Julia Extra Band 0193
auch sei, die Hauptsache ist, dass Callum Sie hat und dass ich meine Füße hochlegen kann, ohne Gewissensbisse zu bekommen.”
Ellen war schon gegangen, als Callum nach Hause kam. Als er die Küche betrat, sah er auf den ersten Blick, wie sauber und ordentlich alles war. Außerdem duftete es köstlich nach Essen. Auch im Wohnzimmer und den anderen Räumen hatte Zoë Ordnung geschaffen. Die Kissen auf dem Sofa waren aufgeschüttelt, und im Kamin loderte ein Feuer.
Callum ging nach oben, um den Kindern Gute Nacht zu sagen, aber sie schliefen schon. Also entschloss er sich, vor dem Essen zu duschen und sich umzuziehen. Doch als er sein Zimmer betrat, blieb er erschrocken stehen. Auf dem Bett lag Zoë und schlief. Er starrte sie einen Augenblick an, bis ihm einfiel, dass sie ja die Zimmer getauscht hatten. Sie trug einen langen roten Rock und eine schwarze Bluse. Ihr blondes Haar lag wie ein goldener Heiligenschein um ihr Gesicht. Wie gerne wäre er zu ihr gegangen, hätte sie in den Arm genommen und ihre Lippen geküsst. Es war lange her, dass er eine schöne Frau in seinem Bett vorgefunden hatte, als er nach Hause kam.
Er wollte gerade den Rückzug antreten, als sie die Augen aufschlug. “Ich wollte mich nur einen Augenblick hinlegen, aber ich bin offenbar sofort eingeschlafen”, sagte sie. “Das kommt wahrscheinlich von der langen Reise gestern und dem frühen Aufstehen. Haben Sie schon gegessen?”
“Nein, ich wollte mich erst duschen. Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mir ein paar Sachen aus dem Schrank nehme?”
“Lassen Sie sich nicht stören! Ich gehe inzwischen hinunter und kümmere mich um das Essen.”
“Was gibt es denn?”, fragte Callum neugierig.
“Eine meiner Spezialitäten.”
Als er sich an den Tisch setzte, rümpfte er die Nase. “Was? Bohneneintopf?”, fragte er enttäuscht. “Sie versuchen doch nicht etwa, die Kinder zu Vegetariern zu machen?”
“Was ist denn falsch daran, Vegetarier zu sein?”, fragte Zoë. “Wollen Sie nicht wenigstens probieren, wie es schmeckt?”
“Eigentlich nicht.” Er folgte ihr mit den Blicken, als sie eine Kasserolle aus dem Backofen nahm. “Das ist sicherlich nett gedacht”, sagte er, “aber ich erwarte nicht von Ihnen, dass Sie für mich Abendbrot machen. Es geht mir nur darum, dass die Kinder gut versorgt sind.”
Callum füllte sich den Teller auf, während Zoë Wasser in den Kessel laufen ließ. “Das ist doch kein vegetarisches Essen!”, rief er nach dem ersten Bissen.
“Davon war doch auch gar keine Rede. Sie haben nur voreilige Schlüsse gezogen.”
“Ja, so war es wohl. Es schmeckt jedenfalls sehr gut.”
“Ich weiß gar nicht, warum Sie so überrascht sind von meinen Kochkünsten. Ich bin eine ausgebildete Köchin, das steht auch in meinen Referenzen.”
“Aber was in den Referenzen steht, stimmt nicht immer mit der Wahrheit überein.”
“Und warum haben Sie mich dann engagiert? Es hat doch sicher noch andere Kandidaten für den Job gegeben. Oder hat Martin Ihnen keine anderen Bewerbungen geschickt?”
“Nein, das hat er nicht.” Wenigstens das war die Wahrheit. “Er hat mir nur Ihre Papiere geschickt. Und er hat Sie mir in höchsten Tönen empfohlen. Nach diesem Gericht zu urteilen hat er ja auch recht gehabt. Wo haben Sie denn so gut kochen gelernt?”, wollte er wissen.
Zoë zögerte einen Augenblick. Sie hätte ihm ja sagen können, dass sie ein teures Pensionat in der Schweiz besucht hatte, wo man in Dingen des Haushalts erstklassig ausgebildet wurde, aber das hätte anmaßend geklungen. So antwortete sie nur: “Ich koche gern. Kochen gehört zu meinen Leidenschaften, genau wie Essen.”
Callum ließ seinen Blick über ihre schlanke Figur gleiten und meinte: “Für jemanden, der gern isst, haben Sie aber nicht viel auf den Rippen.”
“Ich tue eben etwas für meine Figur. Zu Hause mache ich regelmäßig Gymnastik.”
Das ließ Callum gelten. “Erzählen Sie mir, was Sie heute gemacht haben? Gab es Probleme?”, fragte er, um das Thema zu wechseln.
“Nein, eigentlich nicht.”
Callum fürchtete schon, dass sie nach oben gehen und sich hinlegen wollte, doch das wäre gar nicht in seinem Sinn gewesen. Er wollte mehr von ihr wissen und herausfinden, was Tatsache und was Einbildung in den Geschichten war, die Francis Bernard über seine Tochter erzählte.
“Würden Sie gern ein Glas Wein trinken?”, fragte er sie.
“Das würde ich gern.” Zoë war überrascht von seinem Vorschlag.
Er nahm eine
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