.
Schon bei der ersten Begegnung hatte Olivers Stieftochter ihr durch Blicke unmissverständlich zu verstehen gegeben, was
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