Julia Extra 0353
Körper ihr gezeigt, dass er sie liebte. Die ganze Nacht lang hatte sie drauf gewartet, dass er es aussprach.
Doch am Morgen war er ohne ein Wort gegangen.
„Ich weiß es nicht“, murmelte sie. Sie schüttelte den Kopf und versuchte, ihre Gedanken zu ordnen. „Aber vermutlich ist es das Beste, wenn ich nach Hause fahre und mich um das Erbe kümmere. Außerdem muss ich etwas wegen meiner Arbeit unternehmen. Und Consuelo hat mir heute Morgen endlich eine SMS geschrieben. Er will sich dringend mit mir treffen.“ Doch das würde bedeuten, Raoul zu verlassen: den Mann, der ihre ganze Welt auf den Kopf gestellt hatte. „Aber …“
„Aber was? Ist es Raoul?“
„Er macht mich unbeschreiblich glücklich, Philippa. Wenn ich mit ihm zusammen bin, fühle ich mich so lebendig.“
Philippa schwieg einen Moment, dann fragte sie: „Liebst du ihn?“
Gabriella stieß die Luft aus. „Ich glaube.“
„Und er? Liebt er dich auch?“
Gabriella schwieg, denn sie wusste nicht, was Raoul für sie empfand. Sie wusste nur, dass er sie die ganze Nacht geliebt hatte und dann am Morgen ohne auch nur einen Kuss verschwunden war. Über seine Gefühle hatte er kein Wort verloren.
Ihr fiel nur eine Erklärung ein: Er wollte ihr ganz bewusst zeigen, dass ihm ihre gemeinsame Nacht nichts bedeutet hatte. Aber das ergab keinen Sinn! Sie sah ihn wieder vor sich, wie er ihren Körper fast ehrfürchtig angeschaut hatte. So kalt und herzlos konnte Raoul nicht sein! Oder doch?
„Ich weiß es nicht, Philippa, und das macht mich wahnsinnig! Ich weiß es einfach nicht.“
„Dann ist es ganz einfach. Alles ist so rasend schnell gegangen, kein Wunder, dass du ganz verwirrt bist. Fahr nach Hause, Gabriella. Kümmere dich um dein Erbe, fang wieder an zu arbeiten, und wenn es unbedingt sein muss, kläre die Sache mit Consuelo. Nimm dir ein bisschen Zeit, das Ganze sacken zu lassen. Dann wirst du ganz von selbst klarer sehen. Und wenn er der eine für dich ist, wenn er dich wirklich liebt, wirst du es wissen.“
„Wie werde ich das wissen?“
„Weil er dann nicht ohne dich leben kann.“
So, wie Philippa es sagte, hörte sich alles ganz logisch an. Hier war sie viel zu nah bei ihm. Sie wohnte in seinem fantastischen Palazzo, in einer der romantischsten Städte der Welt. Kein Wunder, dass sie nicht klar denken konnte. Ihr fehlte einfach der nötige Abstand.
Ich fliege nach Hause, entschied sie. Heute beim Abendessen würde sie Raoul ihre Entscheidung mitteilen.
Nachdem sie aufgelegt hatte, buchte sie ihren Rückflug nach Paris für den nächsten Tag. Den Nachmittag verbrachte sie mit Natania. Zusammen streiften sie durch die Läden und Glasmanufakturen von Murano.
Ein Geschäft nach dem anderen war angefüllt mit atemberaubenden, wunderschönen und manchmal auch höchst skurrilen Glasfiguren in allen Farben des Regenbogens. Manche Kunstwerke waren sogar mit kostbarem Gold und Silber verziert.
Es gab kaum etwas, das die Glasmacher nicht herstellen konnten, ob gewaltige Kronleuchter, hauchzarte Weingläser oder drollige Tierfiguren, sogar gläserne Nudeln und bunte Bonbons entdeckten die beiden Frauen in den Vitrinen.
Gemeinsam stöberten sie in den Läden. Immer wieder hielten sie an, um etwas besonders Schönes oder Skurriles zu bestaunen.
Zu ihrer eigenen Verwunderung machte Gabriella der Ausflug auch ohne Raoul großen Spaß. Vielleicht lag es daran, dass sie endlich eine Entscheidung getroffen hatte und ihr Leben wieder in die eigene Hand nahm. Doch zum Teil lag es bestimmt auch an Natanias fröhlicher Gesellschaft.
Einer ihrer Cousins arbeitete auf der Insel, und mit ihren Kenntnissen über die Glasmacherkunst konnte sie Gabriella mehr erklären als so mancher Fremdenführer.
Gabriella nutzte die Gelegenheit, um für Philippa einen kunstvollen Parfümflakon auszusuchen, und während Natania sich angeregt mit ihrem Cousin unterhielt, wählte sie auch eine Kette, die wie für die schöne Italienerin gemacht war: ein glutrotes gläsernes Herz mit goldenen Sprenkeln, wild und sinnlich wie Natania selbst. Es würde Gabriellas Dankeschön an sie sein.
Sie bezahlte gerade ihre Einkäufe, als Natania sich von ihrem Cousin verabschiedete. Dann gingen sie weiter zum nächsten Laden. Das ist der letzte, versicherte Gabriella sich selbst. Es wurde Zeit, zurückzufahren, damit sie ihre Koffer packen konnte.
„Warum müssen Sie schon abreisen?“ Natania sah sie von der Seite an.
„Ich kann schließlich nicht ewig hierbleiben. In Paris
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