Julia Extra 0353
Pferdeschwanz zusammen.
Vorsichtig öffnete sie die Tür zum Wohnzimmer und spähte hinein. Das silbrige Winterlicht ließ den Raum sehr kühl erscheinen. Als sie Alex nicht sah, kam ihr der Gedanke, dass er es ihr nun heimzahlen wollte und ebenfalls abgereist war. Doch dann erblickte sie ihn auf dem kurzen Sofa, wo er in ziemlich unbequemer Position eingeschlafen war.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, ging sie einige Schritte ins Zimmer hinein. In diesem Moment öffnete Alex die Augen. Während andere Menschen Zeit zum Aufwachen brauchten, war er sofort präsent. Abrupt stand er auf und fuhr sich durchs Haar.
„Guten Morgen“, sagte sie mit dem Anflug eines Lächelns. „Hast du gut geschlafen?“
„Es geht“, erwiderte er einsilbig.
Sie spürte ihre Nervosität. Wie sollte es jetzt mit ihnen weitergehen?
In gewisser Weise war es, als stünde sie vor einem Fremden, obwohl es doch immer noch der Mann war, den sie geheiratet hatte. Das Wissen um seine Vergangenheit verunsicherte sie jedoch.
Alex wollte gerade etwas sagen, als es an der Tür klopfte.
„Herein!“, rief er, als schiene ihn die Unterbrechung nicht zu stören.
Marion steckte den Kopf zur Tür herein und sagte in entschuldigendem Ton: „Ich wollte euch nur sagen, dass wir uns alle um halb elf unten zum Brunch treffen.“
Jennie und Alex warfen sich einen Blick zu.
„Danke, dass Sie uns Bescheid sagen, Marion“, erklärte er, ohne Jennie aus den Augen zu lassen. „Aber ich glaube, wir würden ein privates Frühstück vorziehen.“ Marions Lächeln verwandelte sich zu einem Strahlen. „Wunderbar. Dann also bis später!“ Ohne sich zu verabschieden, ließ sie die Tür ins Schloss fallen.
„Hast du etwas dagegen, wenn ich kurz duschen gehe?“, fragte Alex.
„Nein, natürlich nicht“, erwiderte sie schnell, obwohl die Vorstellung seines nackten Körpers unter der Dusche sie mehr beschäftigte, als ihr lieb war.
Er griff nach seiner kleinen Reisetasche und verschwand ins Badezimmer. Als er wenig später herauskam, sah er umwerfend aus. Distanziert und ohne sie anzusehen, nahm er seine Armbanduhr vom Sideboard und band sie um.
Verstohlen sah Jennie auf ihre eigene Uhr. Es war kurz vor neun. Hoffentlich brauchten die anderen Gäste noch eine Weile, um ihren Rausch auszuschlafen, damit sie und Alex ungestört miteinander reden konnten. Bangen Herzens fragte sie sich, welche Mitteilungen er ihr noch zu machen hatte.
Okay, inzwischen wusste sie, warum er zu Becky hatte fahren müssen, und konnte es auch akzeptieren. Aber ihr war immer noch nicht klar, warum er eine ganze Woche in London geblieben war. Sie hatte das unangenehme Gefühl, dass noch eine Enthüllung auf sie wartete, die ihr ganz und gar nicht gefallen würde.
Aber darum ging es auch gar nicht. Wenn ihre Ehe noch eine Chance haben sollte, mussten sie schonungslos ehrlich miteinander sein. Alles hing davon ab. Plötzlich konnte Jennie es kaum erwarten, Alex anzuhören. Lange genug gewartet hatte sie schließlich bereits.
Auf dem Weg hinunter in den Frühstücksraum wurden jedoch all ihre Hoffnungen auf ein ruhiges Tête-à-Tête bei Kaffee und Croissants zunichtegemacht, als Tante Barbara plötzlich vor ihnen auftauchte.
Es blieb keine Zeit zum Ausweichen, und ehe Jennie sich’s versah, spürte sie einen von Make-up getränkten Kuss auf der Wange. Doch die Tortur war nicht von langer Dauer, denn ihre Tante war wesentlich mehr an dem Mann an Jennies Seite interessiert.
Sie klapperte mit den Wimpern und sah Alex mit großen Augen an: „Ich fürchte, wir hatten noch nicht das Vergnügen, Mr …“
„Dangerfield“, erwiderte Alex etwas ungeduldig, ohne ihr die Hand entgegenzuhalten.
„Nun, Mr Dangerfield, es ist schön, überhaupt einen Freund von Jennie kennenzulernen.“ Plötzlich erinnerte sie sich an Jennies Anwesenheit und wandte sich ihr zu. „Vielen Dank, meine Liebe, dass du mir gestern dein Zimmer überlassen hast. Das war sehr nett von dir.“ Leise fügte sie hinzu: „Diese Arthritis setzt mich manchmal ganz plötzlich außer Gefecht.“
Jennie hätte am liebsten laut gelacht. „Kein Problem“, sagte sie beruhigend.
Aber so leicht ließ ihre Tante sich nicht abschütteln. „Warum frühstücken wir nicht zusammen?“, schlug sie vor. „Dann kannst du mir erzählen, wie die Party gestern gelaufen ist und in welcher Klemme du gerade wieder steckst.“
Jennies Lächeln gefror.
„Tolle Idee, Tante Barbara, aber ich fürchte, Mr Dangerfield und ich
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