Julia Exklusiv Band 238 (German Edition)
bezogen.“
Während er die Tasse an den Mund hob, nutzte Gina die Gelegenheit, ihn ungestört zu betrachten. Wie klar und schön sein Gesicht geschnitten war, wie männlich und entschlossen es wirkte.
„Wohnt Roxanne immer hier, wenn sie in Los Angeles ist?“, fragte sie, um sich abzulenken.
„Wenn es ihr in den Kram passt.“ Ross’ Stimme klang ungewöhnlich hart. „Roxanne tut immer nur das, was gut für Roxanne ist.“
„Das hört sich nicht sehr brüderlich an.“
„Geschwister passen nicht immer zusammen. Wir haben sehr unterschiedliche Vorstellungen vom Leben. Auch zwischen Ihnen und meiner Schwester gibt es keinerlei Gemeinsamkeit.“
„Wie meinen Sie das?“
„Sie haben Ideale, Roxanne nicht. Ich konnte bisher jedenfalls keine bei ihr entdecken.“
Müde stellte er die Tasse ab und stand auf. „Bitte entschuldigen Sie mich. Die Gäste gehen. Ich muss sie verabschieden.“
Trotz der Hitze ging Gina nach draußen auf die Terrasse, um für ein paar Minuten allein zu sein. An einem schattigen Plätzchen dachte sie darüber nach, was Ross über seine Schwester gesagt hatte. Trotz ihrer eigenen schlechten Erfahrungen mit Roxanne hätte sie nicht mit einem dermaßen kritischen Urteil ihres Bruders gerechnet. Er hatte ja fast verächtlich von seiner Schwester gesprochen. Irgendetwas musste zwischen den Geschwistern stehen. Aber sie würde es gewiss nicht mehr erfahren.
Beim Gedanken an den Abschied seufzte Gina. Ohne Frage würde er ihr schwerfallen. Das wusste sie, seitdem Ross sie vom Flughafen abgeholt hatte. Vom ersten Augenblick an. Nie hätte sie damit gerechnet, dass ihr so etwas passieren würde.
Und ausgerechnet der Mann, in den sie sich verguckt hatte, zeigte nicht das geringste Interesse an ihr. Immerhin lehnte er sie inzwischen nicht mehr ab. Auf mehr durfte sie nicht hoffen. Einem Vergleich mit den Frauen, die er kannte, hielt sie nicht stand.
Als sie ins Haus zurückging, hatte Elinor sich bereits zurückgezogen. Ross kümmerte sich um die letzten Gäste. Nur Roxanne schien auf Gina gewartet zu haben.
„Für Sie gibt es nun keinen Grund mehr, uns mit Ihrer Anwesenheit zu beehren“, schnaubte sie. „Warum buchen Sie nicht einfach den Rückflug?“
„Das werde ich. Gleich morgen früh.“ Trotz ihres Ärgers gelang es Gina, ruhig zu bleiben.
„Und warum nicht noch heute?“
„Weil ich zu müde dazu bin.“
Hart und gemein sah Roxanne sie an. „Sie hoffen wohl, dass meine Mutter sie anfleht zu bleiben.“ Ihre Augen blitzten böse. „Glauben Sie denn, ich bin blind? Ich merke sehr wohl, wie Sie an ihr kleben.“
„Ich habe mich bemüht, Elinor zu geben, was eigentlich Ihre Pflicht gewesen wäre.“ Immer noch versuchte Gina höflich zu bleiben. „Trost und Zuspruch.“
„Ich mag es nicht, wenn mir jemand sagt, was ich zu tun habe“, zischte Roxanne.
„Schade. Sie könnten es gebrauchen.“
Plötzlich stand Ross neben ihnen. „Was geht hier vor?“ Fragend schaute er von einer zur anderen.
„Ich habe ihr nur gesagt, dass sie jetzt getrost nach Hause fliegen kann“, sagte Roxanne.
„Das ist allein Ginas Angelegenheit.“ Seine Stimme klang gelassen. „Jedenfalls hat sie mehr Recht, in diesem Haus zu bleiben, als du und ich.“
„So ein Quatsch!“
Bevor Ross antworten konnte, mischte Gina sich ein. „Egal, was ich für Rechte habe oder nicht, ich gehe jetzt nach oben und ziehe mir etwas Bequemeres an.“
„Gute Idee.“ Er lächelte sie an und schaute sich um. „Hier ist viel zu viel Schwarz für Olivers Geschmack versammelt. Er war ein lebenslustiger Ire. Und wir sehen alle aus wie die Krähen.“ Erst dann wandte er sich an seine Schwester. „Hast du denn vor zu bleiben?“
„Ich habe jedenfalls nicht vor zu gehen, bevor ich nicht weiß, wie ich dastehe“, antwortete Roxanne.
„Wie kommt es nur, dass ich ganz anders darüber denke?“, entgegnete ihr Bruder.
Gina ließ die beiden allein und verschwand auf ihr Zimmer. Woher die Feindseligkeit zwischen den Geschwistern herrührte, wusste sie nicht, und sie wollte nicht Zeugin eines Streits werden.
Doch Roxannes Verhalten bedrückte sie, und sie brauchte eine Weile, bis sie sich wieder gesammelt hatte. Sicher war der Tag für alle anstrengend gewesen. Wie mochte es erst Elinor gehen?
Auch von ihr würde Gina der Abschied schwerfallen. In den letzten Tagen waren sie sich sehr nahe gekommen. Ob Elinor sich zusammengerissen hatte, um keine Bemerkung über die Abwesenheit ihrer Tochter zu
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