Julia Extra 360
ergehen?“
Diego wurde blass. „Wie bitte?“
„Darum geht es doch eigentlich, oder?“ Jahre der Unterdrückung und Zurückhaltung schienen in diesem Augenblick aus ihr herauszubrechen. „Dann kannst du eben mal eine Weile nicht professionell Polo spielen. Na, und? Du kannst immer noch atmen, laufen und reiten.“
„Wenn ich du wäre, würde ich den Mund halten“, erwiderte er leise.
„Sonst noch etwas? Die Wahrheit tut weh, stimmt’s? Wie lange bist du denn schon auf der Insel, Diego? Willst du dich nie mehr nach Hause trauen? Und wenn du schon solche Schmerzen hast, wieso nimmst du nicht einfach Medikamente dagegen wie jeder andere auch?“
„Du treibst es zu weit, Fräulein!“
„Ach, ja?“ Sie rührte sich nicht, als er auf sie zukam. „Vielleicht wird es höchste Zeit, dass es mal jemand zu weit treibt. Ich hätte mich nicht auf deine Maschine setzen dürfen, zugegeben, andererseits wollte ich damit ja auch nicht durchbrennen. Wohin auch? Wir befinden uns schließlich auf einer Insel.“
„Bist du jetzt fertig?“, fragte er gepresst.
Die kochende Wut steht ihm ausgezeichnet, fand Maxie. Er sieht noch viel wilder und aufregender als sonst aus: blitzende Augen, glänzender Ohrring, die zerzausten Haare …
Sie funkelten einander an, bis ihr plötzlich dämmerte, dass die sexuelle Anziehungskraft zwischen ihnen auf Gegenseitigkeit beruhte. In dieser Sekunde machte Diego schon einen Schritt nach vorn, und Maxie lehnte sich so weit nach hinten, wie es ging.
„Nächstes Mal bittest du um Erlaubnis“, zischte er dicht vor ihrem Gesicht und packte sie am Arm.
„Lass mich los!“ Sein fester Griff war einerseits beängstigend, andererseits löste er ein Gefühl gieriger Sehnsucht in ihr aus. „Hast du mich nicht verstanden? Du sollst mich loslassen. Und wage es nicht zu grinsen!“
Anstelle einer Antwort schwang er sein gesundes Bein über den Tank der Harley und zog Maxie mit einer Hand dichter an sich.
„Du willst fahren? Dann schlage ich vor, du hältst dich gut fest.“
Als er den Motor anließ, war Diego buchstäblich blind vor Erregung. Maxie hatte es gewagt, die Büchse der Pandora zu öffnen. Er begehrte diese dreiste Frau, gleichzeitig wollte er sie unbedingt loswerden. Momentan konnte und durfte er sich niemandem zumuten. Sein verletztes Bein, seine unausstehlichen Launen, die Düsternis in ihm – das alles war pures Gift.
Sie wollte wissen, warum er sich auf der Insel versteckte? Er tat es zum Schutze seiner Mitmenschen. Aber sie wollte seine Warnungen ja nicht ernst nehmen. Selbst schuld! Sie hatte ihn eben noch nicht in seiner schlimmsten Verfassung erlebt.
Das Motorrad zog so schnell an, dass Maxie beinahe hinten runtergefallen wäre. Mit aller Kraft klammerte sie sich an Diego, während er sich in der ersten Kurve tief zur Seite neigte. Sein Knie berührte beinahe die Straße, und Maxies Herz setzte einen Schlag aus. Dies war etwas ganz anderes, als durch den Londoner Stadtverkehr zu fahren.
Zuerst konzentrierte sie sich ausschließlich darauf, nicht von der Maschine zu fallen. Doch nach einer Weile merkte sie, wie sicher und zuverlässig Diego seine Harley im Griff hatte. Sie drückte ihre Wange gegen seinen muskulösen Rücken und spürte die ganze Kraft seines Körpers. Ein höchst erregendes Gefühl, und mit einem Mal wähnte sich Maxie vollkommen in Sicherheit. Sie vertraute ihm, genoss das heftige Vibrieren des Motorrads und die unmittelbare Nähe zu dem aufregendsten Mann, der ihr je begegnet war.
Als er endlich anhielt, zitterten Maxies Beine so stark, dass sie kaum absteigen konnte.
„Und?“, fragte er höhnisch.
„Unbeschreiblich!“ In jeder Hinsicht.
Eigentlich hatte er erwartet, sie wäre schockiert oder zumindest verängstigt. Ratlos starrte er sie an. „Du bist ein Geschwindigkeitsjunkie, was?“
„Kann sein“, erwiderte sie achselzuckend. „Aber du bist auch ein hervorragender Fahrer.“
Diego raufte sich die Haare und machte humpelnd ein paar Schritte. Maxie Parrish überraschte ihn immer wieder aufs Neue, und er war sich nicht mehr so sicher, ob er sie wirklich so schnell wie möglich loswerden wollte. Sie hatte etwas an sich, das ihn gefangen nahm. Einerseits konnte sie die dezent gekleidete, kühle und berechnende Geschäftsfrau geben, andererseits war sie eine Wildkatze, die man sich gut in Lederklamotten vorstellen konnte. Es drängte sich ihm die Frage auf, welche verborgenen wilden Seiten noch in ihr lauerten.
Haben wir beide
Weitere Kostenlose Bücher