Julia Extra 260
seit fast einer halben Stunde am Kai.
Die ganze Situation war für ihn ausgesprochen ungewöhnlich. Eigentlich hatte er mit allen Traditionen gebrochen, die ihn schon immer geärgert hatten, und nun umwarb er eine Frau auf ganz altmodische Art und Weise. Aber was tat er nicht alles, um ans Ziel zu kommen …
Da war sie ja endlich!
„Blumen?“, rief sie erstaunt, als er ihr den Strauß hinhielt.
Theo beobachtete, wie sie das sorgfältig gebundene Bouquet aus Gartenblumen bewunderte.
„Das ist ein wunderschöner Strauß, Theo, vielen Dank.“ Lächelnd nahm sie die Blumen entgegen.
Zu Theos Erleichterung spiegelte sich Überraschung und Freude in Mirandas Blick. „Gern geschehen.“ Die schlichten Blumen aus Athen einfliegen zu lassen, war wohl die ausgefallenste Geste, die er sich je geleistet hatte. Aber der Einsatz hatte sich gelohnt.
„Ich stelle sie schnell ins Wasser.“
Mit einem glücklichen Lächeln wandte sie sich um. Theo war mehr als zufrieden mit sich selbst. Es machte ihm richtig Spaß, Miranda derart zu umgarnen. Gut, dass er daran gedacht hatte, Agalia als Anstandsdame einzuladen. Er selbst hatte sichalle Mühe gegeben, möglichst respektabel auszusehen. Er hatte einen frischen Haarschnitt, trug ein weißes Polohemd und beigefarbene Bermudashorts. Äußerlich wirkte er wie die Ruhe selbst, dabei brodelte in ihm ein Vulkan. Aber für seine Hormone konnte er schließlich nichts.
„Kann ich dir etwas abnehmen?“, fragte er, als Miranda zurückgekehrt war und er genau hinter ihr stand. Ihr reiner, frischer Duft war schier unwiderstehlich.
Sie spürte seinen Blick im Rücken und erschauerte wohlig. „Ja, meine Sachen sind dort.“ Sie zeigte vage in die Richtung, ohne sich zu ihm umzudrehen. Wenn sie jetzt sein verführerisches Lächeln sehen würde, könnte sie ihre Gefühle wahrscheinlich nicht mehr verbergen. „Und …“ Nun hatte sie sich doch umgewandt und begegnete seinem Blick. Ihr wurde fast schwindlig.
„Und?“, fragte Theo leise.
„Du könntest Agalias Korb tragen“, antwortete sie mit erstickter Stimme.
Theos „Boot“ war eine knapp vierzehn Meter lange Sunseekers Delight.
„Der Vorteil besteht darin, dass man sie allein handhaben kann. Außerdem hat sie wenig Tiefgang“, erklärte er. „Der Strand, den ich dir zeigen möchte, liegt völlig abgelegen und ist nur vom Meer aus zugänglich. Das Wasser ist dort sehr seicht, deshalb …“
„Hast du mal eben dieses Boot aus deiner Wundertüte gezaubert“, sagte Miranda trocken, als sie sich zu Theo ins Cockpit setzte.
„So ungefähr.“
Mirandas Herz pochte sofort wieder schneller, als Theo sie ansah. Eilig wandte sie den Blick ab und gab vor, völlig in die Betrachtung der wunderschönen Umgebung vertieft zu sein.
Schließlich ankerten sie vor dem Strand. Theo und Miranda wateten mit dem Picknickkorb an Land, bevor Theo zum Boot zurückkehrte, um Agalia zum Ufer zu tragen. In seinen Armen wirkt die rundliche Agalia federleicht, stellte Miranda fest, die es sich im Schatten einer Tamariske schön gemütlich gemacht hatte.
Angesichts Theos Stärke überlief Miranda ein erwartungsvoller Schauer, gleichzeitig beunruhigte sie diese Demonstration, denn sie erinnerte sie daran, wie schmerzhaft das erste Mal gewesen war und wie ausgeliefert sie sich gefühlt hatte. Sie begehrte Theo, doch die Erinnerung an das erste Zusammensein mit einem Mann ließ sich nicht so einfach auslöschen. Theo hatte seine Kraft allerdings offensichtlich gut unter Kontrolle. Agalia schien sich in seinen starken Armen jedenfalls sehr wohl zu fühlen. Als er die Anstandsdame schließlich am Strand absetzte, hatte Miranda sich wieder beruhigt.
Agalia blieb im Schatten, offensichtlich ganz vertieft in ihren Roman, während Miranda und Theo am Ufer saßen und sich unterhielten. Als es ihnen in der Sonne zu heiß wurde, zogen sie sich in den Schatten der Felsen zurück.
„Wusstest du, dass es auf den griechischen Inseln über hundert verschiedene Orchideenarten gibt? Glücklicherweise wird hier kein Kunstdünger eingesetzt. Sonst wäre es bald vorbei mit der Pracht.“
Theo hätte ihr sonst was erzählen können. Miranda konnte sich kaum konzentrieren. Als Musikerin faszinierten sie harmonische Klänge, und Theos melodischer Baritonstimme hätte sie stundenlang zuhören können.
„Auch ein armes Land hat also durchaus seine Vorteile.“ Theo verstummte. „Entschuldige, Miranda, aber Naturschutz ist eine meiner Leidenschaften. Ich wollte
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