Julia Extra 0353
Suite angekommen war, schlug sie die Tür hinter sich zu, lief zum Nachttisch und zog ihr Handy heraus. Kein Anruf, keine SMS. Kein Wort von Emmeline.
Die letzte Nachricht war schon Stunden her. Wo steckte die Prinzessin bloß?
Hannah versuchte, sich zu beruhigen. Vielleicht saß die Prinzessin gerade in einem Flugzeug, das sie nach Raguva brachte.
Immerhin ein Hoffnungsschimmer. Womöglich war Emmeline so schnell aufgebrochen, dass sie vergessen hatte, Hannah eine Nachricht zu senden.
Sie hatte sich beinahe mit dem Gedanken getröstet, als das Handy klingelte: Emmeline.
Schnell nahm sie das Gespräch entgegen. „Bist du angekommen?“, fragte sie hoffnungsvoll.
„Nein, ich bin noch in Florida. Ich habe Schwierigkeiten, einen Flug zu bekommen.“
„Konntest du die Dinge ins Reine bringen?“
„N…nein.“ Ihre Stimme zitterte.
„Alles in Ordnung?“
„Es läuft nicht ganz wie erwartet.“ Die Prinzessin klang so, als sei sie den Tränen nahe, dann fasste sie sich wieder. „Wie läuft es mit Zale? Ist er so kalt wie immer?“
Hannah errötete. „Kalt finde ich ihn nicht gerade …“
„Aber ziemlich hartherzig, oder? Ich glaube, er mag mich nicht besonders.“
„Immerhin will er dich heiraten.“
„Für fünf Millionen Euro!“
„Wie bitte?“
„Es handelt sich um eine arrangierte Ehe. Was hattest du erwartet?“
Hannah dachte an Zales schönes Gesicht, die intelligenten Augen und den durchtrainierten Körper. Er war einfach umwerfend. Wie konnte Emmeline nichts für ihn empfinden? „Vielleicht verliebst du dich ja doch noch in ihn, wenn du erst einmal ein paar Tage mit ihm verbringst.“
„Hoffentlich nicht. Das würde alles nur noch komplizierter machen …“ Emmeline beendet den Satz nicht, sondern redete mit einem Mann, der im gleichen Zimmer war wie sie. Dann sprach sie wieder ins Telefon. „Ich habe gute Neuigkeiten. Ein Freund leiht mir seinen Privatjet, sodass ich morgen in Raguva sein kann. Sobald ich gelandet bin, schicke ich dir eine SMS. Wenn alles gut läuft, wird bis dahin niemand unser Spiel durchschauen.“
Wenn alles gut läuft, dachte Hannah und legte auf. Das Herz war ihr seltsam schwer.
2. KAPITEL
Hannah redete sich ein, froh zu sein, dass die alberne Maskerade am nächsten Morgen ein Ende haben würde und sie endlich abreisen könnte. Aber tief in ihrem Inneren war sie enttäuscht. Zale faszinierte sie.
Im Ankleidezimmer frischte sie ihr Make-up auf und rückte das Diadem zurecht. Dann ließ sie sich von einer der Hofdamen durch endlos erscheinende Flure und Säle in den großen Speisesaal führen.
Bei jedem Schritt raschelte ihr üppiger Rock. Als sie den Empire-Saal durchquerten, sah sich Hannah in dem großen Spiegel über dem marmornen Kamin.
Ihr Spiegelbild überraschte sie. War sie das wirklich? So elegant? Schillernd? Schön?
Sie traute ihren Augen kaum. Schön hatte sie sich eigentlich nie gefunden. Intelligent vielleicht. Fleißig auf jeden Fall. Aber ihr Vater hatte Schönheit nie einen Wert beigemessen und sie nie dazu ermuntert, sich hübsch zurechtzumachen. Doch in diesem Moment wollte sie nichts anderes sein als die schöne Frau im Spiegel.
Wie wäre es wohl, tatsächlich eine Prinzessin zu sein?
Würde sich ihr Leben ändern?
Die Hofdame blieb vor der imposanten Doppeltür stehen, die in den großen Speisesaal führte. „Wir werden hier auf Seine Majestät warten“, sagte sie.
Hannah freute sich schon auf das Wiedersehen. Dabei hätte sie so eigentlich nicht empfinden dürfen.
Plötzlich stand König Patek vor ihr, und die Luft schien elektrisch aufgeladen.
Hannah stockte der Atem. Nie zuvor hatte sie einen so starken und selbstbewussten Mann getroffen. Sie hob den Kopf und sah ihm in die bernsteinfarbenen Augen.
„Du siehst bezaubernd aus“, sagte er.
Sie neigte den Kopf. „Du ebenfalls.“
„Ich sehe bezaubernd aus?“
„Stattlich“, korrigierte sie sich selbst und errötete. „Königlich.“
Er hob eine Augenbraue, aber da in diesem Augenblick die Tür zum großen Speisesaal geöffnet wurde, blieb Hannah eine weitere Erklärung erspart.
„Oh!“ Hannah war vom Anblick der mittelalterlichen Pracht des riesigen Speisesaals überwältigt. Elfenbeinfarbene Kerzen steckten in Wandhalterungen, und kostbare silberne Kerzenleuchter waren in regelmäßigen Abständen auf der langen Tafel platziert. Links und rechts des Saals befanden sich steinerne Kamine, und prachtvolle Gobelins bedeckten die Wände. Die hohe, dunkle
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