Julia Extra Band 0193
die Uhr. “Ich glaube, wir haben keine Zeit mehr. Wir müssen die Kinder pünktlich abholen.”
Callum sah das ein, obwohl er gern noch länger geblieben wäre und das Gespräch vertieft hätte.
9. KAPITEL
Es wurde ein turbulenter Nachmittag. Zoë war glücklich, dass Callum sich freigenommen hatte und ihr half. Immerhin waren es sechzehn Kinder, die durch das Haus tobten und unterhalten werden wollten. Callum war nicht nur sehr geschickt, es machte richtig Spaß, Hand in Hand mit ihm zu arbeiten. Sie lachten zusammen, als sie Luftballons aufbliesen, packten mit den Kindern die Geburtstagsgeschenke aus und tanzten mit ihnen nach dem neuesten Pop-Album im Wohnzimmer herum, ehe sie sich in die Küche zurückzogen, um das Essen vorzubereiten.
“Ich fühle mich plötzlich alt”, sagte Callum lachend. “Dieser Trubel macht mich fertig.”
“Dafür sind Sie aber immer noch ein guter Tänzer”, spöttelte Zoë. “Nicht mehr ganz auf dem letzten Stand der Dinge, aber gut in Form.”
“Sehr spaßig”, bemerkte Callum. Er hielt eine Hand unter den kalten Wasserhahn und bespritzte Zoë, die prompt anfing zu schreien.
Plötzlich ging die Tür auf, und Sally erschien in der Küche. “Tut mir leid, ich habe vorn geklingelt, aber niemand hat uns aufgemacht.”
“Kein Wunder”, sagte Callum, “bei diesem Geschrei und der lauten Musik.” Er nahm ihr den Mantel ab, und Zoë hatte Gelegenheit, Sallys schönes Kleid aus dunkelgrünem Samt zu betrachten. Verglichen damit, sah sie in ihren einfachen Hosen und dem T-Shirt ärmlich aus. Aber schließlich bin ich nicht als Gast, sondern zum Arbeiten hier, dachte sie, als sie ein Blech mit Würstchen im Teigmantel aus dem Backofen nahm.
Sallys Tochter Clara trug ein hochgeschlossenes langes Samtkleid und wirkte darin wie ein Chormädchen. Anders ihre kleine Schwester Natalie. In einem Schürzenkleid aus Jeansstoff stürzte sie sich gleich fröhlich lachend ins Gewühl, während Clara bei den Erwachsenen blieb.
Sallys Blick schweifte über die Berge von Leckereien auf dem Küchentisch. “Zoë hat wahre Wunder vollbracht, nicht wahr?” sagte Callum.
“Sie sind anscheinend ein echter Gewinn für dieses Haus”, bemerkte Sally von oben herab.
“Ich versuche mein Bestes”, antwortete Zoë. Irgendwie hatte sich die Atmosphäre nach Sallys Ankunft verändert, und das machte sie traurig. Oder war sie etwa eifersüchtig, weil Callum seine Blicke nicht von Sallys offenherzigem Dekolleté wenden konnte?
Sie bot Clara ein Glas Limonade an und forderte sie auf, mit ihr in das andere Zimmer zu gehen, wo gleich die “Reise nach Jerusalem” beginnen sollte. “Du kennst doch das Spiel, nicht wahr?”, fragte sie. “Wenn die Musik aufhört zu spielen, muss man sich schnell auf einen Stuhl setzen. Wer keinen erwischt, muss ausscheiden.”
“Ich weiß, wie das geht”, sagte Clara schnippisch. “Aber ich bin zu alt für dieses Spiel.”
“Komm mit, Clara”, bat Zoë. “Es ist Alices Geburtstag, und sie liebt das Spiel. Du wirst dich schon amüsieren.”
Schließlich willigte Clara ein, und anders als erwartet hatte sie in der nächsten halben Stunde viel Spaß mit den anderen Kindern. Als alle erschöpft waren, ging Zoë in die Küche, um neue Platten mit Kuchen und Snacks zu holen. Sie war überrascht, Sally dort allein vorzufinden.
“Callum ist nach draußen gegangen, um nach einem der Pferde zu sehen”, erklärte sie.
“Das wird Nelly sein. Sie erwartet ein Fohlen.”
“Wann, haben Sie gesagt, werden Sie wieder abreisen, Zoë?”, fragte Sally aus heiterem Himmel.
“Ich weiß noch nicht. Das hängt von vielen Dingen ab”, antwortete Zoë achselzuckend. Was geht das Sally an, fragte sie sich im Stillen.
“Dann denken Sie also darüber nach, Callums Angebot anzunehmen und länger zu bleiben?”
“Hat er Ihnen davon erzählt?”
“Ja, natürlich. Callum erzählt mir alles. Wir stehen uns sehr nahe, wie Sie wissen, und das schon seit längerer Zeit. Ich denke, es war unvermeidlich, dass unsere Beziehung sich vertieft. Wenn die Dinge sich so weiterentwickeln wie bisher und Sie länger hierbleiben, dann werden Sie vielleicht eines Tages auch für mich arbeiten.”
Zoë bemühte sich, gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
“Ich erzähle Ihnen das ganz im Vertrauen, Callum ist noch nicht so weit, als dass er darüber öffentlich sprechen würde”, fuhr Sally fort. “Er will, dass die Dinge sich langsam entwickeln und dass sich die Kinder nach und nach
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