Julia Extra 0353
löste sich der Druck in seinem Magen, und eine unglaubliche Wärme durchströmte ihn. Intuitiv zog er Jennie an sich und küsste sie. Er vergaß vollständig, wo sie sich befanden und wie viele Augenpaare vielleicht auf sie gerichtet waren. Genau wie an dem Abend, als sie sich das erste Mal begegnet waren.
Sie zog schließlich ihren Kopf weg und wurde ganz rot. „Alex … nicht hier vor allen Leuten.“
„Das ist mir egal“, erwiderte er und sah ihr tief in die Augen.
Er kam sich vor wie ein Sünder, der gerade der Hölle entronnen war und sich völlig unerwartet im Paradies wiederfand. Er wollte sie erneut küssen, doch sie hob die Hand.
„Wir müssen reden.“
Alex nickte, obwohl es ihm unendlich schwer fiel, ihrer Anziehung zu widerstehen.
Er gab der Kellnerin ein Zeichen und bestellte sich ebenfalls einen Kaffee.
„Ich habe nachgedacht“, begann sie. „Ich verstehe nicht viel von Kindern und würde mir nicht erlauben, dir etwas vorzuschreiben, was Mollie betrifft. Ich möchte auf gar keinen Fall, dass durch meine Anwesenheit ihr Leben noch erschwert wird. Sie hat schon genug durchgemacht.“
„Das verstehe ich. Aber was ist die Alternative? Ich kann ja nicht so tun, als gäbe es dich nicht, und unsere Heirat verschweigen.“
Jennie sah ihn nachdenklich an. „Vielleicht sollte ich vorerst nicht bei euch bleiben“, schlug sie vor. „Jedenfalls so lange, bis sie sich bei dir eingelebt hat.“
Alex ergriff ihre linke Hand und küsste sie, wobei sein Mund den Ring berührte. Er liebte sie für diesen Vorschlag, doch es wäre keine Lösung.
„Nein, das möchte ich nicht. Wir sind jetzt eine Familie und müssen zusammenhalten.“ Sie legte ihre Hand auf seine und drückte sie. Mit Jennie an seiner Seite würde alles einfacher sein.
„Es ist besser, wenn wir uns der neuen Situation sofort stellen“, fuhr er fort. Nicht zuletzt von Jennie hatte er gelernt, dass es zwecklos war, vor Beziehungen davonzulaufen.
„Ich habe eine Idee. Einen Kompromiss sozusagen“, sagte sie plötzlich.
„Einen Kompromiss?“
Jennie nickte entschlossen. „Ich könnte heute zurück nach London fahren und ein oder zwei Tage dort bleiben. Dann kann ich meine Sachen holen und mit meiner Familie sprechen. Du könntest in der Zwischenzeit Mollie alles über mich erzählen. Dann weiß sie Bescheid, wenn ich wieder da bin.“
Alex dachte über ihren Vorschlag nach. Obwohl er sich nichts sehnlicher wünschte, als heute Nacht neben ihr im Bett zu liegen, musste er zugeben, dass der Vorschlag ziemlich vernünftig klang.
„Komm mit mir zurück, und bleib zum Lunch“, entgegnete er. „Bleib noch den Nachmittag, und dann fahre ich dich nach London. Auf die Weise kannst du Mollie schon mal ein bisschen kennenlernen.“
Zwei Tage später hatte Jennie all ihre Sachen in vier Koffern und zwei Kleidersäcken verstaut. Bewaffnet mit vielen guten Ratschlägen von Marion, war sie bereit, in ihr neues Leben zu starten. Sehnsüchtig hatte sie Alex erwartet. Jetzt war er da und half ihr, das Gepäck im Auto zu verstauen.
Während der Fahrt lehnte sie sich in ihrem Sitz zurück und schloss die Augen. Geschickt manövrierte Alex den Wagen durch den Londoner Verkehr, bis die Metropole schließlich hinter ihnen lag.
Erst als sie auf der Landstraße waren, ergriff Alex das Wort. „Ich bin auf Mollies Geburtsurkunde als ihr Vater eingetragen.“
Sie warf ihm einen Blick zu. „Das ging schnell!“
„Ich bekam auf der Fahrt zu dir einen Anruf“, erklärte er. „Aber ich bin nicht sicher, ob das etwas ändern wird.“
„Aber es muss doch eine Erleichterung für dich sein. Oder glaubst du, dass Becky gelogen haben könnte?“
Er nickte. „Ich werde auf jeden Fall den DNA-Test machen. Dann haben wir bald Sicherheit und müssen uns nicht mehr den Kopf zerbrechen.“
Jennie wollte gerade entgegnen, dass es ihr nichts ausmachen würde, noch eine Weile zu warten. Aber dann erkannte sie, dass sich das „wir“ gar nicht auf sie und ihn bezog. Alex hatte von sich und seiner Tochter gesprochen.
In den letzten Tagen hatten sie am Telefon oft über Mollie gesprochen, und auch das war neu für sie. Insgeheim fragte Jennie sich, ob ihre Liebe unter diesen Umständen nicht zu kurz kommen würde. Sich jeden Tag zu sehen und den Alltag zu teilen war natürlich etwas anderes, als ein paar aufregende Stunden miteinander zu verbringen. Früher hatte Jennie es genossen, dass Alex sich Zeit für sie nahm, extra früher das Büro verließ, um
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