Julia Extra Band 0198
nicht gewohnt, dass Männer es für ganz selbstverständlich hielten, dass sie auf deren Küsse so feurig reagierte – doch bei ihm hier hatte sie den Eindruck, dass er keine Sekunde damit gerechnet hatte, dass sie ihn irgendwann stoppen würde. Flora vergaß, dass sie ihre lange Mähne nicht mehr besaß und warf demonstrativ den Kopf nach hinten, was aber mit ihrem Bubikopf nur noch halb so imposant wirkte. Ich muss mir nun eine andere Geste ausdenken, meinen Stolz und mein Selbstwertgefühl überzeugend zu signalisieren, dachte sie mürrisch.
“Also dann bis morgen.”
Flora fühlte sich jetzt wie abgewiesen; verunsichert sah sie ihn flüchtig an. “Ja, vielleicht – wenn ich früh weggehe, hinterlege ich den Schlüssel unter der Fußmatte vorm Haus.”
“Gut.” Er lächelte, und dieses Lächeln brachte versteckt zum Ausdruck, dass er sich schon jetzt ganz sicher war, dass sie am nächsten Tag doch zu Hause anzutreffen sein würde, wenn er kam.
Während des restlichen Weges, allein, zurück zu ihrem Ferienhaus, nahm Flora die spektakuläre Landschaftskulisse, die sich ihr darbot, nicht eine Sekunde lang wahr.
3. KAPITEL
“Ist hier jemand?” Josh stieß die nur angelehnte Hintertür, die zur Küche führte, auf.
“Oh, Sie sind’s – kommen Sie herein!”, rief Flora nach draußen, auch wenn sie sich noch gar nicht ausgeschlafen genug fühlte, sich diesem Mann gegenüberzusehen.
“Einen wunderschönen guten Tag!” Josh trug Jeans wie am Tag zuvor, doch das heutige Paar war an den Knien schon zerschlissen; sein weißes T-Shirt sah wohl frisch gewaschen und sogar gebügelt aus, doch es zeigte viele bunte Farbkleckser. Auch saß dieses Hemd ziemlich eng und machte mehr als eine bloße Andeutung, wie muskulös Joshs Oberkörper war. Ein Paar Overalls wären ja wohl eine etwas professionellere Berufskleidung, dachte Flora kritisch. Aber längst nicht so sexy, musste sie sich gleichzeitig zähneknirschend eingestehen. Herrje, selbst wenn dieser Mann eine graue Papiertüte auf dem Kopf trüge, würde das seiner erotischen Ausstrahlung keinen Deut Abbruch tun!
“Was machen Sie denn schon jetzt hier, in aller Herrgottsfrühe?”, brummte sie. So früh am Tag sich schon so zusammenreißen zu müssen, das war hart für sie. Aber es führt für mich kein Weg an der Anstrengung und Selbstdisziplin vorbei, dachte Flora – so umwerfend attraktiv wie dieser Mann nun einmal wirkte, egal in welch zerschlissenen Klamotten er sich auch präsentieren mochte.
“In aller Herrgottsfrühe?”, wiederholte er höhnisch. “Der Tag ist doch schon bald zur Hälfte vorbei. Wenigstens für jemanden, der schon seit fünf Uhr auf den Beinen ist.” Er sah sie herausfordernd einmal von oben bis unten an.
Erst jetzt, da Flora merkte, wie genau er sie musterte, wurde ihr bewusst, dass sie immer noch in Nachthemd und Morgenmantel herumlief. Zu spät. Rasch zog sie den Gürtel enger und versuchte, die Aufmerksamkeit auf ein neues Thema abzulenken. “Wer passt eigentlich auf Liam auf, wenn Sie tagsüber so lange unterwegs sind?”
“Oh, Megan kümmert sich um ihn, und das mit voller Begeisterung.”
Ob sich diese Begeisterung wohl auch auf Liams Vater erstreckt? fragte Flora sich düster. Erst jetzt fiel ihr auf, dass der Name dieser Unbekannten noch kein einziges Mal erwähnt wurde – etwa absichtlich nicht?
“Megan …?”
Flora war über sich selbst entsetzt, in welch schrillem Ton ihr dieser Name gerade herausgerutscht war. Natürlich musste das auch er registriert haben. Verflucht, nun hatte sie sich verraten … Bin ich denn etwa eifersüchtig auf diese Frau?
Um jeden Preis wollte sie einem solchen Eindruck bei Josh etwas entgegensetzen, und so hob sie nun betont stolz das Kinn und machte so gut sie konnte ein gleichgültiges Gesicht. Wehe, wenn er es wagen würde, ihr etwas anderes zu unterstellen als das, dass sie lediglich höflich und seines Kindes wegen interessiert nachgefragt hatte …! Sie konnte so gut bluffen wie andere Leute auch; wenigstens war ihr das bislang immer ganz gut gelungen, wenn es nötig war. Doch die Tatsache, dass ihr sonst so souveränes Auftreten ihr in Gegenwart dieses Josh Prentice nicht recht gelingen wollte, verunsicherte sie sehr.
“Ja, Megan. Sie müssen sie unbedingt kennenlernen. Ich bin mir sicher, Sie zwei kämen gut miteinander aus.” Er grinste sie schelmisch an.
“Ach, bitte nichts überstürzen. Zumal ich ja schließlich nicht hierhergekommen bin, um neue Kontakte zu
Weitere Kostenlose Bücher