Julia Extra Band 0193
Aber ich habe sie nicht beendet. Ich wurde genauso getäuscht wie du.“
Mit seinem bitteren Lachen hatte sie nun wirklich nicht gerechnet. „Du glaubst mir nicht?“
„Wenn ich es genau bedenke: Doch, ich glaube dir. Irgendwie macht das alles Sinn.“
„Und was ist daran so lustig?“, wollte sie wissen.
„Dass du denkst, ich würde das alles nur tun, um eine angeblich offene Rechnung zu begleichen. Aber nein“, verbesserte er sich, „es ist nicht lustig. Eigentlich ist es traurig, dass du eine so schlechte Meinung von dir hast. Könnte es nicht sein, dass ich dich will, weil du die intelligenteste, dickköpfigste, schwierigste, realste Frau bist, die mir je begegnet ist?“
„Ich … ich …“ Cass fiel nichts ein, was sie hätte sagen können.
Aber Dray fuhr auch schon fort: „Oder weil ich jedes Mal, wenn du lächelst – obwohl das selten genug vorkommt –, wieder aufs Neue erstaunt bin, wie schön du bist?“ Er streckte die Hände aus und fasste sie um die Taille. „Oder weil ich jede Nacht davon geträumt habe, dich nackt in meinen Armen zu halten, die kleinen Seufzer gehört habe, die du von dir gibst, wenn du erregt bist …“ Seine Stimme erstarb, nur sein Atem an ihrer Wange war noch zu spüren, er barg sein Gesicht in ihrem Haar.
Seine Zärtlichkeit überwältigte Cass. Sie hörte einen wilden Herzschlag – war es ihr eigener oder seiner? Sie schloss die Augen und atmete seinen Duft ein. Und als er die Lippen an ihre Schläfen presste, ergab sie sich ihren Gefühlen und suchte in blindem Verlangen seinen Mund.
Sie sehnte sich so nach diesem Kuss – und fürchtete sich so davor. Das Verlangen pulste durch ihre Adern, machte sie schwindlig, ließ sie alles vergessen.
Und als er sie auf seine Arme hob und in das nächstbeste Zimmer trug, klammerte sie sich an ihn, verdrängte alle Zweifel, erfüllt von einer alles verzehrenden Hitze. Sie sehnte sich nur noch danach, mit ihm vereint zu sein.
10. KAPITEL
Die ersten Strahlen des dämmernden Morgens fielen durch die Vorhänge, als Cass erwachte. Sie sah auf den Mann, der schlafend neben ihr lag, und ihr Herz floss über. Sie hatten sich geliebt, stürmisch, leidenschaftlich, ohne zu reden, die ganze Nacht. Aber diese Nacht hatte ihr Leiden nicht gemildert, im Gegenteil, sie hatte es nur noch schlimmer gemacht.
Er schien ihren Blick zu spüren und öffnete träge die Augen. Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Auch er war noch erfüllt von der letzten Nacht. Er wollte nach ihr greifen und sie zu sich ziehen, aber sie rückte von ihm ab.
Das Lächeln verschwand. „Was ist? Bereust du es?“
Sie schüttelte stumm den Kopf. Die einzige Reue, die sie empfand, kam daher, dass sie ihn zu sehr liebte. Sie erinnerte sich an den Schmerz, den sie vor drei Jahren empfunden hatte. Eine einzige Nacht, und sie stand wieder kurz davor, ihm völlig zu verfallen.
Sie wollte ein zerknittertes Laken um sich wickeln und aus dem Bett steigen, doch er hielt sie fest. Mit traurigem Blick sah sie ihn an, flehte stumm, er möge sie gehen lassen.
Als sein Griff sich nicht lockerte, musste sie etwas sagen. „Dray, es geht einfach nicht.“
„Was geht nicht?“
„Ich … ich kann mich emotionell nicht zu stark binden.“
Jetzt zeigte seine Miene nichts als Ärger. „Und die letzte Nacht? Was war das? Wieder nur Sex?“
„Es …“ Cass senkte den Blick. Er bot ihr den einfachsten Ausweg. „Ja, wahrscheinlich“, flüsterte sie. Sie konnte ihn nicht ansehen, aber sie spürte, wie er ruckartig seine Hand zurückriss.
„Dann geh! Verschwinde endlich!“
Sie hörte seinen Schmerz in den gepresst hervorgestoßenen Worten, der gleiche Schmerz, den sie empfand. Sie hob den Blick, nur um zu sehen, wie er abrupt aufstand und wütend in das anliegende Badezimmer stapfte. Die Tür fiel hart hinter ihm ins Schloss.
Erstarrt blieb sie auf dem Bett sitzen. Er hatte die Käfigtür für sie geöffnet, doch jetzt wollte sie gar nicht mehr davonfliegen. Was hatte sie nur getan? Wenn sie einmal geschwiegen hätte, so hätte sie vielleicht ein paar wunderbare Wochen, Monate, vielleicht ein Jahr mit ihm zusammen sein können. War das nicht besser als nichts?
Sie hörte, wie er im Bad die Dusche aufdrehte. Er wusch die letzte Nacht von sich ab, wusch sie von sich ab. Er hatte sie das letzte Mal schnell vergessen, er würde sie auch dieses Mal schnell vergessen. Lernte sie denn nichts daraus?
Als das Wasserrauschen aufhörte, kam Bewegung in sie. Sie wickelte
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