Julia Extra Band 0198
erklärte er mit ganz offenkundigem Unmut. Er warf ihr einen gequälten Blick zu und wirkte irgendwie zermürbt und getrieben. “In meinem Leben hatte es bis dahin zumindest so etwas Beruhigendes wie Voraussehbarkeit gegeben.”
“Dann solltest du vorsichtig sein, mit wem du dich im Hinblick auf die Zukunft einlässt”, fühlte sie sich nach seiner letzten Bemerkung genötigt zu sagen.
“Verdammt!” Gebannt sah er Flora an. “Sprach ich da gerade von Voraussehbarkeit? So als sei dies das Wichtigste im Leben?”
Das scheint ihm ja plötzlich nicht mehr zu behagen, dachte Flora. “Das war doch wohl eine eher rhetorische Frage, nicht wahr? Oder ist mit deinem Kurzzeitgedächtnis das Gleiche passiert wie mit deinem gesunden Menschenverstand?”
“Ich klinge wohl schon furchtbar alt”, meinte er; der Stimme nach zu urteilen war er aufgewühlt. Flora hätte darüber lächeln können, hätte sie sich nicht selbst gerade in einem Zustand ziemlicher Erregung befunden. “Wenn ich so weitermache, werde ich bald ein so langweiliger Typ sein wie Jake”, meinte er bissig.
“Auf mich hat dein Bruder überhaupt nicht irgendwie negativ gewirkt.” Wie sollte er auch, sah er doch dem Mann, in den sie so sehr verliebt war, zum Verwechseln ähnlich!
Josh sah Flora scharf und nicht gerade erfreut an. “Wenn du es genau wissen willst – er und ich haben so gut wie nichts gemein, bei näherer Betrachtung.”
“Dein Bruder wird mir ja von Minute zu Minute sympathischer”, entgegnete sie darauf keck.
“Ach, erzähl du nur, was du willst – ich weiß doch, dass du einzig mich wirklich liebst”, gab er den Ball lässig zurück, auch wenn ihm wenig lässig zumute war.
Erneut fing er an, im Zimmer wie ein Raubtier auf leisen Sohlen hin und her zu wandeln. Floras Panik wuchs von Neuem. “Wirklich …?”
Er blieb plötzlich stehen und sah ihr direkt in die Augen. Da sie jetzt gezwungen war, auch ihn genauer anzusehen, fiel ihr auf, dass er gar nicht übermäßig selbstsicher wirkte, vielmehr hitzig und zutiefst aufgewühlt.
“Selbst ein Blinder könnte es sehen – ich liebe dich und du liebst mich”, verkündete er. Die Hände zu Fäusten geballt, blieb er stehen und wartete ab, ob sie dagegen protestieren würde.
Doch Floras stille Reaktion sprach Bände. Ihre Pupillen wurden größer, und ein gewaltiger Schauer durchfuhr ihren Körper, als er und sie sich jetzt noch intensiver in die Augen blickten. “Wir müssen heiraten.”
“Wieso, Josh? Hast du etwa Angst, ich könnte gesellschaftlich geächtet werden als alleinerziehende Mutter?”, feixte sie, doch innerlich zittrig.
Josh ging über das Argument hinweg. “Du brauchst mich.”
Wie entsetzlich wahr das war! Ihr Kinn ging nach oben. “Du willst also wohl den Märtyrer spielen – sehr nett gemeint, aber nein, vielen Dank! Du hast bereits zu klare Worte gesprochen, was du davon hältst, noch einmal Vater zu werden.”
“Das ist aber schon eine Weile her, und inzwischen hat sich so manches geändert.” In seiner grimmigen Stimme lag ein äußerst angespannter Unterton. “Schließlich finde ich mich hier seit Neuestem vor eine vollendete Tatsache gestellt.”
Ja, so manches hat sich geändert, aber doch wohl nicht deine Haltung in der Kinderfrage, wollte sie ihm laut entgegenschleudern. “So schwer es für dich auch sein mag, es nachzuvollziehen, Josh – ich
will
dieses Baby.” Der Nachdruck in ihrer Stimme ließ ihn innerlich zusammenzucken. “Und solange, bis dass du vielleicht auch Interesse daran findest, kannst du dich getrost fernhalten von mir … von uns. Sollte ich tot umfallen, käme natürlich Verantwortung auf dich zu, aber ich habe eigentlich nicht vor …” Weiter kam sie nicht.
Ehe sie sich’s versah, hatte er sie schon bei den Schultern gepackt und sie rau und so fest an sich gezogen, dass ihre zarten Brüste eng an seinen großen festen Brustkasten gedrückt wurden. Mit funkelnden Augen blickte er auf Flora hinunter. Überdeutlich konnte sie jetzt seinen mächtigen Zorn am eigenen Leibe spüren.
“Solche horriblen Gedankenspiele wirst du nie mehr hegen, geschweige denn laut aussprechen, hörst du?”
Total zerknirscht und reuevoll nickte sie. “Ich habe es nicht so gemeint …”
Josh ließ seinen Griff jetzt etwas lockerer. “Ich war ihr Ehemann, Flora. Ich hätte in der Lage sein sollen, sie zu retten.” Die Erinnerung an das Erlebnis, versagt zu haben, ließ ihm noch immer keine Ruhe, dies wurde an seinem
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