Julia Extra Band 0198
mich dorthin zu begleiten.”
“Oh, danke, aber das geht nicht.”
“Was geht nicht?” Kellys Zischen an ihrem Ohr war wie das lästige Summen einer Fliege.
“Kommen Sie schon, Julia, geben Sie sich einen Ruck.”
Seine Stimme war noch dunkler, noch samtener geworden, falls das überhaupt möglich war, und Julia konnte nichts dagegen unternehmen, dass ihr die Röte in die Wangen stieg.
“Sehen Sie, ich bin noch nicht sehr lange in der Stadt, und ich kenne praktisch niemanden außer Charlotte und Ihnen.”
Julia kam ein Gedanke. “Hat Charlotte Sie dazu aufgestachelt?”
“Wen hat Charlotte zu was aufgestachelt?”, verlangte Kelly flüsternd zu wissen.
Julia funkelte ihre Tochter böse an und brachte sie zum Schweigen.
“Ehrlich gesagt, es schien mir, als hielte Charlotte es für keine sehr gute Idee, Sie einzuladen.”
“Da kann ich Charlotte nur recht geben. Es ist keine sehr gute Idee.”
“Was ist keine gute Idee?” Diesmal stellte Kelly die Frage relativ laut.
“Ryan, bleiben Sie doch bitte einen Moment dran, ja?” Sie drückte den Apparat gegen die Brust, damit Ryan am anderen Ende nicht mithören konnte. “Würdest du jetzt bitte endlich mein Büro verlassen”, forderte sie Kelly heftig auf, “damit ich in Ruhe telefonieren kann?”
“Wer ist es denn, Mom?”
“Raus! Sofort!” Mit dem Zeigefinger der freien Hand deutete Julia auf die Tür.
Maulend verzog sich Kelly sehr, sehr langsam in Richtung Tür. Julia hielt das Telefon wieder ans Ohr.
“Entschuldigen Sie, Ryan, jetzt bin ich wieder da.”
“Hören Sie”, bat Ryan schmeichelnd, “ich brauche eine Begleitung für diese Party. Es ist ein Geschäftsdinner, eine einmalige Angelegenheit. Ich brauche Ihre Hilfe.”
Seine Stimme schien ihre Haut zu streicheln wie ein warmer Sommerwind. Erregend, vielversprechend. Und Kellys aufdringliche Neugier half Julia auch nicht, sich zu beruhigen.
“Tut mir leid, Ryan, aber ich kann …” Warum fiel es ihr so schwer, seine Einladung auszuschlagen? “… so etwas wirklich nicht machen.”
“Was meinen Sie? Ausgehen? Oder anderen Menschen helfen?”, fragte er.
Sie musste lächeln, weil er sie neckte. Aber wenn er die Wahrheit wüsste …
“Was kannst du nicht tun?”, fragte jetzt Kelly von der Tür her.
Julia schwang herum und sah ihre Tochter immer noch den Kopf zur Tür hineinhalten. Sie deckte die Sprechmuschel mit der Hand ab. “Kelly Marie!”, zischte sie böse.
“Mom, wenn dieser Typ dich einlädt, mit ihm auszugehen, solltest du zusagen. Du hast gefragt, ob Charlotte ihn dazu angeregt hat … Wenn er wirklich ein Freund von Charlotte ist, dann muss er in Ordnung sein. Ich meine, denk doch mal drüber nach, eine Verabredung! Endlich könntest du ein bisschen Spaß haben.”
In Kellys hektisch gezischeltem Flüstern lag nichts Feindseliges, im Gegenteil, Kelly schien bei der Aussicht, dass ihre Mutter endlich einmal einen amüsanten Abend verbringen würde, freudig aufgeregt zu sein. Seit Langem hatte Julia in den Augen ihrer Tochter keine solche Wärme und Freude gesehen.
Nun gut. Wenn sie mit Ryan ausging, könnte sie Kelly zeigen, dass sie zu Kompromissen bereit war. Vielleicht würde Kelly ihr dann auch etwas entgegenkommen, mehr Bereitschaft zeigen, sich an die Regeln zu halten. Aber wie sollte sie Ryan jetzt zusagen, wenn sie ihm praktisch schon einen Korb gegeben hatte?
“Julia?”
Sie liebte es, wie er ihren Namen aussprach. “Ja, ich bin noch dran. Ich … ich überlege nur gerade.”
Das schlechte Gewissen meldete sich. Es gefiel ihr nicht, eine Zusage mit Hintergedanken zu geben. Es war Ryan gegenüber nicht fair. Dann blickte sie zu Kelly und sah deren aufmunterndes, hoffnungsvolles Lächeln. Und ihr Entschluss stand fest.
“Nun, Ryan, wenn ich Ihnen damit helfe, dann begleite ich Sie gern.”
“Toll!”
Bei Kellys freudigem Aufschrei gingen Ryans nächste Worte am Telefon unter. Schließlich erfuhr sie aber doch noch die genaue Planung für den Freitagabend und wann er sie abholen würde. Endlich legte sie das Telefon zurück und schaute ihre Tochter verwundert an.
“Sieht so aus, als hätte ich für Freitag eine Verabredung.”
“O Mom!” Kelly umarmte sie stürmisch. “Ich glaub’s einfach nicht! Kann ich Sheila anrufen?”
Julia gluckste vergnügt, während Kelly vor Unruhe von einem Fuß auf den anderen hüpfte. “Sicher.”
Und schon war Kelly aus dem Raum. Allein in ihrem Büro, sah Julia sich um.
“Was habe ich da nur
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