Julia Extra 0353
dem großzügigen Farmhaus am Rande des Dorfes leben. Er stellte sich vor, wie sie glücklich und verliebt nach den Flitterwochen nach Hause zurückgekehrt wären und er sie über die Schwelle getragen hätte.
„Dort wären wir vollkommen ungestört“, fügte er hinzu. Das Haus wäre bis zum frühen Abend vollkommen leer. Genügend Zeit, Jennie alles zu erzählen.
Sie biss sich auf die Lippen. „Okay“, willigte sie schließlich ein.
Alex nickte erleichtert, betete aber insgeheim zum Himmel, dass sie nicht doch noch in letzter Minute wieder davonlaufen würde.
Die schwachen Strahlen der Wintersonne erhellten den grauen Himmel nur wenig. Die letzte Nacht war sternenklar gewesen, und jetzt lag feiner Frost auf den Feldern und Hecken. Jennie saß stumm neben Alex, während sie über die verlassenen Straßen zu dem kleinen Dorf Elmhurst fuhren.
Jennie war schon oft in Alex’ Haus gewesen. Sie liebte die hügelige Landschaft mit den vielen kleinen Bauernhäusern. Aber diesmal war alles anders. Sie waren nicht mehr verliebt, die Leichtigkeit der ersten Zeit war einer drückenden Schwere gewichen. Schon allein das Haus zu betreten würde sie daran erinnern, was alles hätte sein können, aber eben doch nicht war.
Ob ihr Bademantel noch an der Badezimmertür hing und ihre Zahnbürste noch neben der von Alex stand? Ihre Hochzeit lag nun über einen Monat zurück, doch sie hatte in seinem Leben bisher gar keinen Platz eingenommen.
Jennie versuchte, mit ihren widerstreitenden Gefühlen ins Reine zu kommen. Inzwischen wusste sie, dass Alex nicht anders hatte handeln können, als zu Becky zu fahren. Aber wie sollte sie sich verhalten, wenn es wieder einen solchen Zwischenfall gab? Nicht ausgelöst durch eine sterbende Ehefrau, sondern durch etwas anderes, was ihm wichtiger war als sie.
Jennie war sich nicht sicher, ob sie in ihrer Ehe immer nur die zweite Geige spielen würde, weil ihrem Mann andere Dinge wichtiger waren. Nein, wenn sie sich wirklich dazu entscheiden sollten, es noch einmal miteinander zu versuchen, mussten sie sich darauf einigen, dass die Beziehung für beide an erster Stelle stand. Mit einem Kompromiss würde sie sich nicht zufriedengeben.
Nach etwa vierzig Minuten bogen sie in die Einfahrt seines Gutshauses ein. Es war ein großes zweistöckiges Gebäude aus rotem Mauerwerk mit doppelglasigen Schiebefenstern.
Jennie hatte ein dunkles Haus erwartet, doch in der Küche brannte Licht, und vor dem Haus parkte ein Auto, das sie noch nie gesehen hatte. Alex stellte seinen Wagen direkt daneben und zog die Handbremse an. Jennie wollte gerade aussteigen, als er ihr die Hand auf den Arm legte.
„Bevor wir hineingehen …“
Ihr Herz begann wie wild zu pochen. Die Art, wie er sie ansah, machte sie nervös. Zweifel und Unsicherheit lagen in seinen Augen, was völlig untypisch für ihn war.
„Was ist los?“, fragte sie leise.
Er sah zum Haus hinüber. „Ich hatte gedacht, dass sie nicht da wären, aber wahrscheinlich ist etwas dazwischengekommen. Ich … ich habe nämlich momentan Besuch von einer … Verwandten.“
„Oh.“ Jennie runzelte verwirrt die Stirn. Alex hatte gesagt, dass sie ungestört sein würden und viel Zeit hätten. Und jetzt sollten sie plötzlich auf eine Verwandte Rücksicht nehmen? Dann hätten sie genauso gut im Hotel bleiben können. Doch bevor sie ihren Einwand vorbringen konnte, war er bereits ausgestiegen und ums Auto herumgelaufen, um ihr die Tür aufzuhalten.
Ihr Mann mochte in vielerlei Hinsicht ein Rätsel sein, doch mangelnde Umgangsformen konnte man ihm nicht vorwerfen.
Mit einer fließenden Bewegung stieg sie aus dem Wagen und bedankte sich kopfnickend, bevor sie ihm zum Haus folgte. Ein herrlicher Duft erfüllte die Räume, als sie durch die Tür traten. Wunderbare Aromen von Zimt, Butter und Toffees wehten aus der Küche herüber. Es gab ein paar neue Kleiderhaken im Eingangsbereich, und von Ferne erklang Popmusik aus dem Radio.
„Ich werde dich schnell vorstellen, und dann können wir reden“, erklärte Alex mit ernster Miene.
Jennie nickte. Ihr war alles recht, wenn sie nur bald ungestört wären. Sie war es leid, noch länger zu warten und mit immer neuen Hindernissen konfrontiert zu werden.
Alex führte sie in die Küche, wo eine Frau, vielleicht ein wenig jünger als Jennie, gerade ein Blech mit wunderbar duftenden Muffins aus dem Ofen zog. Ihr dunkles Haar war kurz geschnitten, und als sie Alex begrüßte, leuchteten ihre Augen warm auf. Ein Anflug
Weitere Kostenlose Bücher