Julia Extra 260
sie hatte darauf reagiert. Es war der Anfang vom Ende gewesen. Aber das war lange her. Und jetzt war jetzt. Und sie musste sich einfach zu beruhigenden Gedanken zwingen.
„Zumindest heute.“
Was? Sie versuchte sich auf seine geraunten Worte zu konzentrieren. Sicher hatte er das gerade nicht wirklich gesagt, oder?
„Ist es jedes Mal so schlimm?“, fragte er jetzt halblaut.
„Nein.“ Maggies Hals fühlte sich an wie zugeschnürt.
„Kann man irgendetwas dagegen tun, außer den Schmerzmitteln?“
Sie kniff die Augen fest zusammen und schüttelte den Kopf.
Sie war kurz davor, in Tränen auszubrechen, und sie wollte, dass er ging. Warum musste er gerade jetzt so zärtlich sein?
„Ich erinnere mich, dass es dir schon einmal so schlecht ging. Du hast gesagt, es sei eine Magenverstimmung. Du hättest es mir sagen sollen. Ich wäre für dich da gewesen.“
Ihre Stimme war brüchig. „Du hättest nichts tun können.“
„Oh doch. Ich hätte dafür gesorgt, dass du dich hinlegst, hätte die Medikamente parat gehabt und hätte deinen Bauch streicheln können.“
Maggie schluchzte lautlos.
„Das macht man für Menschen, die einem wichtig sind“, fuhr er mit rauer Stimme fort. „Man nimmt etwas von der Last, die der andere zu tragen hat, wenn es nötig ist.“
Das war zu viel für sie. Maggie hatte das Gefühl, ihr Herz würde in tausend kleine Teilchen zerspringen. „Bitte geh jetzt.“
Er hielt sie nur noch fester. „Nein.“
„Bitte, Sean.“ Sie meinte es ernst.
„Nein, ich gehe nirgendwohin. Du sitzt hier mit mir fest.“
Ihr Körper wurde von Schluchzern geschüttelt. Er schwieg und ließ sie weinen, bis das Kissen von ihren Tränen nass war. Er bat nicht um eine Erklärung und hörte auch nicht auf, seine Hand auf ihrem Bauch kreisen zu lassen. Er blieb einfach bei ihr, bis sie aufhörte zu weinen und ihr Atem gleichmäßiger wurde. Und er hielt sie weiter umarmt, als sie schließlich eingeschlafen war.
Er würde sie nicht loslassen. Ob sie wollte oder nicht. Weil sie zusammengehörten. So einfach war das.
Als sie am nächsten Morgen aufwachte, fand sie Sean zwar nicht neben sich, doch ihr Gefühl sagte ihr, dass er dort eine lange Zeit gelegen hatte.
Und sie hatte sich in seinen Armen die Augen aus dem Kopf geweint. Was hatte sie sich nur dabei gedacht?
Hier lag das Problem. Sie hatte überhaupt nicht nachgedacht. Sie hatte nur gefühlt. Und sie hatte ihre Trauer, die Tränen, das alles so lange zurückgehalten, dass es nur eine Frage der Zeit war, bis es irgendwann aus ihr herausgebrochen wäre. Sie wäre dann nur gerne lieber allein gewesen, statt in Seans Armen zu liegen, während er Dinge sagte, die alles nur noch schlimmer machten.
Sie schüttelte den Kopf und schwang die Beine aus dem Bett. Auf ihrem Nachttisch stand immer noch das Glas mit Wasser, und sie wusste, dass es wieder Zeit für ihre Schmerztabletten war. Am zweiten Tag war es oft noch schlimmer als am ersten.
Plötzlich zog ihr der Geruch von Kaffee in die Nase. Und der von Toast. Er war doch nicht etwa noch da?
„Oh, mein Gott.“ Maggie schlug die Hände vors Gesicht und zwang sich dazu, tief durchzuatmen. Dann stand sie auf und zog einen Morgenmantel über ihr lächerliches Nachthemd. Doch sie würde sich nicht die Mühe machen, sich frisch zu machen oder gar umzuziehen; je unattraktiver, desto besser, beschloss sie. Schließlich wollte sie ihn loswerden.
Sean hatte die ganze Nacht bei ihr gelegen. Und er hatte auch vorgehabt, dort zu liegen, wenn sie die Augen wieder aufmachte. Aber dann hätte er ihr auch sagen müssen, was er für sie empfand. Das hatte er hinausgezögert, weil ihm klar war, wie schwierig das werden würde.
Als sie endlich aus dem Schlafzimmer kam, war sie immer noch blass, aber ihre Wangen zumindest eine Spur gerötet.
„Guten Morgen. Wie geht es dir?“
„Besser, danke.“ Sie blieb in sicherer Entfernung von ihm stehen.
„Ich habe dir Frühstück gemacht. Die Medikamente schlagen dir ja sonst auf den Magen.“ Er drehte sich um, goss Tee in einen Becher und ging dann damit auf sie zu. Instinktiv wich sie einen Schritt zurück.
Sean bemerkte es und runzelte irritiert die Stirn. Er stellte den Becher ab und tat zwei Scheiben Brot in den Toaster. „Du musst etwas essen, bevor du deine Tabletten nimmst.“
„Das weiß ich.“ Sie schaute ihn durchdringend an. „Wirklich, du kannst jetzt gehen, ich komme schon klar.“
Aus dem Augenwinkel beobachtete er, wie sie näher kam und den
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