Julia Extra Band 0198
ist auch schon aufgebrüht.”
So saßen sie also bald im Wohnzimmer zusammen und unterhielten sich angeregt über Gott und die Welt. Sie genossen die Gesellschaft des anderen, hörten einander aufmerksam zu und waren gespannt darauf, was der andere als Nächstes sagen würde.
Irgendwann setzte Ryan seine Kaffeetasse ab und sah Julia ernsthaft an. “Ich möchte dir sagen, dass ich die Zeit mit dir wirklich genossen habe.”
Sie lächelte glücklich. Seine Worte klangen so ernst gemeint, und ihr Herz floss über. Auch sie genoss seine Gesellschaft, war gern mit ihm zusammen. Und plötzlich fragte sie sich, wie es wohl sein würde, jeden Abend in seiner Gesellschaft zu verbringen.
Sie misstraute allen Männern. Misstrauen hatte sie dazu bewegt, all diese Jahre allein zu bleiben. Aber wenn sie jemals mit dem Gedanken spielen sollte, einem Mann ihr Vertrauen zu schenken, dann wäre Ryan dieser Mann.
Es war eine ganz spontane Geste, dass sie die Hand ausstreckte und sie auf sein Knie legte. Sie wünschte, diese Geste könnte ihm all ihre Gedanken und Gefühle übermitteln, Gedanken und Gefühle, die sie noch nicht in Worte fassen konnte.
Sie wusste, dass sie die Kraft finden musste, ihr tiefes Misstrauen zu überwinden. Irgendwann wollte sie diese schreckliche Angst loswerden, die sie davon abhielt, Ryan zu sagen, was sie für ihn empfand.
Er legte seine Hand auf ihre und drückte ihre Finger. “Ich habe gute Nachrichten”, sagte er leise.
“Ich liebe gute Nachrichten.” Sie saß einfach nur da und sonnte sich in dem wunderbaren Gefühl seiner warmen Berührung.
“Cherry hat aufgegeben. Wir brauchen dieses Spiel mit den Verabredungen also nicht mehr weiterzuspielen.”
Julia fühlte sich zu Stein werden. Nein, zu Eis. Ja, ihr war eiskalt, ihre Beine, ihre Finger, ihr Kopf – und vor allem ihr Herz. An eine solche Wendung hatte sie nie gedacht. Der Schock über die Nachricht hatte sie gelähmt, nur deshalb lächelte sie immer noch.
“Und du hast dich in diesem ganzen Wirrwarr einfach großartig gehalten”, fügte er hinzu, ohne auch nur zu ahnen, was er damit bei ihr auslöste.
Eine eiskalte Abfuhr.
Dieser Gedanke hallte immer und immer wieder durch ihren Kopf.
Eine Abfuhr.
Am liebsten hätte sie laut losgeschrien, hätte geheult und getobt. Aber sie regte sich nicht.
Das war also das Ende ihrer Beziehung zu Ryan. Vorhin, als er sie so ernst angesehen hatte, da hatte er in der Vergangenheitsform geredet. Warum war ihr das nicht direkt aufgefallen? Und sie, Närrin, die sie war, hätte sich fast in ihren Gefühlen für ihn verloren und fast ihr ganzes Leben für ihn umgekrempelt! Nur gut, dass ihr lange trainierter Überlebensinstinkt so gut funktionierte und ihr das Reden unmöglich gemacht hatte.
Endlich, endlich konnte sie sich wieder bewegen. Sie reckte die Schultern und setzte sich auf. Ihre Hand unter seiner zog sie zurück. Sie hatte geglaubt, Ryan sei anders. Sie hatte geglaubt, er sei ein Mann, dem man vertrauen könnte.
“Sind das nicht großartige Neuigkeiten?”, fragte er jetzt.
Sie nickte mechanisch. Erwartete er etwa, dass er sie so kalt abservieren konnte, und sie würde trotzdem immer noch freundlich und nett zu ihm sein?
Sie hob den Blick, und die Erkenntnis traf sie wie eine Ohrfeige. Sie hatte alles sich selbst zuzuschreiben, Ryan traf überhaupt keine Schuld. Sie hatten eine Abmachung, und er hatte sich daran gehalten. Nein, sie selbst hatte sich in einem Netz aus Gefühlen und Fantasien verstrickt. Wie konnte sie ihm da die Verantwortung für ihre Enttäuschung zuschieben, wenn er ihr doch nie etwas vorgemacht hatte?
Mit Mühe brachte sie sich dazu, etwas zu sagen. “Ich freue mich sehr für dich, Ryan.” Die Bitterkeit ließ ihre Stimme rau klingen. “Und ich bin froh, dass du dein … dein Problem mit Cherry lösen konntest, ohne die Freundschaft ihres Vaters zu verlieren.”
Er sah so glücklich und erleichtert aus. Erleichtert, dass diese rothaarige Sirene endlich aus seinem Leben verschwunden war. Erleichtert, dass er niemandem mehr eine angebliche Liebesbeziehung zu Julia vorgaukeln musste.
Sie schämte sich. Schämte sich über sich selbst, weil sie es wieder einmal zugelassen hatte, verletzt zu werden.
Eine Abfuhr.
“Ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich nach Cherrys Anruf war”, fuhr Ryan fort. “Es ist vorbei. Endlich.” Er streckte die Hand aus und berührte ihr Knie. “Aber natürlich werde ich weiter meinen Teil der Abmachung einhalten, wegen
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