Julia Extra 0353
schließlich erfahren, dass er Vater wurde.
„Langsam und qualvoll, wenn ich bitten dürfte“, murmelte Charles neben ihr. „Das Dumme ist nur, der Junge meint es ja wirklich gut.“
„Allerdings.“ Poppys gekünsteltes Lächeln wurde echter und breiter, als sie dem Vater ihres Halbbruders in die Augen schaute.
Und genau dieser Augenblick wurde fotografiert und am nächsten Tag in mehreren Zeitungen abgedruckt. Untertitel: Der berühmte Regisseur Charles Semple mit der Tochter seiner berühmt-berüchtigten Exfrau .
Und genau dieses Bild sah auch Luca, als er am gleichen Abend den roten Teppich betrat. Auch er war Gast dieser Filmpremiere, und aus dem Stand packte ihn blinde Eifersucht. Er bekam so gut wie nichts vom Inhalt des Werkes mit, das sogar für einen Oscar vorgeschlagen war.
Dafür beobachtete Luca unzählige Male, wie der ältere Mann sich zu Poppy hinunterbeugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Wie oft er ihren Arm oder ihre Schulter berührte, scheinbar beiläufig. Und er hatte mitgezählt, wie häufig sie vergnügt gelacht hatte, sodass sich teilweise die Leute nach ihr umdrehten.
Ganz offensichtlich amüsierte sie sich königlich, während er selbst Höllenqualen ausstand. Und sie hatte sich bereits einen Typen geangelt, der um einiges älter als sie war. Das war ja schon beinahe obszön.
Am schlimmsten war: Luca hatte selbst schuld. Immerhin hatte er die Sinnlichkeit in ihr wachgerufen, und nun lebte Poppy sie mit anderen Männern aus.
Als endlich der Abspann lief, seufzte Lucas Nichte, die neben ihm saß. „Das war unglaublich! So traurig, und James Litton ist so süß! Danke, dass ich mitdurfte, Onkel Luca!“
„Freut mich, wenn es dir gefallen hat“, antwortete er mechanisch und ließ Poppy nicht eine Sekunde aus den Augen. Ihr Kleid sah aus, als wäre es nur aufgemalt! „Der Mann da drüben, Dina. Weißt du, wer das ist?“
„Welcher?“
„Der mit den silbergrauen Haaren, der in Reihe …“
„Das ist Charles Semple“, unterbrach sie ihn.
Seine Geduld war am Ende. „Und wer ist dieser Charlie Semple?“
„Was? Den kennst du nicht? Er ist Regisseur.“
Stumm schüttelte Luca den Kopf.
„Mann, du hast echt keine Ahnung.“ Der Teenager setzte sich aufrecht hin und war offensichtlich stolz darauf, mit seinem Wissen prahlen zu können. „Er hat schon drei Oscars bekommen und war letztes Jahr für den Film My Beloved nominiert.“ Sie leierte eine Liste von seinen Werken und gewonnenen Preisen herunter, und Luca bereute schon, nach diesem Kerl gefragt zu haben. Was lernten die Kinder eigentlich heutzutage in der Schule?
Ratlos, wie er nun reagieren sollte, beschloss Luca, zuerst mal seine redefreudige Nichte nach Hause zu bringen.
Als Charles vorschlug, noch einen recht bekannten Jazzklub zu besuchen, wo die Premierenparty stattfinden sollte, stimmt Poppy nach kurzem Zögern zu.
Warum eigentlich nicht? dachte sie. Das Leben ging weiter, auch ohne Luca. Und entgegen aller Erwartungen hatte Poppy sich auf der Promiveranstaltung köstlich amüsiert. Es war lange nicht so steif und beängstigend gewesen, wie sie zuerst befürchtet hatte.
Im Klub beschlich sie ein kribbeliges Gefühl, kurz bevor sie plötzlich Luca erblickte. In dem eleganten Anzug und mit seinem attraktiven Äußeren stach er alle anderen anwesenden Männer mühelos aus.
Wie gelähmt blieb sie stehen und konzentrierte sich darauf, weiter ein- und auszuatmen, während er lässig auf sie zugeschlendert kam.
„Das ist ja eine Überraschung“, sagte sie zur Begrüßung und strahlte.
Augenblicklich hatte Luca vergessen, wie er ihr gegenüber eigentlich hatte auftreten wollen. Die Sätze, die er sich in den vergangenen Tagen und Wochen zurechtgelegt hatte, waren beim Klang ihrer Stimme verschwunden. Er wollte ihr nur noch an den Kopf werfen, was er von ihrem Begleiter hielt.
„ Dio , dieser Kerl ist alt genug, um dein Vater zu sein. Was, zur Hölle, denkst du dir eigentlich dabei?“
Erschrocken sah Poppy ihn an. „Was geht dich das an?“, erwiderte sie, nachdem sie sich von ihrer Überraschung erholt hatte. „Sprich bitte leiser, die Leute gucken schon!“
„Und mit diesem Kleid wolltest du dich wohl auch nur unauffällig im Hintergrund halten, nehme ich an?“ Sein Sarkasmus war schneidend.
Der hat vielleicht Nerven! ärgerte sich Poppy, und auf ihren Wangen zeichneten sich schon zwei rote Flecken ab.
Die Hälfte der Frauen in diesem Raum trug Cocktailkleider, die Poppys Robe wie ein
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