Julia Extra Band 0193
vor.
„Nein, stimmt“, bestätigte er.
Aber sie wollte nicht, dass er ihr zustimmte. Sie hatte es nur gesagt, um das Gesicht zu wahren. Sie flüchtete sich in Sarkasmus. „Wenn Sie dann also jetzt fertig damit sind, den Macho zu spielen, würde ich mir gern ein Taxi rufen.“
„Aha. Und wohin wollen Sie mit dem Taxi?“
„Zum Bahnhof.“
„Soso.“ Er ließ den Blick über ihre Erscheinung gleiten und verharrte einen Moment bei ihren Brüsten, die der dünne, feine Stoff des Hemdes kaum verhüllte. „Tja, das wird wohl die Anzahl der Bahnreisen schlagartig in die Höhe schnellen lassen. Die Bahn wird sich für diese kostenlose Werbung bedanken.“
Erst jetzt fiel ihr ein, dass sie sich in diesem Aufzug kaum in der Öffentlichkeit blicken lassen konnte. Trotzdem versuchte sie sich aus seinen Armen zu befreien.
Er verstand den Wink sofort. „Na schön.“ Er ließ sie los, drehte sich um und überprüfte die Flaschen, Flakons und Handtücher in einem Wandregal. „Hier, alles da. Shampoo, Seife, Badelaken und -mantel.“ Dann drehte er die Wasserhähne der großen Badewanne auf. „Ich lasse Sie jetzt allein und werde der Haushälterin auftragen, etwas zum Anziehen aufzutreiben. Außerdem werde ich einen Arzt herbestellen, der sich Ihren Fuß ansehen wird.“
„Ich brauche kein Bad!“ Ein geradezu lächerlicher Protest angesichts ihres Zustandes.
Prompt beugte er sich zu ihr und schnüffelte an ihrem Haar. „Hmm, lassen Sie mich raten! Eau de Themse, mit einem Hauch Kanalisation, dazu der Duft von alten Autoreifen und eine Prise chemischer Abwässer.“
Cass brauchte sich nicht zu verstellen, um beleidigt auszusehen. „Und Sie bilden sich wahrscheinlich ein, Sie würden immer noch nach Paco Rabanne riechen, was?“
„Armani, um genau zu sein. Nur für den Fall, dass wir dazu kommen sollten, uns gegenseitig Weihnachtsgeschenke zu machen.“
Er flirtete schon wieder mit ihr, und Cass hatte keine Ahnung, wie sie damit umgehen sollte. Ebenfalls mit ihm zu flirten schien wahrlich keine kluge Vorgehensweise zu sein, zog man in Betracht, was passiert war, ohne dass sie ihn auch nur das kleinste bisschen ermutigt hatte.
„Kann ich noch etwas für Sie tun? Soll ich Ihnen vielleicht den Rücken waschen?“
Cass riss alarmiert die Augen auf, doch dann sah sie das amüsierte Funkeln in seinem Blick. „Nein danke“, murmelte sie.
„Zu schade aber auch.“ Mit einem breiten Lächeln verließ er den Raum.
Cass ließ sich Zeit, schon deshalb, weil sie sich mit dem verwundeten Fuß nur langsam bewegen konnte. Als sie nach fast einer Stunde aus dem Bad in das angrenzende Schlafzimmer humpelte, eingewickelt in einen flauschigen Bademantel, klopfte wenige Minuten später die Haushälterin an, um ihr mit einem freundlichen Lächeln mitzuteilen, dass der Arzt da sei, den Mr Drayton gerufen habe.
Ein freundlicher junger Mann in schwarzem Anzug betrat das Zimmer und stellte sich als Dr. Michaelson vor.
Cass begutachtete die elegante Erscheinung des jungen Mannes. „Offensichtlich habe ich Ihnen den Sonntag verdorben“, murmelte sie. „Tut mir leid.“
„Oh nein, ganz im Gegenteil. Ich war gerade dabei, meine Hemden zu waschen, als Dray anrief. Er schlug vor, ich solle anschließend am Empfang teilnehmen – aber erst nachdem ich Sie entweder geheilt oder endgültig umgebracht habe.“
Cass lächelte ein wenig. „Sie beide sind befreundet?“
„So was Ähnliches. Ich bin der Betriebsarzt bei Carlisle Electronics. Übrigens heiße ich John.“ Er untersuchte die Wunde mit gerunzelter Stirn. „Ein hässlicher Schnitt. Offensichtlich steckt noch etwas drin.“
„Wahrscheinlich ein Stück Glas“, vermutete sie.
„Ja, sieht so aus.“ Er erhob sich und schaute auf sie herunter. „Also, wir haben zwei Möglichkeiten: Entweder Sie beißen die Zähne zusammen, und ich versuche das Glas herauszuziehen …“
„Oder?“
„Oder ich injiziere eine lokale Betäubung und kann in Ruhe mit dem Skalpell arbeiten und sicherstellen, dass wirklich alle Fremdteile entfernt werden.“
Cass hob die Augenbrauen. „Aber ich werde nicht laufen können, nicht wahr? Wie lange wird die Betäubung anhalten?“
„Ein paar Stunden bestimmt. Aber dafür werden Sie auch absolut schmerzfrei sein.“
Cass hatte nicht die Absicht, für Stunden unbeweglich zu sein, sie wollte endlich aus diesem Haus verschwinden. So entschied sie sich dafür, die Zähne zusammenzubeißen. Doch schon als der junge Arzt mit der gründlichen
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