Julia Extra Band 0193
lauter.
„Tut mir leid“, murmelte sie schließlich an seinen Lippen. „Ich kann nicht.“
Er hob den Kopf und sah sie mit seltsam leerem Blick an. Er fluchte leise, aber dann schüttelte er resigniert den Kopf. „Ja, ich verstehe.“
Cass hatte nicht erwartet, dass er ihr in das Kinderzimmer folgen würde, doch hinter ihr schaltete er das sanfte Licht der kleinen Nachttischlampe ein und sah zu, wie sie Ellie aufhob und sie beruhigend auf den Armen wiegend durchs Zimmer trug.
Cass bemühte sich, sich auf Ellie zu konzentrieren, doch es war schwierig. Jede Faser in ihrem Körper war erfüllt von Verlangen nach Dray. Sie fühlte sich schwindlig und lief wie auf Wolken.
Endlich beruhigte Ellie sich, und Cass legte sie wieder in das Bettchen. Sie und Dray standen an dem Bett und sahen auf die schlafende Ellie hinunter.
„Sie ist wunderschön, nicht wahr?“, murmelte Dray sanft.
„Ja“, stimmte Cass leise zu.
„Vielleicht wird das den Ausschlag geben“, meinte er nachdenklich.
Cass wusste, was er meinte. Schönheit konnte Türen öffnen, Herzen. Aber dann erschauerte sie, als ihr die Realität wieder bewusst wurde.
„Warum sagst du das?“, fragte sie leise, damit das Baby nicht wach wurde, aber vorwurfsvoll. „War es bei dir auch so?“
Er wandte verwirrt den Blick auf sie. Hatte er sich etwa eingebildet, sie hätte es vergessen? Ein paar Zärtlichkeiten, und sie wäre ruhiggestellt? Hielt er sie für so leicht zu übertölpeln?
„Du glaubst also immer noch, dass sie mein Kind ist?“ Ärger schwang in seiner Frage mit. Nur zu gern hätte Cass das als Verneinung gewertet. Aber Cass hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass sich nicht alle Wünsche erfüllten.
„Ich bin nicht ihr Vater“, sagte er düster.
Da, das war eine eindeutige Aussage. Es wäre so leicht gewesen, ihm jetzt in die Arme zu fallen.
Aber Cass tat es nicht. Im Gegenteil. Als er seine Hand nach ihr ausstreckte, wich sie zurück. Wenn er sie jetzt berührte, wäre sie verloren.
„Du hältst mich wohl für eine ausgemachte Närrin“, zischte sie. „Und das soll ich dir so einfach glauben? Damit ich beruhigt mit dir ins Bett steigen kann?“
Er ließ den ausgestreckten Arm an seine Seite zurückfallen. Das Lächeln auf seinem Gesicht verschwand. Ihm gefiel es nicht, ein Lügner genannt zu werden.
„Nein, nicht für eine Närrin“, murmelte er. „Aber für einen ausgemachten Feigling, der vor der Wahrheit und seinen eigenen Gefühlen davonrennt. Ein Hasenfuß, der es nicht wagt, sich dem Leben zu stellen.“
Es waren nur Worte. Aber warum schmerzten sie dann so? Weil sie der Wahrheit so nahekamen? Oder weil er sich jetzt auf dem Absatz umdrehte und das Zimmer verließ?
Elend schlich Cass in das Zimmer zurück, in dem sie sich vor wenigen Momenten fast geliebt hätten, rollte sich auf dem Bett zusammen und versuchte, den nagenden Schmerz zu ignorieren.
8. KAPITEL
Der nächste Tag verlief völlig anders als geplant. Cass hatte vorgehabt, dieses Haus so schnell wie möglich zu verlassen, aber ein weinendes Baby vereitelte ihre Pläne.
Sie kümmerte sich um Ellie, zog sich an und ging mit dem Kind nach unten in die Küche. Zuerst war sie erleichtert, nicht auf Dray zu treffen, doch nachdem sie Ellie gefüttert, mit ihr gespielt und das schließlich schläfrige Baby in die Wiege zum Schlafen niedergelegt hatte, vergingen die Minuten unendlich langsam. Sie konnte das Baby schließlich nicht einfach allein lassen, also musste sie auf Dray warten.
Das Klingeln des Telefons schreckte sie auf. Damit das Baby nicht wach wurde, nahm sie hastig den Hörer ab.
Eine bekannte Stimme war am anderen Ende. „Ich bin’s, Dray. Hast du meine Nachricht gesehen?“
„Welche Nachricht?“
Er seufzte auf. „Du hast sie also nicht gesehen. Ich hatte sie unter deiner Zimmertür hindurchgeschoben.“
Wann? Und warum? Hatte er Angst vor einem weiteren Zusammentreffen?
„Wo bist du?“, brachte sie endlich hervor.
„In der Firma. Ich hatte ein Meeting um acht Uhr, das sich nicht verschieben ließ. Aber ich habe bereits ein Kindermädchen besorgt. Ich habe bei der Agentur angerufen und gesagt, dass es ein Notfall ist. Sie schicken gleich jemanden vorbei.“
„Aha. Und jetzt soll ich wohl das Bewerbungsgespräch führen, was?“
„Wie?“ An so etwas hatte er nun wirklich nicht gedacht. „Nein, natürlich nicht. Die Agentur hat alle Referenzen überprüft. Ich bitte dich nur, Ellie zu übergeben.“
Wie ein Paket, dachte Cass
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