Julia Extra 260
Möglichkeit, an ihm vorbeizukommen. Miranda ärgerte sich, weil die erneute Begegnung mit ihm sie so aus der Fassung brachte.
Ganz offensichtlich wartete er darauf, dass sie etwas sagte. Das war seiner selbstbewussten, amüsierten Miene deutlich anzusehen. Also nahm Miranda sich zusammen, konzentrierte ihre Aufmerksamkeit auf einen der perlmuttfarbenen Hemdknöpfe an Theos blütenweißem Hemd, doch dann ließ sie den Blick zum Ausschnitt wandern, wo sonnengebräunte Haut hervorblitzte – und schließlich dieser warme, männliche Duft …
„Möchten Sie sich nicht zu uns setzen, Miranda?“
Verlegen sah sie auf und musste wütend feststellen, dass sie errötete.
„Mach mal Platz für Miranda, Lexis.“
An dem langen Tisch saßen Geschäftsleute, die offensichtlich direkt aus dem Büro zum Fest gekommen waren. Jacketts und Krawatten hatten sie allerdings abgelegt. Theo schien frisch geduscht zu sein. Er trug eine dunkle Hose zum weißen Hemd, und sein feuchtes schwarzes Haar wellte sich glänzend im Nacken. Miranda konnte kaum den Blick abwenden. Ihr Herz pochte aufgeregt.
Die einzige Frau am Tisch – Lexis, wie Theo sie genannt hatte – musterte Miranda verächtlich mit saphirblauen Augen und dachte gar nicht daran, einer anderen Frau Platz zu machen. Schon gar nicht einer mit rotem Gesicht und Fettflecken auf der Bluse.
„Bleiben Sie ruhig sitzen“, sagte Miranda. „Ich wollte sowieso gerade wieder in die Küche, um Spiros zu helfen.“ Ausdruckslos erwiderte sie den Blick der schlanken, blonden Schönheit. Die Frau war einfach makellos …
„Beweg dich, Lexis!“
Miranda staunte. So sprach Theo Savakis also mit seinen Frauen. Und Lexis gehorchte ihm aufs Wort und rutschte ein Stück weiter.
„Miranda?“
Theo wies auf den frei gewordenen Platz, doch Miranda hatte keine Lust, in seinen Harem aufgenommen zu werden. „Danke, aber ich habe wirklich keine Zeit.“
„Für einen Drink wird es doch wohl reichen, oder?“
Es wäre wahrscheinlich sehr unhöflich gewesen, vor all den anderen Gästen abzulehnen. Daher gab Miranda nach. „Also schön. Aber nur ein Glas.“
Er verbeugte sich spöttisch, und Miranda setzte sich neben Lexis, die ihr die eiskalte Schulter zeigte. Theo schien das nicht zu bemerken, er gab sich aufreizend entspannt.
„Spiros hat erzählt, Sie werden heute Abend für uns singen.“ Er beugte sich vor und sah Miranda tief in die Augen.
„Stimmt.“ Miranda hatte das Gefühl, in seinem Blick zu versinken.
„Köchin und Nachtclubsängerin? Wir hatten ja keine Ahnung, dass deine Freundin so talentiert ist, Theo.“
Lexis’ verächtlicher Tonfall versetzte Miranda einen Stich, doch sie ließ sich nichts anmerken.
„Was sagtest du, wie ihr euch kennengelernt habt, Theo?“ Lexis ließ nicht locker.
„Ich habe gar nichts gesagt.“
Diese Bemerkung erregte natürlich erst recht die Aufmerksamkeit der anderen Gäste am Tisch. Ein amüsiertes Lächeln umspielte Theos Lippen. Miranda wandte schnell den Blick ab.
„Meine Herren, meine Dame“, verkündete er feierlich, „erlauben Sie mir, Ihnen Miranda vorzustellen.“
Angespannt wartete sie darauf, dass er ihren Nachnamen hinzufügte, doch das blieb ihr erspart. Sonst hätte sie wahrscheinlich einige neugierige Fragen beantworten müssen.
„Ich hatte Gelegenheit, Miranda kurz in London zu begegnen.“ Er legte eine Kunstpause ein. „Und dann sind wir uns heute Morgen zufällig hier am Strand über den Weg gelaufen.“
„Unglaublich“, sagte Lexis so leise, dass nur Miranda es trotz des nun einsetzenden Stimmengewirrs der faszinierten Gesellschaft hören konnte.
Miranda fragte sich, warum Theo behauptet hatte, sie wäreneinander bereits in London begegnet. Als er sie eindringlich ansah, nickte sie kaum merklich, um ihm zu verstehen zu geben, wie dankbar sie war, dass er ihren Nachnamen für sich behalten hatte.
„Und nun ist Miranda hier auf Kalmos und spielt für deinen guten Freund Spiros Mädchen für alles? Das ist ja sehr praktisch für dich“, bemerkte Lexis.
Hält Lexis mich für Theos Geliebte?, überlegte Miranda. War Lexis Theos Geliebte? Niemals! Miranda wunderte sich selbst, wie nachdrücklich sie diese Vorstellung verwarf. Was ging es sie an, mit wem Theo das Bett teilte?
Energisch hob sie das Glas Wein, das Theo ihr eingeschenkt hatte.
„ Ya sou sas , Miranda.“ Lächelnd trank Theo ihr zu. Außer Lexis stimmten alle in den Trinkspruch ein.
„So verdienen Sie also Ihren
Weitere Kostenlose Bücher