Julia Extra 0353
Möglichkeiten, sich aus dem Weg zu gehen. Wenn wir es wollen würden.“
„Aber das tun wir nicht, oder?“
Keine Frage! „Wir haben ja auch nichts zu klären.“ Absichtlich machte Poppy eine Pause nach diesen Worten und schluckte die Enttäuschung hinunter, als Luca nicht reagierte. Vielleicht war sie ein wenig zu subtil gewesen? „Die Ironie des Ganzen ist, sobald Gran Millie richtig kennenlernen würde, wäre sie absolut hingerissen von ihr. Kein Zweifel. Jeder liebt Millie. Sie ist gütig, liebevoll und loyal, das totale Gegenteil von meiner Mutter.“
„Siehst du sie manchmal noch? Ich meine deine Mutter?“ Lady Maria Cunningham war eine Frau von zweifelhaftem Ruf, wie Luca fand.
Poppy schüttelte den Kopf. „Eigentlich nicht.“
Auch wenn sie keinen Kontakt zu ihrer Mutter hatte, hatte man auf Poppys damaliger Schule schnell herausgefunden, wer Lady Maria war. Regelmäßig hingen ausgeschnittene Zeitungsfotos am Schwarzen Brett, auf die jemand das Wort Schlampe oder ähnliche Beschimpfungen geschrieben hatte. Es wurde getuschelt, gekichert und gelästert, und Poppy wurde es schnell leid, ständig die Ehre ihrer Mum verteidigen zu müssen.
„Ich bekomme Geburtstagsgeschenke, und sie lädt mich meistens …“ Sie schluckte noch mal. „… zu ihren jeweiligen Hochzeiten ein. Mittlerweile sind es schon fünf.“
„Bist du hingegangen?“ Er hatte selbst zwei von ihnen besucht, konnte sich jedoch nicht daran erinnern, Poppy dort begegnet zu sein. Zuletzt hatte Lady Maria einen italienischen Geschäftsmann, ihren jetzigen Ehemann, geheiratet, mit dem Lucas Familie befreundet war.
„Nein“, sagte sie. „Als ich klein war, hätte ich ja nur ihr teures Kleid schmutzig machen können, später war ich nicht mehr niedlich genug, und heute …“
„Heute bist du eine Konkurrentin für sie“, schloss er.
Maria war viel zu sehr auf ihre Medienwirksamkeit fixiert, als dass sie sich an der Seite ihrer hübschen Tochter als Auslaufmodell ablichten lassen würde. Obwohl Lady Maria dank vieler Schönheitseingriffe ein fast regungsloses, ebenmäßiges Gesicht hatte und man sie keinesfalls als unattraktiv bezeichnen konnte, ließ sie sich jedoch sicherlich nicht gern mit einer jüngeren Version von sich selbst vergleichen.
„Wohl kaum!“, prustete Poppy. „Sie ist eine klassische Schönheit.“
„Du siehst ihr ausgesprochen ähnlich.“
Sein eindringlicher Blick machte sie unsicher, und Poppy wand sich innerlich.
„Nur ohne diese harten Züge.“ Poppys unübertreffliche Sinnlichkeit war eines der Dinge, die Luca so an ihr faszinierten.
„Ich sehe ihr kaum ähnlich“, behauptete sie, freute sich aber sehr über Lucas Kompliment. „Sie ist …“
„Eine verhärmte, egoistische Selbstdarstellerin ohne jeglichen Mutterinstinkt.“
Betroffen hob sie ihr Kinn. „Immerhin redest du hier über meine Mutter.“
„Ist mir klar, aber so ist es nun einmal.“ Er ließ sich neben ihr auf das Bett fallen, und Poppy richtete sich kerzengerade auf.
„Jeder verurteilt eine Frau, die ihr Kind im Stich lässt. Und auch ich selbst kann so ein Verhalten nicht nachvollziehen.“ Das eigene Fleisch und Blut – unvorstellbar. Poppy würde wie eine Löwenmutter um ihr Kind kämpfen, falls jemand auch nur wagen sollte, sie von ihm zu trennen. „Aber für mich war es gut, dass sie gegangen ist. Wäre sie geblieben, hätte sie das nicht glücklich gemacht. Und ich habe dafür Millie in mein Herz geschlossen.“
Ihre Mutter kannte Poppy hauptsächlich durch die Berichte in verschiedenen Zeitungen und Klatschzeitschriften. Die Öffentlichkeit schien von den wilden Geschichten der englischen Adeligen nicht genug zu bekommen, die stets auf der Suche nach reichen Ehemännern und Liebhabern war.
Manchmal wurden Poppy und ihr Bruder George von der Presse als die Kinder aus den Ehen Nummer eins und drei bezeichnet. Und es gab ein denkwürdiges Fernsehinterview, als die achtlose Lady Maria sie beide gar ihre zwei kleinen Unfälle nannte.
Plötzlich kam Poppy ein schrecklicher Gedanke. „Du hast doch nicht mir ihr geschlafen, oder?“
„Mit wem geschlafen?“
„Mit meiner Mutter.“
Ein erstickter Laut brachte Luca zum Husten. „Nein! Selbstverständlich habe ich nicht mit deiner Mutter geschlafen.“ Die Dame hatte ihm zwar in der Tat einmal ein unmoralisches Angebot gemacht, aber das wollte Luca lieber für sich behalten.
„Ich dachte ja nur. Du passt genau in ihr Beuteschema, und Jack, die Nummer drei,
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