Julia Extra Band 0193
liebe ich diesen Job hier. Besonders heute Morgen.”
Als die Fähre anlegte, setzten sich alle Passagiere wieder in ihre Wagen. Auch Zoë.
“Was werden Sie Alice zum Geburtstag schenken?”, fragte sie Callum.
“Ein Puppenhaus. Ich habe es vor ein paar Wochen für sie zurückstellen lassen.”
“Sie wird begeistert sein. Aber warum brauchen Sie dafür meine Hilfe?”
Callum lächelte. “Als ich damals nach Hause kam, war ich mir nicht sicher, ob ich das richtige Modell ausgewählt hatte. Sie hatten nämlich zwei Puppenhäuser dort stehen. Ein modernes und eins im Stil des neunzehnten Jahrhunderts, und ich wollte eine zweite Meinung dazu hören.” In Wahrheit wollte er natürlich nur, dass Zoë ihn begleitete.
Sie fuhren von der Fähre hinunter durch Bowness. Über den kleinen hölzernen Bootsstegen und Uferanlagen, die im Sommer immer voller Leben waren, lag heute eine idyllische Ruhe. Nur ein paar Enten und Schwäne schwammen herum und tauchten im klaren kalten Wasser nach Nahrung.
“Ist es so, wie Sie es von früher in Erinnerung hatten?”, fragte Callum.
Zoë lächelte. “Ja, es ist immer noch so schön hier.” Versonnen blickte sie über den See und die Wälder in der Ferne.
Sie fuhren landeinwärts den Berg hinan. Callum fand einen Parkplatz, und von dort aus gingen sie zu Fuß die steilen Straßen hinauf zu dem Laden mit den Puppenhäusern.
“Sie haben auf alle Fälle das richtige Haus ausgesucht”, sagte Zoë, “Alice wird sich riesig freuen.”
Während Callum die Rechnung bezahlte, fiel Zoës Blick auf eine Stoffpuppe mit großen blauen Augen und einem traurigen Lächeln. Sie sieht aus, als ob sie weint, weil sie gekauft wird, dachte sie und nahm die Puppe aus dem Regal.
Callum runzelte die Stirn, als sie die Puppe auf den Ladentisch legte. “Bitte kaufen Sie nichts für Alice”, bat er, “sie hat genug Spielsachen.”
“Seien Sie doch nicht so streng! Man kann nie genug Spielsachen haben, wenn man sechs Jahre alt ist.”
“Okay. Dafür dürfen Sie aber keine Einwände vorbringen, wenn ich Sie zum Lunch einlade.”
“Danke, das ist sehr nett von Ihnen.”
Sie gingen zum Auto zurück und fuhren zu einem Hotel mit einem wunderbaren Blick über den See und einem ausgezeichneten Restaurant. Weil es in dieser Jahreszeit noch nicht so überlaufen war wie im Sommer, bekamen sie den besten Tisch am Fenster.
“Ich weiß, dass sie auch sehr gute vegetarische Gerichte auf der Speisekarte haben”, sagte Callum, als er ihr die Menükarte reichte. Als Zoë sich über diese Ankündigung wunderte, gab er zu, dass er sich vorher erkundigt hatte.
“So unerwartet zu einem Lunch eingeladen zu werden ist wirklich eine schöne Überraschung”, sagte Zoë.
“Ich finde, das ist das Wenigste, was ich für Sie tun konnte, nachdem sie so viel Arbeit in die Vorbereitungen für Alices Geburtstag gesteckt haben”, erwiderte er. “Ich habe noch nie so viele Kekse und Kuchen auf einmal in unserem Haus gesehen.”
“Das habe ich doch gern getan. Es gehört ja auch zu meinem Job, für den Sie mich bezahlen.”
Sie beobachtete einen Mann auf Wasserskiern, der sich von einem Motorboot über den glitzernden See ziehen ließ. “Haben Sie so etwas auch schon einmal probiert?”, fragte Callum, als er ihrem Blick folgte.
“Ja, aber das ist schon lange her. Ich bin nicht sehr gut in diesem Sport, aber ich hatte Spaß daran. Und wie steht es mit Ihnen?”
“Helen liebte Wasserski. Wir verbrachten im Sommer fast jedes Wochenende auf dem Wasser. Aber das alles liegt schon lange, lange zurück. Ich dachte, ich würde den Rest meines Lebens mit Helen verbringen, aber wir waren nur sechs Jahre verheiratet.”
“Wenigstens hatten Sie sechs glückliche Jahre miteinander. Viele Menschen können das nicht von sich sagen.”
“Richtig. Die Zeit heilt viele Wunden. Nur an bestimmten Tagen, zum Beispiel am Geburtstag der Kinder oder zu Weihnachten, quälen mich die Erinnerungen wieder. Helen liebte die Kinder so sehr.”
Schweigend legte Zoë eine Hand auf seine. Es gab keine Worte, die die Schmerzen hätten lindern können.
Sie sahen einander in die Augen, und Callum drückte sanft Zoës Hand, als die Kellnerin erschien und eine köstliche Vorspeise servierte.
“Es tut mir leid, Zoë, für gewöhnlich spreche ich nicht darüber.”
“Sie kennen ja meine Einstellung”, erwiderte Zoë. “Neulich haben Sie sich geduldig meine Probleme angehört, und heute bin ich mit dem Zuhören an der
Weitere Kostenlose Bücher