Julia Extra Band 0193
schlafen, weil wir das noch besser können. Oder erinnerst du dich nicht mehr?“
Wie hätte sie es vergessen können? Trotzdem war sie leicht schockiert, dass er so offen darüber sprach. Aber eben nur leicht. Sex war die treibende Kraft zwischen ihnen gewesen, das ganze Liebesgeflüster war nur Dekoration gewesen, um diese Tatsache zu kaschieren.
„Kein Kommentar?“, fragte er mit einer hochgezogenen Augenbraue. „Heißt das, wir können uns den Teil mit dem Streiten sparen und direkt zum Wesentlichen übergehen?“
„Nein, das heißt“, endlich hatte Cass ihre Stimme wiedergefunden, „wir können uns beides sparen. Denn ich gehe jetzt zu Bett, und zwar allein!“
Sie schob den Stuhl zurück, stand auf und ging zur Tür. Bei der Treppe hörte sie seine Schritte hinter sich. Sie hastete in den ersten Stock, aber er folgte ihr, zwei Stufen auf einmal nehmend. Als sie auf dem Treppenabsatz angekommen war, hatte er sie eingeholt und wirbelte sie herum.
„Lass mich in Ruhe“, fauchte sie ihn an.
„Ich werde nichts tun, was du nicht auch willst“, versprach er heiser. „Es gibt also keinen Grund zur Panik.“
Das genau war ja das Problem! Was wollte sie eigentlich? „Ich muss nach Ellie sehen“, versuchte sie sich herauszureden.
Dray sah sie mitleidig an. „Die Kleine schläft ruhig und fest. Also lass dir was anderes einfallen.“
„Na schön.“ Sie kochte innerlich. „Ich will weg von dir, bevor ich etwas tue, das wir beide bereuen werden.“
„Ich werde nichts bereuen“, meinte er lang gezogen.
„Ich meinte, dass ich dich ohrfeigen werde.“
„Ich weiß. Aber das letzte Mal, als du mich geohrfeigt hast, wären wir fast im Bett gelandet.“
„Ein Ausrutscher – deine Worte –, und es wird nicht wieder vorkommen.“ Sie versuchte, sich von ihm loszumachen. „Wenn das alles ist, was du von mir willst …“
„Nein, das ist es nicht.“ Seine Lippen wurden schmal. „Wenn es das wäre, würde ich es mir dann nicht anderswo leichter holen können?“
„Du hältst mich doch für ein leichtes Mädchen!“
Er schwieg einen Moment. „Schön, vielleicht war ich ein Narr, dass ich deiner Schwester glaubte, aber …“
„Das ‚vielleicht‘ kannst du weglassen!“
„… aber ich wollte dich trotzdem. Ich wollte dich, obwohl ich dachte, dass du mit jedem Mann, der dir über den Weg läuft, ins Bett gingst. Und ich habe dich noch lange, nachdem du mich hast fallen lassen, gewollt“, gab er leise zu.
Diese Worte brachten Cass endlich zum Schweigen. Hatte er etwa auch gelitten? Wie sie?
„Und ich will dich immer noch, Cass.“
Cass zweifelte nicht daran, aber sie schüttelte den Kopf. Wollen hatte nichts mit Liebe zu tun. Es war nur flüchtiges Begehren.
Er hob eine Hand und streichelte ihr über die Wange. Sie zuckte zurück.
„Lass das! Das tust du nur, weil du glaubst, du hättest noch eine offene Rechnung bei mir. Weil du glaubst, ich hätte dich versetzt. Doch dabei war nicht ich diejenige, die damals die Beziehung beendet hat. Das hat Pen besorgt.“
Er schwieg verständnislos. „Was meinst du überhaupt?“, fragte er schließlich.
„Ich meine unsere letzte Verabredung in dem Restaurant. Ich war da. Erst als ich wieder nach Hause kam, teilte Pen mir mit, du seist nach Paris geflogen – und nicht allein. Aber sie erwähnte nichts von Tom.“
„Und das soll ich dir glauben?“
„Es ist die Wahrheit.“
Er blieb misstrauisch. „Ich habe angerufen. Du warst nicht zu Hause.“
„Ich war oben, in meinem Zimmer.“ Und sie hatte sich die Augen ausgeweint.
Er runzelte nachdenklich die Stirn. „Deine Schwester war am Telefon und versprach mir, dir meine Nachricht zu geben. Ich habe am nächsten Tag wieder angerufen, und da sagte sie mir, dass du bereits mit jemand anderem unterwegs seist. Ich war so überzeugt, dass sie sich irren müsse. Am nächsten Tag bin ich direkt von Heathrow aus zu dir gefahren und wartete bis spät in die Nacht auf deiner Vordertreppe auf dich. Aber du kamst nicht.“
„Da war ich bei einer Verwandten in Yorkshire. Das war besser, als zu Hause zu hocken und zu jammern.“ Sie holte tief Luft. „Du siehst, wir saßen beide im gleichen Boot. Wir beide glaubten, der andere hätte die Beziehung abgebrochen.“
Langsam schien er zu begreifen. Argwöhnisch schaute er sie an. „Warum erzählst du mir das alles jetzt?“
„Weil du mich nur deshalb noch willst – das einzige Mädchen, das es gewagt hat, eine Beziehung mit dir zu beenden.
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