Julia Extra 360
würde? So weit kam es dann aber nicht. Maxie hörte Diego spät die Treppe heraufkommen, und kurz darauf lief in seinem Badezimmer am Ende des Ganges die Dusche. Unwillkürlich stellte sie sich vor, wie er nackt unter dem warmen Wasserstrahl stand – kein Wunder, dass an Schlaf nicht mehr zu denken war!
Mit einem Satz sprang Maxie aus dem Bett und riss die Vorhänge auf, um die frühe Morgensonne ins Zimmer zu lassen. Kaum zu glauben, dass Maxie gestern noch von Sturm und Regen und von einem echten Griesgram begrüßt worden war.
Sie öffnete das Fenster und sog den Duft der vielen farbenprächtigen Blüten ein. Der gestrige Regen hatte den Garten gewaschen, und der Geruch von frischem Gras war in der warmen Sonne sehr intensiv.
Aber wo ist Diego? fragte sie sich. Wahrscheinlich war er bei seinen Pferden.
Also nahm Maxie sich bei ihrer Morgentoilette viel Zeit und schrieb nebenbei noch eine Liste mit Aufgaben für den heutigen Tag. Sie durfte ihre Energie nicht damit verschwenden, in sinnlosen Fantasien zu schwelgen. Auch wenn darin immer wieder wilde, mürrische Männer auftauchten, die der Versuchung junger Schönheiten erlagen und sie mit ungezügelter Leidenschaft verwöhnten. Purer Kitsch!
Anderseits, ich bin auch nur ein Mensch, dachte Maxie. Und einem Mann wie Diego bin ich noch nie begegnet. Vielleicht ist das eine einmalige Chance im Leben …
Diego war lange vor dem Morgengrauen aufgestanden, denn auch er hatte kaum ein Auge zutun können. Ständig hatte er an die aufregende Frau denken müssen, die nur wenige Schritte entfernt von ihm im Bett lag und vermutlich selig vor sich hin träumte. Was hielt ihn eigentlich noch zurück? Seine Verletzung, seine Schuldgefühle und sein Stolz. Genauso wie sie dafür verantwortlich waren, dass er seit Stunden ruhelos durch sein Zimmer tigerte, obwohl das die Schmerzen in seinem Bein noch verschlimmerte.
Mit einem wütenden Fluch auf den Lippen schlug er seinen Gehstock gegen die Wand. Dann ging er ins Bad, zog sich Jeans, schwarze Schnürstiefel und einen dünnen, grauen Pullover an und verließ das Zimmer.
Unten an der Treppe traf er auf Maxie.
„Guten Morgen, Diego“, begrüßte sie ihn fröhlich, als wäre ihr sein missgelauntes Gesicht überhaupt nicht aufgefallen. „Ich hoffe, du hast gut geschlafen.“
„Guten Morgen, Maxie“, entgegnete er kurz angebunden.
„Kommst du mit frühstücken?“ Mit flotten Schritten steuerte sie auf die Küche zu.
Erwartete sie etwa von ihm, ihr im Schneckentempo zu folgen?
„Maria hat versprochen, heute Pfannkuchen zu machen!“, rief sie über die Schulter.
Ihr frisches, unschuldiges Verhalten setzte Diego zu. „Ich muss erst einmal nach den Pferden sehen“, antwortete er, so laut er konnte. Außerdem brauchte er dringend frische Luft!
„Es ist doch alles in Ordnung mit ihnen, oder?“ Sie war zurückgekommen und sah ihn erwartungsvoll an.
Was für Probleme sollten seine Pferde schon haben? Diego war davon überzeugt, dass es ihnen wesentlich besser als ihrem Besitzer ging. „Eines der jüngeren Ponys hat meinem besten Pferd gestern Abend einen Tritt verpasst“, erklärte er widerwillig.
„Oh, nein! Das tut mir leid. Schlimme Verletzung?“
„Weiß ich noch nicht.“ Seine Stirn lag in tiefen Falten. Für Pferde war es zwar wichtig, mit Artgenossen zusammen zu sein, aber leider bestand grundsätzlich ein gewisses Verletzungsrisiko. Und Diego fühlte sich persönlich für das verantwortlich, was geschehen war. Ein weiterer Grund, weshalb der gestrige Tag kein guter gewesen war!
„Könnte ich sie mir später auch mal anschauen?“, fragte Maxie.
Doch bevor Diego ablehnen konnte, war sie schon in der Küche verschwunden. Seine Stimmung verschlechterte sich noch, als er das übermütige Gelächter beider Frauen hörte. Maxie schien sich tatsächlich wie zu Hause zu fühlen …
Nachdem sie sich bei seiner Haushälterin für das leckere Frühstück bedankt hatte, dachte Maxie über die lustigen Geschichten nach, die Maria ihr aus Diegos Kindheit erzählt hatte. Eigentlich war es gut gewesen, dass er sich mit seinen Pferden beschäftigt hatte, sonst hätte Maria sich bestimmt nicht getraut, so offen zu sein.
Maxie selbst war bezüglich ihrer Vergangenheit relativ verschlossen. Sie blickte lieber in die Zukunft, anstatt sich den Kopf über Dinge zu zerbrechen, die nicht mehr zu ändern waren. Zu viele Nächte hatte sie sich mit ihrer Mutter in einem Zimmer einschließen müssen, wenn ihr Vater wieder
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